[fessenheim-fr] Berichte zur Demo am 9.11. in Karlsruhe - 3. RNZ

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Mi Nov 13 20:15:21 CET 2024


3. RNZ
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https://www.rnz.de/region/metropolregion-mannheim_artikel,-Philippsburg-Demonstration-gegen-Castor-Lagerung-am-ehemaligen-AKW-Standort-_arid,1440961.html

Philippsburg
Demonstration gegen Castor-Lagerung am ehemaligen AKW-Standort

Am Samstag trafen sich rund 50 Atomkraftgegner in Karlsruhe und kamen 
dann mit der Bahn nach Philippburg.

09.11.2024 UPDATE: 09.11.2024 16:46 Uhr

Von Harald Berlinghof

Philippsburg. Die Kühltürme als sichtbares Zeichen des Atomkraftwerks 
Philippsburg sind längst weggesprengt, die beiden Reaktorblöcke des 
Kernkraftwerks sind längst abgeschaltet.

Und doch treibt der Atomstandort Philippsburg die südwestdeutschen 
Atomkraftgegner immer noch auf die Barrikaden. Schuld daran ist die 
Nutzung des Kraftwerksstandortes als Langzeit-Zwischenlager.

Foto: Harald Berlinghof

Mittlerweile sollen dort 102 Castoren mit hochradioaktiv strahlendem 
Müll gelagert sein, die darauf warten, dass in Deutschland endlich ein 
Endlager für den Atommüll gefunden wird. Vier weitere sollen jetzt in 
der Zeit nach dem 18. November dazu kommen.

Transporte von Brennelementen in die französische 
Wiederaufbereitungsanlage in La Hague finden seit 2005 allerdings keine 
mehr statt.

Am Samstag trafen sich rund 50 Atomkraftgegner der südwestdeutschen 
AKW-Gruppen in Karlsruhe und waren dann mit der Bahn nach Philippburg 
gekommen.

Es ist ein buntes Völkchen mit Anti-Atomkraft-Bannern, gelb bemalten 
Tonnen und Atomkraft-Nein-Danke Flaggen, das sich zum knapp zehn 
Gehminuten entfernten Marktplatz des Städtchens aufmacht.

Die Atmosphäre ist entspannt, ganze fünf Polizisten des örtlichen 
Philippsburger Reviers sind gekommen, um die Demonstranten zu begleiten. 
"Nie wieder Atomkraft" skandieren sie.

Auf einem Banner ist zu lesen: "Willkommen Endlager". An der Statue des 
Heiligen Nepomuk geht es nach links dann kommt auch gleich der 
Marktplatz mit dem Kriegerdenkmal in Sicht.

​Foto: Harald Berlinghof

Drei Redner sind für die Kundgebung vorgesehen. Als erste spricht Anete 
Wellhöfer von der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe. Die Demonstration 
richtet sich gegen die geplanten Atommülltransporte aus La Hague nach 
Philippsburg.

Vier Castoren mit hochradioaktivem Atommüll sollen an einem nicht näher 
bekannten Datum nach dem 18. November in Philippsburg ankommen.

Dabei ist selbst unter Atomkraftgegnern die Rücknahme des deutschen 
Atommülls, der zur Aufarbeitung nach Frankreich gebracht wurde, 
unstrittig. "Es gibt natürlich eine ethische Verpflichtung, dass wir die 
Verantwortung unserer Hinterlassenschaften aus den deutschen 
Atomkraftwerken übernehmen", hatte die grüne baden-württembergische 
Umweltministerin Thekla Walker noch vor zwei Jahren beim Infoforum in 
Philippsburg betont.

Doch mittlerweile schlägt die Politik im Hinblick auf Atomkraft wieder 
ganz andere Töne an, wie Harry Block vom Vorstand des BUND Mittlerer 
Oberrhein und Karlsruhe erklärt. Atomkraft werde wieder salonfähig. Dem 
müsse man einen Riegel vorschieben. Deshalb richte sich die Demo auch 
nicht nur gegen den Castor-Transport, sondern gegen den Wiedereinstieg 
in die Atomenergie.

Man fordere die Verantwortlichen auf, die Endlagersuche zu 
beschleunigen. "Man sollte hochradioaktiven Atommüll nicht von A (La 
Hague) nach B (Philippsburg) und dann nach C (Endlager) herumkarren. Das 
ist unnötig gefährlich und teuer", so Wellhöfer. Vielmehr solle der Müll 
in La Hague bleiben bis ein Endlager in Deutschland gefunden sei.

Die Zwischenlagerung in Philippsburg erfolgt in gegenwärtig 102 
Castoren. An 16 Standorten in Deutschland gebe es vergleichbare 
Szenarien. "Alle diese Lager sind unsicher", ruft der BUND-Aktivist den 
Gekommenen zu. Das hochradioaktive Material ist in Glas eingeschmolzen 
und in Metallkokillen (patronenähnlichen Edelstahlbehältern) verschweißt.

Die wiederum sind in Castoren des Typs HAW28M mit 40 Zentimeter 
Stahlwanddicke untergebracht. Die Castoren selbst sollen eine 
Kettenreaktion verhindern, eine Strahlungsabschirmung sicherstellen und 
eine Wärmeabfuhr gewährleisten. Niemand weiß aber ganz genau, wie es in 
den Behältern aussieht, so der Physiker Block weiter. Es herrschen dort 
dauerhaft Temperaturen von 400 Grad Celsius.

Niemand wisse, wie lange das Gusseisen-Material das aushält. Manche 
Castoren lagern in Philippsburg bereits 20 Jahre. Es gebe zwar noch eine 
Genehmigung bis ins Jahr 2047. "Die Schätzungen aber, bis wann ein 
Endlager endlich gefunden, ausgebaut und mit Material gefüllt ist, gehen 
bis ins Jahr 2067", rechnet er vor.

Und auch die Kosten laufen aus dem Ruder. 40 Millionen Euro kostet das 
Zwischenlager in Philippsburg jährlich. Ein Atomkraftwerk abzureißen, 
koste eine Milliarde. Das zahlen zwar die ehemaligen Betreiber.

Ort des Geschehens

Aber die Zwischen- und Endlagerung müsse von der Zivilgesellschaft 
getragen werden. Inklusive dieser Kosten liegt der Preis für eine 
Kilowattstunde Atomstrom bei 41 Cent. Bei der Winderzeugung seien es 
derzeit etwa 8 Cent.


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