[fessenheim-fr] Uran-Export nach Russland war Atommuell-Export

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Mi Okt 6 13:23:54 CEST 2021


Uran-Export nach Rußland war Atommüll-Export

Bundespolizei bestätigt Atomkraft-GegnerInnen:
Uran-Exporte von Gronau nach Rußland waren "nukleare Abfälle"

Strafanzeige gegen Urananreicherer Urenco wegen "illegale Ausfuhr"
Alternativer Nobelpreisträger Slivyak: "Wir wurden belogen"

In mehreren Schreiben an Atomkraft-GegnerInnen bestätigte die 
Bundespolizei erstmals ausdrücklich, daß es sich bei den Exporten von 
abgereichertem Uran aus der Urananreicherungsanlage Gronau (UAA) nach 
Rußland um Atommüll gehandelt hat. Wörtlich heißt es in den Ende 
September zugestellten Schreiben der Bundespolizeidirektion St. Augustin 
mit Bezug auf die Uran-Transporte vom 18. November 2019 und 5. Oktober 
2020: "(...) im Rahmen eines Bahntransportes nuklearer Abfälle 
(organisiert durch die Firma Urenco) (...)". Bislang hatte Urenco immer 
von "Wertstoff" gesprochen, weil die Ausfuhr von radioaktiven Abfällen 
gemäß § 328 StGB verboten ist.

Aufgrund der neuen Sachlage hat ein Atomkraft-Gegner aus dem Münsterland 
nunmehr Strafanzeige wegen der "illegalen Ausfuhr von radioaktiven 
Stoffen" gegen die Firma Urenco bei der Staatsanwaltschaft Münster 
eingereicht.

"15 Jahre lang hielt der Urananreicherer Urenco die Behauptung aufrecht, 
es handele sich bei den Uranmüll-Transporten von Gronau nach Rußland um 
»Wertstoff«-Transporte. Doch in Rußland lagert der Uranmüll nach 
Erkenntnissen der russischen Umwelt-Organisationen Ecodefense und 
Greenpeace Rußland ohne jede Weiterverwertung auf Freiflächen unter 
offenem Himmel. Das ist ein lupenreiner Atommüll-Export. Wir freuen uns 
sehr, daß die Bundespolizei dies nun offiziell bestätigt und erwarten 
von der Staatsanwaltschaft Münster ausführliche und zielgerichtete 
Ermittlungen," erklärte Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland 
gegen Atomanlagen.

Der diesjährige Träger des Alternativen Nobelpreises, Vladimir Slivyak 
von der russischen Umwelt-Organisation Ecodefense, ergänzte: "Wir wurden 
anscheinend jahrelang belogen – von Urenco und von der Bundesregierung. 
Doch nun bestätigt sich, was wir seit 2006 immer wieder gesagt haben: 
Das deutsche Uran aus Gronau ist Atommüll und wird nur nach Rußland 
gebracht, um die teure Atommüll-Entsorgung in Deutschland zu vermeiden. 
Wir fordern nun von der deutschen Bundesregierung, daß es keine weiteren 
Exporte von Uran aus Gronau nach Rußland geben wird. Rußland ist nicht 
die atomare Müllkippe für Urenco."

Die Anti-Atom-Initiativen und der BBU fordern von der jetzigen und der 
kommenden Bundesregierung zudem ein Ende der Uran-Anreicherung in 
Gronau. Dies wurde zwar in dem Anfang 2018 vereinbarten "schwarz-roten" 
Koalitions-Vertrag versprochen, ist aber nicht eingehalten worden. Schon 
2017 hatte ein Rechtsgutachten bestätigt, daß ein Export-Stop sowohl für 
angereichertes Uran als auch für Brennelemente rechtlich problemlos 
möglich ist.

Zum Hintergrund der Uran-Exporte:

Beim Betrieb der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage (UAA) in 
Gronau fallen als Abfallstoff der Urananreicherung jährlich rund 5.000 
bis 6.000 Tonnen abgereichertes Uran in Form von Uranhexafluorid (UF6) 
an. Zwischen 1995 und 2009 wurden insgesamt rund 27.000 Tonnen UF6 von 
Gronau nach Rußland gebracht. Diese Transporte von Atommüll nach Rußland 
waren bereits 2009, nach heftigem länderübergreifenden Widerstand, 
eingestellt worden. Doch in den vergangenen Jahren wurden die Transporte 
klammheimlich wieder aufgenommen und nochmal mindestens 18.000 Tonnen 
UF6 gelangten nach Rußland. Zielort war in den vergangenen Jahren die 
Atomanlage Novouralsk bei Jekaterinburg – eine der sogenannten 
"geschlossenen Städte" aus der Zeit der Sowjetunion.

Bereits seit 2006 protestieren die russische NGO Ecodefense sowie 
deutsche und niederländische Umweltinitiativen und Verbände gemeinsam 
gegen diese unverantwortlichen Atommüll-Exporte. Die Initiativen 
befürchten, daß bereits im kommenden Frühjahr – unmittelbar nach der 
Landtagswahl in NRW im Mai 2022 – eine neue Transportserie anstehen 
könnte, da die Lagerkapazitäten in Gronau schon wieder knapp werden.

Eine eigene Lagerhalle für Uranmüll auf dem Gelände der UAA Gronau ist 
zwar seit 2014 baufertig, wird aber von der Urenco nicht in Betrieb 
genommen, weil sich die Firma dann um die langfristige, schadlose – und 
damit teure – Entsorgung in Deutschland kümmern müsste.

Die Urenco gehört zu einem Drittel dem niederländischen und dem 
britischen Staat. Das deutsche Drittel teilen sich RWE und E.oN.

Die UAA Gronau verfügt bisher ebenso wie die Brennelemente-Fabrik Lingen 
über eine unbefristete Betriebsgenehmigung, obwohl von diesen eine 
Vielzahl von Atomkraftwerken weltweit mit "Brennstoff" versorgt wird. 
Laut Umfragen fordern über 70 Prozent der Deutschen, daß die UAA Gronau 
und die Brennelemente-Fabrik Lingen bis Ende 2022 zeitgleich mit den 
letzten deutschen Atomkraftwerken stillgelegt werden.

Gegen die Uranmüll-Transporte von Gronau via Amsterdam/Rotterdam nach 
Rußland gab es in den vergangenen Jahren zahlreiche Protestaktionen, 
darunter mehrere Kletterproteste im Münsterland. Für den Polizeieinsatz 
bei den Kletteraktionen am 18.11.2019 und am 5.10.2020 möchte die 
Bundespolizei von fünf Personen Kosten in Höhe von rund 10.000 Euro 
eintreiben. Die Betroffenen haben dagegen Widersprüche und 
Dienstaufsichtsbeschwerden eingereicht. Rückhalt und Unterstützung 
bekommen sie dabei von Anti-Atomkraft-Initiativen und Verbänden.



Weitere Infos:

www.sofa-ms.de
www.urantransport.de




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