[FoME] Uganda: Katholischer Radiosender gewinnt BBC-Preise fuer ganz Afrika
Erhard Brunn
ErhardBrunn at web.de
Fr Jun 15 15:19:00 CEST 2007
Liebe FOME-LeserInnen,
anbei ein Artikel den ich am Rande einer Arbeit für den Deutschen Entwicklungsdienst jüngst in Nordwest-Uganda geschrieben habe und der letzte Woche bereits bei epo erschienen ist. Die Arbeit für den DED: Erstellung einer Dokumentation über seine Leitung von 3 Settelements mit zeitweise über 60.000 süd-sudanesischen Flüchtlingen im Grenzgebiet von Uganda, Süd-Sudanund Demokratische Republik Kongo. Der Artikel hingegen beschreibt die Arbeit von Radio Pacis, einem katholischen Sender dieser Grenzregion, der gerade den Preis der BBC "Bestes neues afrikanisches Radio des Jahres" erhalten hat. Die Gründung des Senders wurde zum erheblichen Teil durch Finanzierungen von missio Aachen und missio München ermöglicht
Erhard Brunn
Radio Pacis: Peace of Christ for all – in einer seit Jahrzehnten durch Unfrieden bedrückten Region Ostafrikas
Katholischer Radiosender gewinnt BBC-Preis “Radio of the year”
Arua ist die Herkunftsregion des früheren ugandischen Regierungschefs Idi Amin, der bis heute den Ruf eines besonders unberechenbaren und brutalen Herrschers behalten hat. Als er 1979 von Truppen des Nachbarlandes Tansania gestürzt wurde, brannten diese Truppen Arua weitgehend nieder. Auch in den folgenden ueber 20 Jahren kam die Region nicht zur Ruhe, wenn es auch den Westnile nicht so hart traf wie die oestlichen Nachbardistrikte Nord-Ugandas, die noch mehr unter der brutalen Kriegsführung der Lords Resistance Army (LRA) litt, die mit der Zentralregierung des Sudan in deren schon ueber 20 Jahren währenden Krieg mit den Menschen im Sued-Sudan (Christen und Animisten) und der Regierung Ugandas verbündet war. Durch die zunehmende Befriedung des Süd-Sudans (Friedensschluss im Januar 2005) und Nord-Ugandas erlebt die Region einen deutlichen Aufschwung und Arua ist ein, vielleicht DAS Tor zum Süd-Sudan geworden.
Erhard Brunn besuchte den Sender und sprach mit dessen Mitarbeitern. Er erarbeitet zurzeit eine Studie fuer den Deutschen Entwicklungsdienst (DED) ueber dessen Flüchtlingsarbeit im Westnile-Gebiet. Der DED koordiniert im Auftrag der UN-Fluechtlingsorganisation UNHCR seit Jahren erst ein, seit 2003 sogar 3 Siedlungen mit zeitweise ueber 60.000 Fluechtlingen aus dem Sued-Sudan und der Demokratischen Republik Kongo. Dabei kommt man, so Brunn, ob im Dienstwagen, in Restaurant oder im Hotel, garnicht drumrum sehr viel Radio Pacis zu hoeren.
Sherry Meyer war schon bei unserem ersten Treffen Anfang Mai total “auf Wolke 7”. Und man kann das verstehen. Die Eingangstür zu ihrem Büro war über und über beklebt mit Ausschnitten von Glueckwüsch-Emails. Denn das Radio das sie hier in Arua, im Grenzgebiet von Uganda, Sued-Sudan und der Demokratischen Republik Kongo mit aufgebaut hat und dessen Station-Managerin sie seit dem Start ist, hatte gerade mehrere Preise der BBC fuer seinen hervorragenden Journalismus gewonnen. Es war demnach bereits das führende nichtkommerzielle englisch-sprachige Radio Ostafrikas des Jahres. Jetzt, am letzten Mai-Wochenende kam der Preis “Radio of the Year” der BBC für das beste neue Radio Afrikas (Neugründung nach September 2004) dazu. Und das, obwohl das Radio vor weniger als drei Jahren “on the air” gegangen ist.
Es war eine Entscheidung der Diozese, dass sobald Frieden eingekehrt ist, die Kirche ein Radio aufmachen sollte, das zum Wiederaufbau beiträgt. Schon im Jahre 2001 hatte Bischof Frederick Drandua daher zwei Missionare mit der Aufgabe betraut nicht nur ein Radio sondern ein ganzes Informationszentrum zu planen. Der Bau des Informationszentrums startete schon im Folgejahr und die Hauptgebäude konnten 2004 eröffnet werden. "On Air testing" begann im Oktober, die offizielle Eröffnung war im November 2004.
Meyer war zuvor in der Pastorale tätig und der war die Aufgabe übertragen worden, dies Projekt durchzuführen. Sie wurde die Assistentin von Fr. Tonino Passolini, einem Combino-Bruder, der schon damals ueber 30 Jahre in Uganda gearbeitet hatte und der seit der Eröffnung des Radios dessen Direktor ist.
