[fessenheim-fr] Illegale Transporte von Brennelementen von Lingen nach Leibstadt
Klaus Schramm
klausjschramm at t-online.de
Mi Jan 13 18:48:23 CET 2021
Hallo Leute!
Anfang des Jahres wurde uns durch Einsicht
in eine erst zu diesem Zeitpunkt aktualisierte
Liste des BASE über Brennelemente-Exporte ins
Ausland bekannt, daß die Brennelemente-Fabrik
Lingen (Betreiber ANF, Tochter-Konzern von
Framatome) trotz laufendem Gerichtsverfahren
zwei weitere Transporte von Brennelementen von
Lingen nach Leibstadt in die Wege geleitet
hatte.
Ein Mitglied der Anti-Atom-Gruppe Freiburg
teilte dies am Mo., 4.01., dem Verwaltungsgericht
Frankfurt a. M. mit und erstattete umgehend Anzeige
gegen ANF/Framatome mit Sitz in Erlangen.
Am Di., 12.01., zog nun auch der BUND Landesverband
Baden-Württemberg nach und erstattete seinerseits
eine entsprechende Anzeige gegen ANF/Framatome.
Ebenfalls gestern informierte der BUND die
Öffentlichkeit per PM.
Weiter unten ein recht guter - heute online erschienener -
Artikel der NOZ. Die 'Bad. Ztg.' scheint sich weiter in
der - von der Anzeigen-Kundschaft sicher geschätzten! -
Rolle zu gefallen, das Thema auszublenden...
Zum NOZ-Artikel ist noch zu ergänzen, daß bereits am
28. September von einem Mitglied der Anti-Atom-Gruppe
Freiburg ein rechtswirksamer Widerspruch gegen
die Export-Genehmigung eingereicht wurde. Schon dieser
Widerspruch hatte - rein rechtlich - "aufschiebende
Wirkung", so daß die darauf folgenden Transporte
illegal waren.
Ciao
Klaus Schramm
Auch Umweltministerium greift ein
Umstrittener Export von Brennelementen:
Setzt ANF Lingen Existenz aufs Spiel?
Von Wilfried Roggendorf
Wie geht es nach dem juristisch umstrittenen Export von Brennelementen
von ANF in Lingen an das Kernkraftwerk Leibstadt in der Schweiz weiter
mit dem Unternehmen?
Lingen. Hat das Lingener Unternehmen ANF mit der umstrittenen Ausfuhr
von Brennelementen in die Schweiz seine Existenz aufs Spiel gesetzt?
Diese Frage - und mit ihr die nach mehr als 300 Jobs in Lingen - steht
nun im Raum. Denn auch im Bundesumweltministerium will man eine
strafrechtliche Prüfung der Transporte vom Dezember 2020.
Durch den deutschen Atomausstieg gibt es für Brennelemente nach 2022
keinen inländischen Markt mehr. ANF ist also komplett auf den Export
angewiesen. Würde dieser nicht mehr genehmigt, entfiele für das
Unternehmen mit seinen über 300 Beschäftigten in Lingen ein großer Teil
der derzeitigen Geschäftsgrundlage. Umweltverbände und verschiedene
Anti-Atomkraft-Initiativen haben angekündigt, entsprechende rechtliche
Schritte zu prüfen.
Export trotz Widerspruches
Wie konnte das Unternehmen an diesen Punkt kommen? Zwar verfügte ANF
über eine vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) am
24. September 2020 erteilte Exportgenehmigung über 140 Brennelemente an
das Kernkraftwerk Leibstadt in der Schweiz. Doch dagegen hatte der
Landesverband Baden-Württemberg des Bundes für Umwelt- und Naturschutz
Deutschlands (BUND) am 19. Oktober 2020 Widerspruch eingelegt. Dieser
hat nach Auffassung des BUND aufschiebende Wirkung. Ohne eine
Entscheidung darüber hätte ANF nicht exportieren dürfen.
Dessen war sich auch ANF bewusst, denn das Unternehmen stellte beim
Verwaltungsgericht Frankfurt (Main) am 30. November 2020 einen
Eilantrag. Das Gericht sollte die sofortige Vollziehbarkeit der
Ausfuhrgenehmigung feststellen. Das Gericht wollte im Januar
entscheiden. Doch dies wartete ANF nicht ab und schickte am 14. und 28.
Dezember zwei Transporte nach Leibstadt.
Verwaltungsgericht kritisiert ANF
Das Verwaltungsgericht Frankfurt zeigt sich davon überrascht. Nach
unserer Redaktion vorliegenden Informationen sind die Frankfurter
Richter davon ausgegangen, dass ANF mit den Transporten bis zu einer
Entscheidung wartet. Dies sei aus Respekt vor dem Gericht gängige
Praxis. Zudem kritisiert das Gericht, dass ein Verantwortlicher von ANF
eidesstattlich versichert habe, die Transporte nach Leibstadt seien erst
ab der zweiten Kalenderwoche 2021 vorgesehen. Es sei nicht Aufgabe der
Rechtssprechung, unnütze Eilentscheidungen zu treffen, die für die
Beteiligten ersichtlich nicht relevant seien, weil sie ihr Verhalten
nicht daran ausrichten würden, kritisiert das Gericht.
Auch Freiheitsstrafe droht
Der BUND-Landesverband Baden Württemberg hat bei der Staatsanwaltschaft
Erlangen Strafanzeige gegen die ANF-Mutterfirma Framatome wegen des
Verdachts auf rechtswidrigen Export von Kernbrennstoffen gestellt. Dies
wäre eine Straftat nach § 328 Strafgesetzbuch. Hierfür drohen bis zu
fünf Jahren Freiheitsstrafe.
Umweltministerium greift ein
Auch das Bundesumweltministerium sieht möglicherweise eine Straftat
vorliegen. "Eine Ausfuhr unter Ausnutzung einer nicht vollziehbaren
Ausfuhrgenehmigung kann strafrechtlich relevant sein", zitiert die
Berliner taz Staatssekretär Jochen Flasbarth. Wie ein Sprecher des
Ministeriums auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte, hat Flasbarth
das Bafa angewiesen, den Vorgang zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft
abzugeben.
In einer vergleichbaren rechtlichen Situation im Oktober 2020, es ging
um den Export von Brennelementen an das belgische Kernkraftwerk Doel,
hatte ANF den Export verschoben. "Ich möchte nicht den Export
unterschreiben und habe hinterher den Staatsanwalt am Hals", sagte
damals ANF-Geschäftsführer Peter Reimann unserer Redaktion.
Zweifel an Zuverlässigkeit
Sollten Gerichte die Brennelemente-Transporte in die Schweiz als
rechtswidrig betrachten, drohen möglicherweise einzelnen
Verantwortlichen Freiheitsstrafen. Doch sie könnten auch für das gesamte
Unternehmen Folgen haben. Denn der strittige Export in die Schweiz, ohne
eine Entscheidung des Gerichts abzuwarten, lässt bei Umweltverbänden und
Atomkraftgegnern Zweifel an der Zuverlässigkeit von ANF aufkommen. Doch
genau diese Zuverlässigkeit ist nach § 3 des Atomgesetzes Voraussetzung
für die Erteilung von Exportgenehmigungen für Kernbrennstoffe.
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