[fessenheim-fr] Abe vor Ruecktritt

Redaktion Umwelt RDL umwelt at rdl.de
Fr Aug 28 16:08:00 CEST 2020


Hallo Leute!

Da in Japan ein Atom-Ausstieg immer
noch auf der Kippe steht, hat eine
solche Nachricht besondere Bedeutung
für die internationale Anti-Atom-
Bewegung:

Abe vor Rücktritt
(siehe unten ein Text des ORF)

Für all jene, die Texte aus Mainstream-
Medien Satz für Satz für bare Münze
nehmen, noch folgeder Hinweis: Selbst-
verständlich trifft es nicht zu, daß
Atomkraft "einen Großteil der
Elektrizität Japans" liefere...

Ciao
    Klaus Schramm


Japan
Regierungschef Abe vor Rücktritt

Japans Regierungschef Shinzo Abe wird laut örtlichen Medienberichten bei 
einer Pressekonferenz am Freitag seinen Rücktritt verkünden. Hintergrund 
sei eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands, berichteten 
japanische Medien, darunter der Sender NHK, übereinstimmend.
Online seit heute, 8.18 Uhr

In Japan gibt es seit Wochen Spekulationen über Abes Gesundheitszustand, 
die durch zwei Krankenhausbesuche des Ministerpräsidenten in jüngster 
Zeit noch verstärkt wurden. „Abe will zurücktreten, weil sich seine 
Krankheit verschlimmert hat“, berichtete NHK, ohne sich auf eine 
spezifische Quelle zu beziehen. Erwartet wird, dass er bis zu einer 
geordneten Übergabe – Wahl eines neuen Parteichefs und Nachfolgers – im 
Amt bleibt.

Mit dem Schritt wolle Abe verhindern, dass sein Gesundheitszustand die 
„nationale Politik beeinträchtigt“. Abe ist der am längsten amtierende 
Regierungschef in der Geschichte Japans. Zum ersten Mal wurde er 2006 
ins Amt gewählt, trat jedoch weniger als ein Jahr später wegen einer 
Darmerkrankung zurück. Als er 2012 erneut zum Regierungschef gewählt 
wurde, gab er an, die Krankheit überwunden zu haben.
Ungewohnte Phase der Stabilität

In Japan, das für seine raschen Regierungswechsel bekannt war, sorgte 
Abe für eine zuvor unbekannte Stabilität. Ihm gelang es rasch, einen 
guten Kontakt zu US-Präsident Donald Trump herzustellen. Die gemeinsame 
kritische Sicht auf den wachsenden Einfluss Chinas war dabei sicher 
hilfreich. Wirtschaftlich gelang es Abe, sein Land aus der Rezession zu 
führen. Die Pandemie traf die Wirtschaft aber schwer. Mit einem seiner 
zentralen Anliegen scheiterte er am Widerstand der eigenen Bevölkerung: 
die nach dem Zweiten Weltkrieg unter US-Einfluss geschriebene 
pazifistische Verfassung zu ändern. Abe wollte Japan militärisch 
aufrüsten, um China so mehr entgegenhalten zu können.

Gerüchte und Andeutungen

In den vergangenen Wochen kämpfte Abe laut Medienberichten wieder mit 
seiner chronischen Darmerkrankung. Im Juli hatte es Medienberichte 
gegeben, wonach Abe Blut gespuckt habe. Die Gerüchte über die Gesundheit 
des 65-Jährigen wurden zuletzt unter anderem durch dessen Entscheidung 
befeuert, während der Coronavirus-Pandemie Pressekonferenzen zu 
vermeiden. Vor wenigen Wochen deutete Abes Parteifreund Akira Amari bei 
einem Fernsehauftritt an, dass der Regierungschef eine Pause brauche.

Während der Pandemie ist Abe in den Umfragen abgestürzt. Zwar 
verzeichnet Japan im internationalen Vergleich relativ wenige 
Infektionsfälle. Der Regierung werden aber Versäumnisse bei der 
Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Krise vorgeworfen. Zudem 
mussten die Olympischen Spiele auf 2021 verschoben werden.

Markige Sprüche

Abe ist kein Mann der leisen Worte. Er ließ immer wieder mit markigen 
Äußerungen vor allem in Richtung China und Nordkorea aufhorchen. 
Oppositionspolitiker warfen ihm immer wieder vor, damit von 
innenpolitischen Skandalen ablenken zu wollen. Über die Jahre gab es 
wiederholt Vorwürfe der Günstlingswirtschaft, die ihn zumindest 
vorübergehend deutlich schwächten.

Erstmals Ministerpräsident wurde Abe 2006 – er musste aber schon im 
folgenden Jahr nach einer schweren Wahlniederlage der LDP das Feld 
räumen. 2012 kehrte er auf den Posten zurück. 2014 löste er das 
Parlament frühzeitig auf und trat nach gewonnener Neuwahl Ende des 
Jahres seine dritte Amtszeit an.
Stammt aus Politikerdynastie

Zu Beginn seines ersten Mandats war Abe mit 52 Jahren der jüngste 
japanische Regierungschef aller Zeiten. Der Spross einer 
Politikerdynastie, der Politikwissenschaften in Japan und den USA 
studierte, stieg 1982 in die Politik ein.

Zuerst wurde er Privatsekretär seines Vaters Shintaro Abe, der damals 
Außenminister war und vergeblich nach dem Amt des Regierungschefs 
strebte. Nach dem Tod des Vaters „erbte“ Abe im Jahr 1993 dessen 
Parlamentssitz. Unter Regierungschef Junichiro Koizumi, Abes Vorgänger 
bei seiner ersten Amtsübernahme, wurde er schließlich Generalsekretär 
der regierenden LDP und Regierungssprecher.

Großvater schmiedete Bündnis mit USA

Abes Großvater Nobusuke Kishi war Kabinettsmitglied während des Zweiten 
Weltkriegs und vorübergehend wegen Kriegsverbrechen im Gefängnis, wurde 
aber nie angeklagt. Er wurde Ministerpräsident und schmiedete das 
Bündnis mit den USA. Aus der Bewunderung für seinen Großvater macht Abe 
keinen Hehl.
Besuche bei umstrittenem Schrein

Durch seinen Besuch am Yasukuni-Schrein, an dem auch Kriegsverbrecher 
geehrt werden, löste er 2013 diplomatische Spannungen mit China und 
Südkorea aus. Beide Länder sehen in dem Schrein ein Symbol des 
japanischen Militarismus. Konfliktpotenzial mit Peking bergen auch die 
von Abe erhobenen Ansprüche auf eine umstrittene Inselgruppe im 
Ostchinesischen Meer. Abe forderte schon in jungen Jahren, die 
pazifistische Nachkriegsverfassung seines Landes zu überarbeiten. 
Stattdessen müsse Japan eine stärkere militärische Rolle spielen.

Nie an Atomausstieg gedacht

Mit marktwirtschaftlichen Reformen wollte Abe nach seiner letzten 
Wiederwahl 2017 außerdem die Wirtschaft des Landes ankurbeln und den 
Haushalt sanieren. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer kostete ihn 
allerdings viele Sympathien. Auch nach der Katastrophe von Fukushima 
2011 – im Jahr darauf kam Abe wieder an die Macht – hielt er stets an 
der Atomkraft fest, die einen Großteil der Elektrizität Japans liefert. 
Anders als für viele andere war für ihn ein langfristiger Ausstieg nie 
eine Option, auch nicht nach der Fukushima-Katastrophe.

red, ORF.at/Agenturen



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