[fessenheim-fr] Schweizer Atomkraftwerke - Gefahr für weite Teile Europas

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Fr Feb 14 23:43:47 CET 2014


14.02.2014

Schweizer Atomkraftwerke
Gefahr für weite Teile Europas

Bern (LiZ). Der Nuklear-Experte Dieter Majer fordert die sofortige 
Stilllegung der beiden ältesten Schweizer Atomkraftwerke Mühleberg und 
Beznau. Laut einer gestern von ihm vorgestellten Studie im Auftrag von 
Greenpeace Schweiz und der Schweizerischen Energiestiftung (SES) sind 
diese Uralt-Kraftwerke von den heutigen Standards weit entfernt und 
stellen ein untragbares Risiko für die Bevölkerung Europas dar.

Dieter Majer, ehemaliger technischer Leiter der Atomaufsicht im 
Bundesumweltministerium und Vorsitzender der Deutsch-Schweizerischen 
Kommission für die Information über grenznahe AKW warnt: "Bei einem 
Reaktorunfall wären nicht nur die Schweiz, sondern auch weite Teile 
Deutschlands und Europas radioaktiv kontaminiert."

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Die Schweizer Atomkraftwerke, allen voran Beznau und Mühleberg, gehören 
weltweit zu den ältesten (Siehe unseren Artikel v. 29.02.12). Der 1969 
in Betrieb genommene ältere der beiden Atom-Reaktoren des AKW Beznau 
erreicht in diesem Jahr - sofern kein Unfall eintritt - das Alter von 45 
Jahren.

Die Grundkonzepte der Schweizer Atomkraftwerke stammen aus den 
1960er-Jahren und weisen schon allein deshalb laut Majer im Vergleich zu 
einem durchschnittlichen AKW Defizite auf. Hinzu kämen weitgehend 
unerforschte Alterungsprozesse wie etwa die Versprödung des Stahls des 
Reaktordruckbehälters durch Neutronenstrahlung. Man müsse auf Proben und 
Modellrechnungen vertrauen, erklärt der Nuklear-Experte. Die Hoffnung 
beruhe auf der Annahme, daß sich die Materialien überall gleich 
verhielten - auch in Bereichen, die gar nicht zugänglich seien. "Das ist 
weder verläßlich noch vertrauenswürdig und entspricht nicht dem 
Sicherheitsbegriff, wie ich ihn mir vorstelle," so Majer.

AKW-Betreiber würden immer wieder versichern, die älteren Atomkraftwerke 
seien runderneuert und verfügten über modernste Technik. Ihr 
Risiko-Niveau sei mit dem anderer Atomkraftwerke aus den 1980er- oder 
1990er-Jahren vergleichbar. "Diese Aussage ist falsch," hält Dieter 
Majer unmißverständlich fest. Erhöhte Risiken und konzeptionelle 
Schwächen der alten Bauweise bestünden in älteren Anlagen weitgehend 
weiter. "Man kann schrauben und drehen, aber wie auch immer man es 
anstellt: das Ergebnis bleibt Stückwerk."

Den wachsenden Risiken versuchen die Schweizer NukleartechnikerInnen im 
Auftrag der Konzerne Axpo, BKW, KGD AG u.a. mit dem Begriff "Stand der 
Nachrüsttechnik" beizukommen. Dieser wird allerdings nur in der Schweiz 
verwendet und es liegen ihm keine international anerkannten Richtlinien 
und Kriterien zugrunde. Die von der Schweizer Nuklear-Aufsicht ENSI 
gelegentlich geforderten Nachrüstungen sind laut der aktuellen Studie 
nicht das Ergebnis eines systematischen Vergleichs mit heute allgemein 
anerkannten Standards, sondern resultieren allein aus der Maßgabe der 
Möglichkeiten, welche Einbauten in den veralteten Anlagen überhaupt noch 
umsetzbar sind.

Majers Erkenntnisse stützen die langjährigen Forderungen von Greenpeace 
Schweiz auf ganzer Linie. Bei einem langsamen und unverbindlichen 
Atom-Ausstieg, wie ihn die schweizerische Bundesrätin Doris Leuthard 
verspricht, sei "die Bevölkerung Europas größeren Risiken ausgesetzt als 
vorher", sagte der Schweizer Greenpeace-Atomexperte Florian Kasser. 
Dabei müsste spätestens seit Fukushima das Gegenteil gelten. Zugleich 
sei eine konsequente Energie-Wende in ganz Europa nötig. Jürg Buri, 
Geschäftsleiter der Schweizerischen Energiestiftung (SES) ergänzt: "Die 
Risiken alter Atomkraftwerke werden hierzulande verharmlost."

Die Studie findet sich hier:
www.energiestiftung.ch/files/ses_gp_studie_risiko_altreaktoren_schweiz.pdf


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