Das Radio war nie als ein katholisches Radio im strikten Sinne gedacht. “Es soll ein Radio fuer alle sein und der Region in ihrer sozialen Entwicklung helfen. Im Gegensatz zu anderen Radios sind wir keinen kommerziellen Zwängen unterworfen und brauchen auch nicht die ganze Zeit Musik zu spielen, um die Leute zu unterhalten. Wir machen also Programme über Gesundheitsfragen, ueber Ernährungsfragen, Landwirtschaft, Frauenrechte, häßssliche Gewalt oder Bildung.”
Sie weist darauf hin, dass Radio Pacis ganz bewusst auch zur muslimischen Bevölkerung ausreicht: “Wir haben in unserem katholischen Sender eine ganze Reihe von Muslimen angestellt, die auch gute Arbeit gemacht haben. Wir haben vor allem soziale und politische Themen, die nicht nur Katholiken interessieren. So haben wir auch viele Hörer unter den Protestanten und Muslimen, was umso mehr ein Erfolg ist, als auch diese eigene Radiostationen in der Stadt unterhalten.”
Damit spricht sie vor allem ihre Arbeit mit Amina Attako an, die ueber 2 Jahre stellvertretende Nachrichtenchefin des Radios war. Attako stimmt Meyer voll zu: “Radio Pacis ist ein Radio das auf die Entwicklung dieses armen Teils von Uganda abzielt. Ich fand, dass es das richtige Radio für mich sein würde, als ich mich bewarb und die Praxis hat mich bestätigt.” Aber erst erhielt sie, wie die restliche Anfangsredaktion eine 5-monatige Zusatzausbildung u.a. durch BBC-Trainer. Attako sieht mit grosser Befriedigung auf diese Startphase zurück. “Wir sind sehr gefordert worden, aber es hat uns auch sehr viel gegeben." Und das bleibend. "Es war immer ein gute Zusammenarbeit. Ich habe immer sehr gerne fuer Radio Pacis gearbeitet.”
Dabei sah sie die meisten Themen betreffend keinen Unterschied zwischen einer christlichen und einer muslimischen Perspektive. Entscheidungen fielen demnach auf rein professional-journalistischer Basis. Und da zieht sie Radio Pacis ihrem vorherigen Arbeitegber vor, der in Händen eines Muslims ist, aber eher kommerziell orientiert, Arua 1. Aber zu muslimischen Feiertagen wurde sie vom Radio eingesetzt Sendungen zu machen um die Christen zu informieren und zu Ostern, Pfingsten oder Weihnachten um diese christlichen Feiertage den Muslimen näher zu bringen. Wie haben andere Muslime darauf reagiert? Attako: “Ich habe dazu garnicht so viele Reaktionen erfahren. Und wenn überhaupt, dann Stolz, dass ich als Muslima so eine Aufgabe uebertragen bekommen habe.” Attako ist vor kurzem aus dem Radio ausgeschieden, um demnächst fuer einen Parlamentsposten zu kandidieren.
Und Nachrichtenchef Ernest Acidri Al-Fodio betont, dass der Sender sehr viel Geld in die Aus- und Fortbildung seiner Mitarbeiter steckt. “Wir haben ja auch ein grosses Netz ausgebildeter freier Mitarbeiter, die hier im Radio anrufen, wenn in ihren Dörfern etwas von allgemeiner Bedeutung passiert. Dadurch und auf andere Weise sind die Leute an der Gestaltung des Programms beteiligt, das ausser in englisch auch in mehreren lokalen Sprachen ausgestrahlt wird. “ Er ist sicher, dass sich die anderen regionalen Radios etwas von diesem Qualitätsjournalismus von Radio Pacis abgeschaut haben. “Die bringen heute auch mehr Nachrichten und sogar Hintergrundinformationen als früher. Auch das ist ein Erfolg unseres Radios,” sagt er, der heute trotz Malaria, den ganzen Tag im Radio war.
Aber woher kommt das Geld um so ein so umfassendes Projekt zu finanzieren? Fr. Toniono Pasolini weist darauf hin, dass das Geld um das Radio zu starten vor allem aus Deutschland und Österreich kam, ”und auch jetzt bekommen wir noch einen Teil des Geldes aus Deutschland. Missio Aachen und missio Muenchen sind hier, zusammen mit 85.000 Euro mit mehreren Massnahmen in der Gründungsphase, als die grössten Geldgeber zu nennen.” Dadurch konnte die Druckerei aufgebaut werden, das Gebäude fuer die Studios und zum ganzen Teil die Studiotechnik bezahlt werden.”
Im dritten Jahr seiner Existenz hat das Radio also nicht nur viele Hörer sondern auch sachon viele Preise gewonnen. Und eben auch einen fördernden Einfluss auf andere regionale Radios und die soziale Entwicklung Aruas.
Erhard Brunn
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