[fessenheim-fr] Fwd: Keine neuen Atomkraftwerke nach Fessenheim!
Klaus Schramm
klausjschramm at t-online.de
Mo Feb 14 11:21:35 CET 2022
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Betreff: Keine neuen Atomkraftwerke nach Fessenheim!
Datum: Mon, 14 Feb 2022 10:50:36 +0100
Von: Mitwelt-Stiftung-Oberrhein <mitwelt.stiftung at gmx.net>
Antwort an: mitwelt.stiftung at gmx.net
ein Debattenbeitrag von
*Axel Mayer, Vizepräsident im Trinationalen Atomschutzverband TRAS,
Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt)BUND-Geschäftsführer am Oberrhein*
*Claude Ledergerber, Vizepräsident Association Trinationale de
Protection Nucléaire, Comité pour la Sauvegarde de Fessenheim et de
la Plaine du Rhin*
Keine neuen Atomkraftwerke nach Fessenheim!
https://www.mitwelt.org/kein-neues-akw-atomkraftwerk-nach-fessenheim
Die beiden Reaktoren des altersschwachen französischen AKW in Fessenheim
wurden nach langen Kämpfen am 22. Februar 2020 und am 29. Juni 2020
endlich abgeschaltet. Mehrheitlich war die Freude in der von einem
möglichen Unfall bedrohten, trinationalen Region am Oberrhein groß. Doch
in dieser Freude und Erleichterung wurde eine wichtige Frage nicht
gestellt: die Frage nach dem verbindlichen, dauerhaften Verzicht auf den
Neubau eines zukünftigen AKW am Kraftwerksstandort am Rhein. Einen
offiziellen, langfristigen Verzicht auf den Kraftwerksstandort
Fessenheim am Rhein hat es nie gegeben.
Am 10. April 2022 findet der erste Wahlgang der französischen
Präsidentschaftswahlen statt. Nicht nur eine zukünftige
rechtspopulistische französische Regierung könnte den Kraftwerksstandort
Fessenheim jederzeit wieder aus der Schublade holen.
Der Technokrat und wirtschaftsliberale Präsident Macron setzt auf die
vermeintliche "Wunderwaffe" Atomkraft im verloren gehenden Krieg gegen
Mensch, Klima, Umwelt und Natur. Macron hat den Bau von bis zu 14 neuen
Atomreaktoren angekündigt. Von 2035 bis 2050 sollen sechs Reaktoren der
«neuen» Generation ans Netz gehen, sagte Macron im Februar 2022. Er
möchte auch eine Gefahrzeitverlängerung für die jetzt schon überalterten
AKW, wenn möglich über 50 Jahre hinaus.
Der rechtsextreme Publizist Éric Zemmour und die französische
Rechtspopulistin Marine Le Pen stehen uneingeschränkt für die Verbindung
von Macht, Atomkraftwerken und französischen Atomwaffen. Marine Le Pen
hat im November 2021 sogar die Wieder-Inbetriebnahme des im Abbruch
befindlichen AKW Fessenheim gefordert und rechte Parteien im Elsass
unterstützen diesen Vorschlag. Allerdings ist der Abriss der beiden
Reaktorblöcke weit fortgeschritten und eine Reparatur der
altersschwachen Atomkraftwerke unbezahlbar. Rechtspopulisten haben
allerdings ein feines Gespür, wenn es darum geht, Menschen
grenzüberschreitend gegeneinander auszuspielen und sie ziehen ihre Kraft
aus solchen, auch inszenierten, Konflikten.
Der (Kühl-)Standort am Rhein im Osten Frankreichs spräche aus Sicht des
fast bankrotten französischen Energieversorgers durchaus für ein neues
AKW in Fessenheim, wenn Klimawandel und sinkende Rheinwasserstände hier
nicht einen Strich durch die Rechnung machen. Die Gefahren neuer
Atomreaktoren, die Erdbebengefahr im Rheingraben, die enormen Kosten und
der zu erwartende massive trinationale Protest an diesem Standort
sprechen gegen ein neues AKW. Wer eine alte-neue Hochrisikotechnologie
politisch durchsetzen will und aus den massiven Protesten in Wyhl,
Fessenheim, Plogoff und Mallville gelernt hat, baut nicht in einer
Protestregion.
Der einzige Europäische Druckwasserreaktor (EPR), der aktuell in
Frankreich überhaupt gebaut wird, geht frühestens 2024 ans Netz - mit
zwölf Jahren Verspätung und er wird nahezu sechsmal so teuer wie
geplant. Rentabel arbeiten wird er nie. Die beiden in China gebauten EPR
zerlegen sich gerade. Die Geschichte der französischen Atomkraft ist
keine Erfolgsgeschichte, sondern eine Geschichte von Schulden, Pleiten,
Pech und Pannen. Das sagt nicht nur die Umweltbewegung, sondern auch der
langfristige Aktienkurs der EDF. Die Schulden der französischen
Atomwirtschaft und zunehmend marode AKW drohen den Staat in den
finanziellen Ruin zu treiben.
Die internationale Atomlobby war nach den vielen Opfern der "zivilen"
Nutzung der Atomkraft, nach Fukushima und Tschernobyl für kurze Zeit ein
wenig in Deckung gegangen. Aufgegeben hat sie nicht. In Frankreich ist
das "atomare Dorf", - die alten mächtigen Seilschaften aus Konzernen,
Lobbyisten, Technokraten und Atomparteien - sehr lebendig und eng mit
der Atomstreitmacht, der Force de frappe verbunden.
Der Europäische Druckwasserreaktor EPR und neue kleine Thorium-Reaktoren
bringen neue Gefahren und Atommüll, der eine Million Jahre strahlt. Mit
dem vorgeschobenen Klimaschutz-Argument werden nicht nur in Frankreich
gefährliche neue Atomkraftwerke grüngewaschen. Warum setzen Technokraten
wie Herr Macron auf eine gefährliche, teure Hochrisikotechnologie, wo es
doch kostengünstige, umweltfreundliche, arbeitsplätzeschaffende
Alternativen gibt, aus denen sich keine Atombomben bauen lassen? Woher
kommt diese Unfähigkeit der Politik, aus alten Fehlern zu lernen? Hinter
dem Traum der erneuerten Atomkraft steht die verzweifelte Hoffnung auf
ein verschwenderisches und zerstörerisches weiter so, ein weiter so mit
Überkonsum, Rohstoffverschwendung, Artenausrottung und auch mit
zukünftigen Atomwaffen.
Eine rechtspopulistische französische Regierung wäre auch aus Liebe am
Streit mit Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit für den Bau eines
neuen AKWs in Fessenheim. Ein wirtschaftsliberaler Präsident wie Herr
Macron sollte zumindest rechnen können...
Was wir dem entgegensetzen können und sollen ist eine Fortsetzung der
guten, erfolgreichen, trinationalen Zusammenarbeit über die Grenzen
hinweg. Ein Europa der Menschen, das wir seit bald 50 Jahren, seit den
frühen Protesten in Marckolsheim, Wyhl und Kaiseraugst, praktizieren.
* Axel Mayer, Vizepräsident im Trinationalen Atomschutzverband TRAS,
Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt)BUND-Geschäftsführer am Oberrhein
* Claude Ledergerber, Vizepräsident Association Trinationale de
Protection Nucléaire, Comité pour la Sauvegarde de Fessenheim et de
la Plaine du Rhin
Zur französischen Version
https://www.mitwelt.org/pas-de-nouvelles-centrales-nuclaires-fessenheim
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