[fessenheim-fr] Energie-Prognosen Strom Artikel von Bernward Janzig
Redaktion Umwelt RDL
umwelt at rdl.de
Mi Dez 23 19:37:43 CET 2020
Hallo Leute!
Hier ein Artikel von Bernward Janzing in der
'Bad. Ztg.', in dem er die bei diesem Thema
entscheidenden Kernpunkte säuberlich ausspart...
Ciao
Klaus Schramm
Energiebilanz
Deutschlands Strom-Exportüberschuss sinkt gewaltig
Von Bernward Janzing
Di, 22. Dezember 2020 um 18:54 Uhr
Wirtschaft
Unter anderem wegen gestiegener Kohlendioxid-Preise fließt weniger Strom
aus Deutschland ins Ausland. Schon bald könnte das Land wieder zum
Stromimporteur werden.
Im Jahr 2020 hat sich der Strom-Exportüberschuss Deutschlands gegenüber
dem Vorjahr halbiert – und spätestens 2023 dürfte die Bundesrepublik
nach 20 Jahren erstmals wieder Nettoimporteur werden.
Deutschlands Stromexport ist im Jahr 2020 eingebrochen. Mit 16
Milliarden Kilowattstunden (Terawattstunden, TWh) lag der Überschuss
nach einer ersten Abschätzung der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
nur halb so hoch wie 2019. In den Jahren 2015 bis 2018 hatte
Deutschlands Exportüberschuss sogar bei jeweils rund 50 TWh gelegen.
Eine Terawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden.
Die Gründe sind vielfältig. Durch die Abschaltung des Atomkraftwerks
Philippsburg vor einem Jahr fielen 2020 rund 10 TWh an Erzeugung weg.
Ein wesentlicher Grund des Rückgangs ist aber auch der im europäischen
Emissionshandel gestiegene Kohlendioxid-(CO2)-Preis, der deutsche
Kohlekraftwerke teilweise aus dem Markt drängte.
Lange war Kohle-Strom günstiger als Erdgas-Strom
Über einige Jahre hinweg nämlich rührten die großen Exportmengen
Deutschlands daher, dass die Niederlande viel Strom aus Deutschland
kauften, weil die hiesigen Kohlekraftwerke billigere Energie lieferten
als die niederländischen Erdgaskraftwerke. Das hat sich zwischenzeitlich
geändert, weil der CO2-Preis von 6 Euro im Jahresmittel 2017 auf 24 Euro
2020 anstieg. Nachdem 2018 noch rund 20 TWh aus Deutschland in die
Niederlande flossen und 2019 noch rund sieben TWh, ergab sich 2020 (so
die Zahlen der ersten neun Monate) für Deutschland sogar ein Nettoimport
aus den Niederlanden.
Bereits 2022 wieder Strom-Nettoimporteur?
Es ist absehbar, dass der deutsche Stromexport in den kommenden Jahren
durch den Kohle- und den Atomausstieg weiter zurückgehen wird. Allein
die Kohlekraftwerke, die mit einer Leistung von 4788 Megawatt im Jahr
2021 abgeschaltet werden sollen, stehen für eine Erzeugung von etwa 10
TWh. Da Ende 2021 dann auch die drei Atomkraftwerke Brokdorf, Grohnde
und Gundremmingen C abgeschaltet werden (Jahreserzeugung zusammen: etwa
30 TWh), könnte Deutschland bereits im Jahr 2022 erstmals seit 2002
wieder zum Nettoimporteur werden. Bislang wurde der wegfallende
Atomstrom – auf die erzeugte Jahressumme bezogen – durch die Zunahme des
Stroms aus erneuerbaren Energien stets aufgefangen. Denn im Mittel der
letzten zehn Jahre legten die Erneuerbaren jährlich um 15 TWh zu. Doch
zusammen mit einem weiteren Rückgang des Kohlestroms wird das in den
kommenden Jahren wohl nicht mehr gelingen – es sei denn, es fände ein
ganz massiver Ausbau der Ökostromkapazitäten statt, was nicht absehbar
ist. Spätestens 2023, wenn auch die letzten drei Atomreaktoren
abgeschaltet sind, dürfte daher die deutsche Strombilanz deutlich ins
Negative kippen.
Entscheidend ist, wie sich der Verbrauch entwickelt
Entscheidend für die Bilanz der folgenden Jahre wird auch sein, wie sich
der Verbrauch in Deutschland entwickelt; die Szenarien sind sehr
unterschiedlich. Die Bundesregierung legt ihrem Klimaschutzprogramm für
2030 einen Bruttostromverbrauch von weitgehend unverändert 580 TWh
zugrunde. Unterstützer der Energiewende, die gerne in großem Stil auch
den Verkehr und den Gebäudesektor (diesen mit Wärmepumpe) auf Strom
umstellen würden, rechnen mit einem deutlich höheren Verbrauch. So plant
die Denkfabrik Agora Energiewende für 2030 mit 643 TWh und setzt für
2050 sogar 962 TWh an. Der Bundesverband Erneuerbare Energie rechnet
schon für 2030 mit 740 TWh. Die Botschaft des Verbandes hinter dieser
Prognose: Es brauche "einen deutlichen Ausbau der Erneuerbaren Energien
um eine Ökostromlücke zu vermeiden".
Eine Frage der Netzstabilität
Aber mehr Ökostrom alleine wird für die Netzstabilität wohl nicht
reichen. Denn abseits der reinen Jahressummen der Erzeugung wird sich im
Zuge des Kohleausstiegs immer mehr die Frage stellen, ob die Versorgung
zu jedem Zeitpunkt – etwa während der viel zitierten Dunkelflaute ohne
Wind und Sonne – gesichert ist. Darüber wachen die
Übertragungsnetzbetreiber, die prüfen, welche der elf zur Stilllegung im
Jahr 2021 ausersehenen Kohlekraftwerke systemrelevant sind. Diese werden
dann als Netzreserve zwangsweise betriebsbereit gehalten.
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