[fessenheim-fr] 50 Jahre Anti-Atomprotest Wyhl - Beitrag im SWR

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Do Feb 10 17:24:18 CET 2022


Hallo Leute!

Der Ausgangspunkt des Widerstandes gegen den
Bau eines AKW in Wyhl war der Vortrag des
Atomphysikers Hans Klumb am 8. Februar 1972.

Der SWR brachte einen Beitrag dazu - Text s.u.

Ciao
    Klaus Schramm

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https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/atomkraft-nein-danke-50-jahre-anti-atomprotest-wyhl-100.html

Kein AKW am Oberrhein
Atomkraft? Nein danke - 50 Jahre Anti-Atomprotest Wyhl am Kaiserstuhl

     9.2.2022, 17:57 Uhr

Das umstrittene AKW Fessenheim ist stillgelegt - kaum möglich ohne den 
Protest der Anti-Atom-Bewegung. Ihren Ursprung hatte sie in Wyhl am 
Kaiserstuhl.

Der evangelische Pfarrer von Weisweil Günter Richter hatte am 8. Februar 
1972 einen Vortrag organisiert. Zu Gast war der Atomphysiker Hans Klumb. 
Es war die erste öffentliche Informationsveranstaltung am nördlichen 
Kaiserstuhl zu den Gefahren der Atomenergie, denn im wenige Kilometer 
entfernten Wyhl sollte ein Atomkraftwerk entstehen.

     "Es waren vier Kernreaktoren mit je 1.200 Megawatt geplant, also 
eine unheimliche Masse hier an diesem Ort! Für mich war die 
Initialzündung NEIN zu sagen, als ich von Professor Klumb hörte, es ist 
ein Verbrechen, die Atomenergie zur zivilen Nutzung hier in Aktion 
treten zu lassen."

Günter Richter, 1972 evangelischer Pfarrer in Weisweil

Kaiserstühler wollten kein AKW vor der Haustür

Die Ausführungen des Atomexperten überzeugten den heute 86-Jährigen, der 
dem geplanten AKW von jener Stunde an den Kampf ansagte. Auch die 
anderen Menschen im vollgefüllten Gemeindesaal von Weisweil wollten 
damals nach dem Vortrag kein AKW vor ihrer Haustür haben. Viele gingen 
auf die Barrikaden. Tausende Flugblätter wurden verteilt um weitere 
Menschen zu mobilisieren.

Ohne den Wyhl-Protest würde heute an der Stelle des Sees ein 
Atomkraftwerk stehen. Der ehemalige Bauplatz ist seit 1995 ein 
Naturschutzgebiet. (Foto: SWR)

Nai hämmer gsait: Gedenkstein an ehemaligem Bauplatz

50 Jahre später steht Günter Richter am Rand des Geländes, wo das AKW 
gebaut werden sollte. Heute ein idyllisches Naturschutzgebiet. Ein 
Gedenkstein mit dem damaligen Kampfspruch "Nai hämmer gsait" erinnert an 
die Zeit. Auch andere Mitstreiter sind gekommen:

     "Vor fast 50 Jahren haben wir hier den Platz besetzt. Damals waren 
am Oberrhein dutzende von Kernkraftwerken geplant, alle 15 Kilometer von 
der Schweiz bis Karlsruhe."

Bernd Nössler, ehemaliger Bauplatzbesetzer

Tausende haben sich mit dem Wyhl-Protest solidarisiert

Bernd Nössler war als Anfang 20-Jähriger an dem Protest beteiligt. Der 
ehemalige Bäcker erzählt, wie Frauen aus der Region 1975 die 
Baumaschinen besetzt hatten. Menschen aus der Schweiz, dem Elsass, dem 
Kaiserstuhl und aus Freiburg hätten sich solidarisiert und die 
Bauarbeiten verhindert.

     "Dann entsprechend später begann der Polizeieinsatz, die Räumung 
des Geländes. Große Demonstrationen, zehntausende von Menschen sind 
hierher gekommen und haben Zivilcourage gezeigt."

Bernd Nössler, AKW-Gegner

Polizei musste abrücken - AKW-Projekt Wyhl wurde begraben

Und das nicht umsonst. Angesichts der friedlich demonstrierenden Menge 
kapitulierte der Staat. Günter Richter ist bis heute ergriffen-

     "Eine große Dankbarkeit beseelt uns immer noch: von diesem kleinen 
Anfang hier eine solche Protestbewegung in Gang gebracht zu haben, die 
dann auch so beeindruckend war, dass auch der Staat, das Land 
Baden-Württemberg und auch das Badenwerk als Stromerzeugungsfirma sich 
nicht dagegen wehren konnte."

Günter Richter, Mitstreiter der Wyhl-Bewegung

Neuer Protest wegen "grünem" Atomstrom angekündigt

Der Wyhl-Protest ist zu einer breiten Bürgerbewegung gegen Atomkraft und 
für Umweltschutz am Oberrhein geworden. Auch die Stilllegung des 
jahrelang bekämpften Atomkraftwerks Fessenheim wäre ohne Wyhl nicht 
denkbar. Und der Protest geht weiter: Günde gibt es viele. Nicht zuletzt 
die Ankündigung der EU, Atomstrom zur grünen Energie zu deklarieren

23.02.1975, Baden-Württemberg, Wyhl: Mehrere hundert Umweltschützer und 
Kernkraftgegner stürmen im Anschluß an eine Kundgebung am 23. Februar 
1975 das von der Polizei mit Stacheldraht umzäunte Baugelände des 
geplanten Atomkraftwerks bei Wyhl / Kreis Emmendingen. Mehrere 
Polizisten und Demonstranten wurden dabei verletzt.
(Foto: dpa Bildfunk, DB)

Mehrere hundert Gegner des geplanten Atomkraftwerks in Wyhl im Kreis 
Emmerdingen bedrängen den baden-württembergischen Ministerpräsidenten 
Hans Filbinger (Mitte) in Kiechlingsbergen, einer Nachbargemeinde von 
Wyhl (Archivfoto vom 08.10.1976). Sie protestieren mit Transparenten und 
Sprechchören gegen das Kraftwerkvorhaben.

Das Archivbild vom 20. Februar 1975 zeigt Wasserwerfer der Polizei im 
Einsatz gegen den gewaltlosen Widerstand von Demonstranten in Wyhl. 
Mehrere hundert Polizisten haben am 20. Februar 1975 das von badischen 
und elsäßischen Umweltschützern besetzte Baugelände für das 
Kernkraftwerk in Wyhl geräumt.

Rund 5.000 Kernkraftgegner demonstrieren am 18.09.1983 in der Nähe des 
geplanten Baugeländes für das Kernkraftwerk Wyhl. Unter dem 
alemannischen Motto "Nai hämmer gsait! (Nein haben wir gesagt)" wurden 
die Einwohner der Gemeinde Wyhl am Kaiserstuhl wenige Jahre später zum 
Symbol für den Widerstand gegen technische Großprojekte.
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