[fessenheim-fr] Fwd: [antiAtom-Initiativen] mein Kommentar zur rot-grünen Deutung des Vattenfall-Urteils
Klaus Schramm
klausjschramm at t-online.de
Sa Nov 14 00:19:09 CET 2020
-------- Original Message --------
Subject: [antiAtom-Initiativen] mein Kommentar zur rot-grünen Deutung
des Vattenfall-Urteils
Date: Fri, 13 Nov 2020 18:46:40 +0100
From: Jochen Stay - .ausgestrahlt <stay at ausgestrahlt.de>
To: antiatom-initiativen <antiatom-initiativen at lists.nadir.org>
(...)
Atomausstiegs-Entscheidung des Verfassungsgerichts:
Politiker*innen von SPD und Grünen behaupten,
AKW-Betreiber bekämen Schadenersatz, weil
Schwarz-Gelb 2010 Laufzeitverlängerungen
beschlossen habe und die dann
2011 wieder zurückgenommen hat.
Das ist falsch. Gezahlt werden muss, weil der schwarz-gelbe schrittweise
Atomausstieg von 2011 zu einem schnelleren Aus für die AKW führt, als
2002 von rot-grün beschlossen. Rot-Grün hatte 2002 keine Restlaufzeiten
für jeden Reaktor festgelegt, sondern Reststrommengen.
2011 wurde dann von Union und FDP, übrigens mit den Stimmen von SPD und
Grünen, ein Gesetz beschlossen, dass für jedes AKW ein Enddatum setzte.
Das führt nun dazu, dass die von Rot-Grün 2002 garantierten
Stromkontingente nicht voll ausgeschöpft werden können.
Und genau dafür gibt es nun Schadenersatz. Vielleicht hätte man das
Ausstiegsgesetz 2011 juristisch wasserdichter formulieren können, so
dass nun keine Zahlungen fällig werden. Aber wie gesagt: dem haben auch
SPD und Grüne zugestimmt.
Wenn ich die Wahl hätte, wäre mir ein schneller Ausstieg ohne
Schadenersatz an die Betreiber am liebsten. Wenn es den aber nicht gibt,
dann nehme ich lieber einen schnellen Ausstieg mit Schadenersatz als
einen langsamen Ausstieg ohne Schadenersatz.
So gesehen war der Ausstiegsbeschluss von 2011 etwas besser als der von
2002 – wenn auch immer noch viel zu langsam.
Diejenigen bei SPD und Grünen, die nun kommentieren, es wäre besser
gewesen, beim 2002er Modell zu bleiben, hätten damit in Kauf genommen,
dass einige AKW deutlich länger am Netz geblieben wären.
Das rot-grüne Reststrommengen-Modell war so oder so ein Fehler. Die
Idee, dass durch deren Übertragbarkeit alte AKW von den Betreibern
schneller vom Netz genommen werden, hat nicht funktioniert.
Stattdessen hat es dazu geführt, dass sich die Abschalt-Termine bei
jedem störfallbedingten AKW-Stillstand nach hinten verschoben haben, da
ja in dieser Zeit kein Strom produziert wurde und damit die
Reststrommengen nicht kleiner wurden.
So waren die Vattenfall-AKW Brunsbüttel und Krümmel schon seit 2007
wegen Störfällen und Reparaturen abgeschaltet. Das Ausstiegsgesetz von
2011 sorgte dann nur dafür, dass sie nie wieder ans Netz gehen konnten.
Für den zwischen 2007 und 2011 aus eigenem Vattenfall-Verschulden nicht
produzierten Strom gibt es nun aber staatlichen Schadenersatz, weil
durch den Stillstand das Reststrommengen-Kontingent erhalten blieb. Das
ist rot-grüne Ausstiegs-Logik.
Was Schwarz-Gelb vorgeworfen werden kann: Durch den 2011
zurückgenommenen Laufzeitverlängerungs-Beschluss von 2010 bekommen die
Betreiber einen kleinen Ausgleich für die wenigen Investitionen in die
Alt-AKW, die zwischen Oktober 2010 und März 2011 getätigt wurden.
Was der großen Koalition vorgeworfen werden kann: 1. Die jetzt von
Karlsruhe gekippte Entschädigungs-Regelung war nicht gut genug gemacht.
Das lag aber auch am (nun gescheiterten) Versuch, möglichst wenig an die
Stromkonzerne zahlen zu wollen.
2. Als der Staat 2017 das Risiko für die langfristigen Folgekosten der
Atomkraft gegen eine Einmalzahlung der AKW-Betreiber übernahm, hat die
Regierung als Gegenleistung nicht verlangt, dass alle Klagen
zurückgezogen werden.
Was allen Regierungen vorgeworfen werden kann: Der Atomausstieg dauert
zu lange.
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