[fessenheim-fr] Schweizer Atomlobby mischt auch in Brüssel mit

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Mo Feb 14 21:46:43 CET 2022


Hallo Leute!

Hier ein interessanter Artikel aus dem Schweizer
Online-Magazin 'Infosperber'
(https://www.infosperber.ch)

Die Schweizer Atomlobby mischt auch in Brüssel mit (nach
wie vor), sondern läßt sich dies auch noch aus Schweizer
Steuergelden bezahlen...

Danke für den Hinweis an Dieter!

Ciao
    Klaus Schramm


Schweizer Atomlobby mischt auch in Brüssel mit

Kurt Marti / 11.02.2022

Das Europäische Atomforum Foratom fällt mit extremen Forderungen auf. 
Mitglied von Foratom ist auch das Nuklearforum Schweiz.

Die EU-Kommission liess Anfang Februar verlauten, dass sie die 
Atomenergie als «nachhaltig» einstufen und damit bessere finanzielle 
Bedingungen für zukünftige Atomkraftwerke schaffen will.

Foratom: Atom ist erneuerbar wie Solar, Wind und Wasserkraft

Doch Yves Desbazeille, der Generaldirektor der europäischen Atomlobby 
Foratom, ist mit dieser Weisswaschung der Atomenergie noch nicht 
zufrieden: «Wir sind nach wie vor enttäuscht, dass Kernenergie weiterhin 
als Übergangstechnologie behandelt wird. Wir sind fest davon überzeugt, 
dass sie zu den Klimaschutzzielen beiträgt und nicht mehr Schaden 
anrichtet als jede andere Energieerzeugungstechnologie, die bereits als 
taxonomiekonform gilt.»

Konkret: Foratom verlangt in seinem Forderungskatalog unter anderem, 
dass die Atomenergie – deren Abfälle notabene hunderttausende von Jahren 
radioaktiv strahlen – «genauso behandelt werden wie erneuerbare 
Energien», also Solar, Wind und Wasserkraft.

Zudem will Foratom, dass die Endlager für hochradioaktive Abfälle «nicht 
an eine feste Frist bis 2050» gekoppelt werden sollen, also zugunsten 
der Atomkraftwerke möglichst weit in die Zukunft verschoben werden.

SteuerzahlerInnen und StromkundInnen sponsern indirekt die Atompropaganda

Was hat das mit der Schweiz zu tun? Das Nuklearforum Schweiz ist 
Mitglied von Foratom und mischt folglich auch in Brüssel mit. 
Hans-Ulrich Bigler (FDP), Präsident des Nuklearforums und Direktor des 
Schweizerischen Gewerbeverbandes, sitzt gar im Vorstand von Foratom.

Wie Infosperber vor kurzem aufgezeigt hat, müsste das Nuklearforum 
aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Vorstand eigentlich gegen den Bau 
neuer Atomkraftwerke sein. Denn 15 von 22 Vorstands-Mitglieder sind dem 
Volksentscheid gegen neue Atomkraftwerke verpflichtet, wenn man ihre 
Herkunft (Hochschulen und Stromunternehmen) betrachtet.

Die Atompropaganda des Nuklearforums in der Schweiz und in Brüssel wird 
unter anderem durch Mitgliederbeiträge von Hochschulen (Universität 
Genf, ETH Lausanne, Paul Scherrer Institut) sowie von Stromfirmen (Axpo, 
Alpiq, BKW) und deren Subunternehmen (Nagra, Zwilag, AKW Gösgen, AKW 
Leibstadt) finanziert.

Im Klartext: Die Schweizer SteuerzahlerInnen und StromkundInnen, die 
sich vor viereinhalb Jahren deutlich für ein Verbot neuer Atomkraftwerke 
ausgesprochen haben, finanzieren indirekt die Atompropaganda des 
Nuklearforums in der Schweiz und in Brüssel mit.

Die FDP im Schlepptau des Nuklearforums

2017 sagte das Schweizer Volk Ja zur Energiestrategie 2050 und 
gleichzeitig zu einem Verbot für den Bau neuer Atomkraftwerke. Auch die 
FDP war dafür.

Schon zwei Jahre später kam die FDP-Spitze arg ins Zweifeln. In einer 
Umfrage unter Mitgliedern zeigte sich eine Ja-Mehrheit von 56% für neue 
Atomkraftwerke.

Prompt meldete sich der Nuklearforums-Präsident Hans-Ulrich Bigler zu 
Wort. Gegenüber der Online-Plattform Nau erklärte der damalige 
FDP-Nationalrat im April 2019: «Die Botschaft der Basis ist klar: Wir 
wollen saubere Energie, deshalb wollen wir auch ein Comeback der 
Atomkraft.» Und deshalb verlangte er, dass die FDP-Parteileitung «diesen 
Aspekt in ihr Positionspapier einfliessen lassen» werde.

Biglers Forderung ging in Erfüllung. In einer Resolution zur 
Stromversorgungssicherheit zuhanden der FDP-Delegiertenversammlung von 
morgen Samstag heisst es: «So sind die Voraussetzungen zu schaffen, um 
namentlich Kernkraftwerke der neuen Generation zuzulassen.»

Weiterführende Informationen
Die EU-Kommission macht den Atom-Bock zum Umwelt-Gärtner (Infosperber, 
17. März 2021)
Bundesrat propagiert Klimaschutz durch zukünftige AKW(Infosperber, 3. 
Juli 2020)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 
1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES).


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