[fessenheim-fr] Atommuell-Lager-Projekt Schacht Konrad wahrscheinlich gescheitert

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Mi Apr 16 14:51:55 CEST 2025


Hallo Leute!

Aus einer Nachricht der ARD 'tagesschau' geht
hervor, daß das Atommüll-Lager-Projekt Schacht
Konrad wahrscheinlich gescheitert ist.

...unter dem Artikel aktuelle Stellungnahmen

Ciao
    Klaus Schramm

+++
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/atommuell-endlager-salzgitter-schacht-konrad-100.html

Atommüllendlager in Salzgitter
Wird Schacht "Konrad" nie in Betrieb gehen?

Stand: 16.04.2025 06:01 Uhr

Ab den 2030er-Jahren soll die Einlagerung von Atommüll im Schacht 
"Konrad" eigentlich beginnen. Vertrauliche Dokumente, die BR und NDR 
vorliegen, zeigen aber eklatante Probleme und deuten Behördenversagen an 
- mit erheblichen Auswirkungen.

Von Philip Kuntschner, BR, und Katharina von Tschurtschenthaler, NDR

Das geplante Atommüllendlager Schacht "Konrad" im niedersächsischen 
Salzgitter steht vor einer jahrelangen Verzögerung. Das geht aus 
vertraulichen Dokumenten hervor, die BR und NDR exklusiv vorliegen. Laut 
den übereinstimmenden Papieren kann unter den derzeitigen behördlichen 
Auflagen keine Einlagerung von Atommüll erfolgen. Das könnte auch so 
bleiben.

"Konrad" ist das einzige genehmigte und im Bau befindliche Endlager in 
Deutschland. Am Rand der Stadt Salzgitter ragt als Landmarke ein 
markantes Doppelbock-Fördergerüst in die Höhe. Darunter führt ein Aufzug 
etwa 1.000 Meter in die Tiefe zu einer Großbaustelle unter Tage. Das 
ehemalige Eisenerzbergwerk wird umgebaut zu einem Endlager für schwach- 
und mittelradioaktive Abfälle aus deutschen Kernkraftwerken. Der Bau 
soll in wenigen Jahren abgeschlossen sein, schon kurz darauf soll 
Atommüll eingelagert werden, erklärt Dagmar Dehmer, Sprecherin der 
Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE): "Anfang der 2030er-Jahre soll 
es losgehen."

Gefahr für oberflächennahes Grundwasser abwenden

Doch genau daran gibt es erhebliche Zweifel. Die zwei Dokumente, die BR 
und NDR exklusiv vorliegen, zeigen Probleme mit dem niedersächsischen 
Wasserrecht auf und lassen auf behördliche Versäumnisse schließen. Sie 
kommen zum Schluss: "Konrad" wird sich entweder um viele Jahre verzögern 
oder möglicherweise sogar gänzlich scheitern. Der Schacht drohe zu einem 
Milliardengrab zu werden.

Der Grund dafür sei die Genehmigung, die 2002 für "Konrad" erteilt 
wurde. Die ging mit einer "Gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis" 
einher, ausgestellt vom Land Niedersachsen. Mit dieser Erlaubnis soll, 
vereinfacht gesagt, sichergestellt werden, dass von den Abfällen im 
Endlager keine Gefahr für das oberflächennahe Grundwasser ausgeht.

Platin, Quecksilber, Eisen

Dabei geht es nicht nur um radioaktiven Müll, sondern ganz besonders um 
Stoffe, die mit nuklearen Abfällen immer wieder auftauchen. Für Stoffe 
wie Platin, Quecksilber oder einfach nur Eisen oder Aluminium wurden 
strenge Grenzwerte eingeführt. In den 303.000 Kubikmetern Atommüll, die 
in "Konrad" landen sollen, dürften zum Beispiel nur 43 Kilogramm 
Quecksilber enthalten sein oder nur elf Gramm Platin.

Werden diese Grenzwerte exakt eingehalten, kann laut Experten nur ein 
Bruchteil der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle eingelagert 
werden. 2010 haben sich die Verantwortlichen des Endlagers deswegen eine 
eigene Berechnungsgrundlage geschaffen, um folglich doch große Mengen an 
Atommüll einlagern zu können.

Fehlende Genehmigung

Die zwei Dokumente beschreiben dabei zwei entscheidende Probleme. Das 
erste Dokument stammt von dem Mann, der vor gut 23 Jahren "Konrad" zur 
Genehmigung geführt hat. Der Physiker Bruno Thomauske arbeitete damals 
für das Bundesamt für Strahlenschutz. Später war er für Vattenfall und 
als Lehrstuhlinhaber an der RWTH Aachen tätig. In einer 32-seitigen 
Analyse kommt er zum Schluss: "Konrad kann nicht in Betrieb gehen."

