[FoME] Welcher Index misst "Digital Divide" am besten?
Christoph Dietz
christoph.dietz at CAMECO.ORG
Fr Okt 13 11:04:44 CEST 2006
12.10.2006
Digitale Spaltung ist kein rein technisches Problem
Zur Messung digitaler Ungleichheit, der so genannten Digital Divide,
müssen neue Bewertungskriterien herangezogen werden, die sich nicht
nur an der technischen Infrastruktur orientieren, fordert die
US-Politikwissenschaftlerin Karine Barzilai-Nahon[1] von der University
of Washington Information School in Seattle. "Vor zehn Jahren genügte
es, wenn jemand Zugang zum Internet hatte", sagt Barzilai-Nahon. "Heute
geht es darum, was Nutzer mit den Inhalten anfangen können, ob sie
wissen, wie sie sie nutzen."
Barzilai-Nahon kritisiert, dass Konzepte zur Überwindung der Digital
Divide meist auf simplen Daten zur technischen Verfügbarkeit basieren.
In ihrem jetzt im Journal The Information Society erschienenen Artikel
"Gaps and Bits: Conceptualizing Measurements for Digital Divide/s[2]"
schlägt sie weitere Kriterien vor, nach denen das Ausmaß der digitalen
Spaltung bemessen werden könnte. Dazu gehören unter anderem der Umfang
der von Regierungen und anderen Institutionen zur Verfügung stehenden
Fördermitteln, der finanzielle Aufwand der Internetnutzung im
Verhältnis zum jeweiligen Durchschnittseinkommen sowie detaillierte
Daten über Nutzungshäufigkeit, Online-Zeit und Fähigkeiten im Umgang mit
dem Internet.
Ebenso sollten sozio-ökonomische Faktoren wie Alter, Bildung,
Geographie und Sprache berücksichtigt werden. So würden etwa Studenten
aus sozial schwachen Familien häufig wieder aus der Internetnutzung
herausfallen, wenn sie ihre Ausbildung beenden. Als Beleg zitiert sie
eine im September erschienene Studie des US-Bildungsministeriums, nach
der nur 37 Prozent der Studenten aus Familien mit einem jährlichen
Haushaltseinkommen unter 20.000 Dollar zuhause einen Computer nutzen. In
Haushalten, die mehr als 75.000 Dollar pro Jahr verdienen, liegt der
Anteil bei 88 Prozent.
Verschiedene Indizes versuchen bislang, das Ausmaß digitaler
Ungleichheit zu erfassen. Darunter sind SIBIS (Statistical Indicators
Benchmarking the Information Society, von der EU-Kommission genutzt),
DIDIX (Digital Divide Index), NRI (Network Readiness Index, im Global
Information Technology Report verwendet) und der Digital Access Index
der Internationalen Telekommunikationsunion ITU. So anspruchsvoll diese
seien, könnten sie das Problem dennoch nicht ausreichend erfassen. "Das
Internet ist nicht neutral * nicht nur hinsichtlich seiner Inhalte und
logischen Schichten, sondern auch hinsichtlich seiner Grundlagen und
Struktur", begründet Barzilai-Nahon ihren Ansatz. "Jedes Konzept der
Digital Divide, das das Internet nicht auch als sozialen und politischen
Raum ansieht, ist nur in Grenzen anwendbar." (nbo-tr[3]/Technology
Review)
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http://www.heise.de/newsticker/meldung/79412
Links in diesem Artikel:
[1] http://projects.ischool.washington.edu/karineb/
[2] http://projects.ischool.washington.edu/karineb/html/pub/DDI.pdf
[3] mailto:nbo-tr at tr.heise.de
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