[FoME] Artikel aus Frankfurter Rundschau: Schlüssel zum fairen Computer liegt in Fernost

Christian Mihr cmihr at gmx.net
Do Nov 30 18:44:01 CET 2006


URL: http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/multimedia/aktuell/?em_cnt=1020487

Schlüssel zum fairen Computer liegt in Fernost
Fair produzierte Waren boomen. Aber nicht nur Kaffee oder Tee können "sozial verträglich" hergestellt werden, sondern auch Elektronikgeräte.
VON JOACHIM WILLE

Elektronikgeräte wie PC, Notebooks und Fernseher werden kaum noch in Europa oder den USA hergestellt. Die Firmen haben die Massenfertigung in den vergangenen 20 Jahren fast komplett in ostasiatische Länder ausgelagert. Dort herrschen oft schlechte Arbeitsbedingungen - überlange Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung, kaum Schutz vor Chemikalien.

Eine neue Studie des Öko-Instituts Freiburg (ÖI) zeigt nun, dass eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen möglich ist und die Verbraucher besser über die Produktion informiert werden können. "In wenigen Jahren wird der erste faire Computer im Handel sein", prophezeit Rainer Grießhammer, Vize-Geschäftsführer des Instituts.

Die Untersuchung dekliniert die Produktionsbedingungen anhand der zunehmend beliebten Notebooks durch. Fast alle großen Markenhersteller - wie Dell, Acer, Hewlett-Packard (HP) und Fujitsu Siemens - lassen sie von taiwanesischen Firmen in China herstellen. Ingesamt sind in diesen Unternehmen nach ÖI-Recherchen etwa 75 000 Menschen beschäftigt.

"Die Lebens- und Arbeitsbedingungen entsprechen in fast keinem Bereich den europäischen Standards", stellt das Institut fest. Die Bezahlung orientiere sich meist am Mindestlohn: rund 69 Euro im Monat. Oft müssten weit mehr Überstunden geleistet werden als erlaubt. Hinzu kämen gesundheitliche Risiken durch ungeschützen Umgang mit Giften und das Einatmen giftiger Dämpfe.

Allerdings stellt der Hauptautor der Studie, Andreas Manhart, fest: "Im Hinblick auf die hohe Arbeitslosigkeit stellt die Notebook-Industrie hier einen wichtigen Arbeitgeber dar und trägt dazu bei, dass die Armut verringert wird." Das Ziel müsse es sein, Arbeitsbedingungen zu kontrollieren und zu verbessern, ohne Jobs zu vernichten.

"Der Schlüssel zum fairen Computer" sei "die Einhaltung sozialer und ökologischer Anforderungen bei den Zuliefer- und Subzulieferbetrieben", so das Institut. Die Hersteller seien in der Lage, Standards über mehrere Produktionsstufen hinweg einzufordern und unabhängig zertifizieren zu lassen.

Eine Reihe Hersteller arbeitet bereits daran, soziale und ökologische Standards anzuheben. Dieses Ziel verfolgt zum Beispiel die "Global e-Sustainability Initiative" (Gesi), in der sich 17 Firmen von Alcatel über Deutsche Telekom und HP bis Vodafone zusammengefunden haben. Vorlieferanten müssen künftig Fragenkataloge zu kritischen Themen abarbeiten. "Wer nicht in der Lage ist, die Standards einzuhalten, muss damit rechnen, dass er Aufträge verliert", sagte Gesi-Sprecher Luis Neves der FR.

HP unterstützt Forderungen nach einem "Fair- und Energiesparlabel" für Computer: "Wir halten es für sehr erstrebenswert, dass das passiert", sagte HP-Manager Karl Daumüller. Man kontrolliere die Lieferanten bereits jetzt streng; außerdem gebe es entsprechende Schulungen für Manager in den Betrieben in China.

Dass "faire" Notebooks viel teurer werden müssten, glaubt man beim Öko-Institut übrigens nicht. Manhart: "Würden die Lohnkosten in China angehoben, läge der Notebook-Preis nur um wenige Prozent höher."

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