Sein Vorwurf lautet, die neue Berechnungsgrundlage sei eine "wesentliche 
Veränderung" der "Gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis", daher sein 
Fazit: "Dazu braucht man in der Regel Genehmigungsverfahren, in denen 
man begründet, weswegen höhere Mengen eingelagert werden. Ein solches 
Genehmigungsverfahren wurde nicht angestrengt."

Die verantwortliche Bundesgesellschaft für Endlagerung habe sich das 
Vorgehen zwar von einer wasserrechtlichen Aufsichtsbehörde abnicken 
lassen, sich jedoch nicht beim Niedersächsischen Umweltministerium die 
notwendige Genehmigung eingeholt.

Warnung vor Scheitern

Das unterstreicht ein zweites Dokument, verfasst von einem Berater des 
Bundesumweltministeriums, das für die nukleare Sicherheit in Deutschland 
zuständig ist. Der Berater weist außerdem auf ein zweites Problem hin. 
Die Berechnungsgrundlage sei "abhängig von den jeweils aktuell gültigen 
wasserrechtlichen Gesetzen und Verordnungen". Heißt: Bei jeder noch so 
kleinen Änderung müsse neu berechnet werden, für jeden einzelnen 
Container. Von insgesamt 303.000 Kubikmetern Atommüll, sogenannte 
Abfallgebinde. Kein einziges davon könne bei Vorhandensein des Endlagers 
tatsächlich eingelagert werden.

Das Fazit des Beraters des Bundesumweltministeriums: "'Konrad' wird 
nicht in Betrieb gehen. Entweder wegen Genehmigungsproblemen oder weil 
alle paar Jahre neue wasserrechtliche Verordnungen und Gesetze erlassen 
werden, sodass eine Freigabe von Abfällen zur Einlagerung in 'Konrad' 
nicht erfolgen kann." Ein Scheitern des Endlagers sei daher das 
wahrscheinlichste Szenario.

Genehmigungen für Container liegen nicht vor

Im niedersächsischen Peine, nur 25 Kilometer von Schacht "Konrad" 
entfernt, liegt der Hauptsitz der Bundesgesellschaft für Endlagerung. Im 
ARD-Interview schließt Geschäftsführerin Iris Graffunder ein Scheitern 
von "Konrad" zwar aus, räumt aber ein: "Es könnte sein, dass wir eine 
neue 'Gehobene wasserrechtliche Erlaubnis' brauchen. Oder im 
Änderungsverfahren die jetzige verändern können."

Auf die Nachfrage, dass damit die Einlagerung von Atommüll zu Beginn der 
2030er-Jahre nicht zu halten sei, erklärt Graffunder: "Umso nötiger ist 
es, dass wir jetzt anfangen. Noch weiter schieben macht aus meiner Sicht 
keinen Sinn." Der aktuelle Stand, so Graffunder: "Im Moment gibt es kein 
einziges Gebinde, das stofflich den Stempel hat, um eingelagert werden 
zu dürfen."

Problem zugegeben

Ohne diesen Stempel wird in fast 1.000 Metern Tiefe im Schacht "Konrad" 
aber nie etwas ankommen. Dort, wo eigentlich nach und nach Container mit 
Atommüll gestapelt werden sollen, um als Relikt des deutschen 
Atomzeitalters für immer unter Tage zu bleiben. Dass aktuell kein 
einziger Behälter für das Endlager "Konrad" genehmigt werden kann, steht 
sogar in einem offiziellen öffentlich zugänglichen Papier. Es stammt von 
der Entsorgungskommission, ein Beratungsgremium des 
Bundesumweltministeriums.

Nur unweit davon sitzt in Berlin auch die atomare Aufsichtsbehörde, das 
Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung in Deutschland, 
kurz BASE. Ihr Chef, der ehemalige Grünen-Politiker Christian Kühn gibt 
im ARD-Interview offen zu: "Da müssen die Bundesgesellschaft für 
Endlagerung und das Land Niedersachsen noch die Köpfe zusammenstecken."

Vier Milliarden Euro

Sie sollen jetzt die Köpfe zusammenstecken, um ein Problem zu lösen, das 
schon seit mehr als 20 Jahren bekannt ist. "Man hat in der Vergangenheit 
sicher nicht alles richtig gemacht. Sonst wären die eine oder andere 
Fragen heute schon gelöst", so BASE-Chef Kühn.

Trotz ungelöster Probleme wird unter Tage weiter an "Konrad" gebaut. 
Etwa vier Milliarden Euro, zum Teil Steuergelder, sind bisher in den 
Schacht geflossen, dies seit mehr als 50 Jahren, gegen größte 
Widerstände. Währenddessen schreitet der Rückbau der stillgelegten 
Kernkraftwerke immer weiter voran. Dadurch fällt auch immer mehr 
Atommüll an, der für "Konrad" vorgesehen ist.

Die Zwischenlager drohen überzulaufen. Offiziellen Angaben nach reichen 
die derzeitigen Kapazitäten nicht aus, um sämtliche Container 
oberirdisch lagern zu können. Die atomare Entsorgung in Deutschland 
steht damit erneut vor einem völligen Stillstand.

Eine Hintertür will sich die Bundesgesellschaft für Endlagerung noch 
offenhalten: Sollte "Konrad" zumindest baulich rechtzeitig fertigwerden, 
will man laut Geschäftsführerin Iris Graffunder unter den 303.000 
Kubikmetern Atommüll nach "irgendwelchen Gebinden suchen", die 
unbedenklich eingelagert werden können, ohne Auswirkungen auf das 
Grundwasser befürchten zu müssen. Die eigentlichen Probleme werden 
dadurch nicht gelöst.

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Pressemitteilung 16.04.2025

*KONRAD endlich aufgeben!*

*Bündnis sieht Kritik an Schacht KONRAD bestätigt!*

Der *Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter Frank Klingebiel* erklärt zu 
den jüngsten Veröffentlichungen der Tagesschau: „Die Rechercheergebnisse 
bestätigen unsere seit Jahren geäußerten erheblichen Bedenken, auch zur 
Einhaltung der wasserrechtlichen Bestimmungen. Es bringt nichts, an 
einem über 23 Jahre alten und somit heute völlig verfehlten Projekt um 
jeden Preis festzuhalten. Das kann weder richtig noch rechtskonform sein 
und ist den Menschen in unserer Region auch nicht vermittelbar. Das 
sklavische Festhalten an einem offensichtlich nicht den heutigen 
Anforderungen entsprechenden überalterten Planfeststellungsbeschluss 
untergräbt zusätzlich das Vertrauen der Menschen in unserer Region in 
die verantwortlichen Entscheidungsträger. Daher sind wir uns als 
Bündnispartner einig, dass die 2002 erteilte Genehmigung endlich 
aufgehoben werden muss. Und wir erneuern unsere Forderung nach einem 
sofortigen Baustopp.“
*Ludwig Wasmus, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD*: „Wenn 
sogar Herr Thomauske, der über viele Jahre versucht hat, das Projekt 
durchzudrücken, jetzt zugibt, dass auf Basis der geltenden Genehmigung 
niemals ein Fass in Schacht KONRAD eingelagert werden kann, muss endlich 
die Reißleine gezogen werden. Wir brauchen ein neues, ordentliches 
Suchverfahren um einen sicheren Standort für die Lagerung der 
gefährlichen Abfälle zu finden – Schacht KONRAD ist der Falsche!“
*Matthias Wilhelm, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Salzgitter-Peine*: 
"In der angesiedelten Industrie in Salzgitter wird gerade ganz viel Geld 
in die Zukunft investiert. Diese in die Zukunft gerichteten Projekte 
sollten nicht durch das Festhalten an nicht realisierbaren Projekten wie 
der Einlagerung von Atommüll in Schacht Konrad gefährdet werden. Es ist 
nicht einfach, alte Projekte und Verfahren aufzugeben und Neues 
einzuleiten. Das ist aber oft der einzig zukunftssichere Weg. Das gilt 
in der Industrie und das muss bei solchen Projekten wie Schacht Konrad 
auch in der öffentlichen Hand gelten."
*Petra Wassmann, KONRAD-Beauftragte des NABU Niedersachsen* und *Susanne 
Gerstner, Vorsitzende des BUND Niedersachsen*: „Wir sehen uns in unserer 
Klage für die Aufhebung der Genehmigung von Schacht KONRAD 
vollumfänglich bestätigt und erwarten jetzt von den Verantwortlichen den 
richtigen Schritt zu tun und das Vorhaben endlich aufzugeben.“
/Das Bündnis Salzgitter gegen Schacht KONRAD besteht aus der Stadt 
Salzgitter, der IG Metall Salzgitter-Peine, dem Landvolk Braunschweiger 
Land und der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD und unterstützt die im 
Oktober 2024 eingereichte Klage von NABU und BUND auf Aufhebung des 
Planfeststellungsbeschlusses./


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