[fessenheim-fr] Interview Holger Strohms mit 'Umwelt&Aktiv'

klausjschramm at t-online.de klausjschramm at t-online.de
So Dez 2 16:30:41 CET 2012


Hallo Leute!

Holger Strohm hat der Zeitschrift 'Umwelt&Aktiv' ein Interview
gegeben. Dies wird auf verschiedenen Mailinglisten diskutiert.
Hier das, was ich dazu schrieb

Holger Strohm hat mal wieder einigen Wirbel verursacht :-)
Da ich ihn persönlich kenne und (nach wie vor) schätze,
will ich hier Stellung beziehen:

a) Ich stimme mit Holger überein, daß es sinnvoll ist, auch mit
(Neo-)Nazis zu reden und daß es (da hatte Franz Josef Degenhardt,
den er in diesem Zusammenhang zitiert, ein orthodoxer Kommunist,
durchaus recht) einer geistig beschränkten Haltung entspricht,
sich an dem Spruch zu orientieren "Spiel nicht mit den
Schmuddelkindern!"

b) ...dazu ist es aber nicht nötig, einer Zeitschrift wie 
'Umwelt&Aktiv' ein Interview zu geben. Dies war m.E. ein
Fehler.

c) Holger hat dabei dennoch viel Glück gehabt, denn seine
Ausagen wurden (so weit ich das beurteilen kann) nicht
verfälscht - und ich bin mit seinen Aussagen in diesem Interview
(das ich deshalb hier weiter unten einkopiert habe) zu
99 Prozent einverstanden!

d) Auch wenn ich dieses Interview (und so manche Veröffentlich-
ungen von Holger in gewissen Zeitschriften und Internet-
TV-Senden) nicht gutheißen kann, bitte ich um Verständnis
für Holgers Lage: Er wird seit Jahren in den Mainstream-Medien
totgeschwiegen! Auch die 'taz' unterscheidet sich in dieser
Hinsicht (mit der löblichen Ausnahme, daß sie über die
Machenschaften, die sich an der Uni Kiel im
Zusammenhang mit der Doktor-Arbeit Holgers in den
vergangenen Jahren ereignet haben, berichtete) nicht von
den anderen Mainstream-Medien.

Und wer kommt heute beispielsweise auf die Idee, daß
es politisch korrekt wäre, der 'taz' keine Interviews zu geben,
weil dieses Blatt einen maßgeblichen Teil zu propagandistischen
Vorbereitung des Kosovo-Kriegs spielte?
Wer boykottiert heute noch die sogenannte BILD-Zeitung?
(Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich vergleiche
hier jetzt nicht die beiden genannten Blätter mit 'Umwelt&Aktion'!
Letztere liegt um einige Kategorien unter 'taz' oder BILD...
Aber ich würde auch der 'taz' oder der BILD kein
Interview geben, um diese damit nicht aufzuwerten ;-)

e) und eigentlich unwichtig: Da ich selbst wie Holger vor
der Gründung einer gewissen Partei in einer Bunten Liste
aktiv war (und ich mich auch damals nicht als Kommunist
bezeichnete), will ich einer Einschätzung Holgers in
diesem Interview widersprechen, weil sie mir zu pauschal
erscheint: Nicht ALLE Kommunisten - zum Beispiel kannte
ich damals die Leute vom KB sehr gut - waren in den
Bunten Listen engagiert, weil sie Karriere machen wollten.
Die gab's - aber wie Holger selber sagt: In jeder Gruppe
gibts "böse" und "gute".
Ebenso überzogen erachte ich seine pauschale Aussage, die
"Anti-AKW-Bewegung [sei] in den Spitzen vom Verfassungsschutz
und der Atomlobby unterwandert". Holger hätte beispielsweise
zur Herbst-Konferenz der Anti-AKW-Bewegung kommen
und sich selbst ein Bild machen können... Sich zu einer
solchen - pauschalen - Einschätzung allein auf der Basis von
Aussagen von "Größen aus Film und Fernsehen" verleiten zu
lassen, finde ich bescheuert...
Wenn Holger Beweise hat, soll er sie auf den Tisch legen,
wenn nicht, soll er schweigen.

Vielleicht habe ich jetzt noch die ein oder andere Kleinigkeit
übersehen, bei der ich nicht mit Holger d'accord gehe - aber
qualitiativ gewichtet bin ich mit den Aussagen seines
Interviews zu 99 Prozent einverstanden!

Ciao
   Klaus Schramm


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Im Gespräch mit Holger Strohm

Nachdem ich in den bedrückenden "Genuß" der Anti-AKW-Dokumentation 
"Friedlich in die Katastrophe" gekommen war (Besprechung in Ausgabe 4-



2012), stand fest, daß ich den Produzenten Holger Strohm für "Umwelt 
& Aktiv" befragen muß. Der Herr Doppel-Doktor und Mitbegründer der 
Anti-AKW-Bewgung entpuppte sich als äußerst angenehmer und 
redegewandter Diskussionspartner, der mir sogleich das Du anbot. 
Diese freundliche Geste wurde im nachfolgenden Gespräch beibehalten, 
auch wenn es unüblich ist. In nicht ganz fernliegender alt-linker Art 



wurde mir so mancher Kraftausdruck serviert und jede Menge Munition 
für weitere Diskussionen geliefert. Holger Strohm wußte dabei zu 
überzeugen als Mann mit fester, aber gütiger Stimme, der jeden Satz 
ohne Zögern vorbrachte. Jedes Wort angesetzt wie ein chirurgischer 
Schnitt. Seine Bücher lege ich jedem Leser dringend ans Herz, ebenso 
wie den Film. Wer nach einer Filmaufführung oder einem Vortrag die 
Gelegenheit hat, mit Holger Strohm zu reden, sollte diese Chance auf 
jeden Fall nutzen. Holger spricht von seinem "letzten Versuch" - möge 



er unrecht haben und den Mächtigen dieser Welt noch lange die Stirn 
bieten!

Umwelt & Aktiv: Kommen wir direkt zu Deinem neuen Film "Friedlich in 
die Katastrophe". Er wurde von einigen Zuschauern mit Herbert Gruhls 
"Himmelfahrt ins Nichts" verglichen. Ist das für Dich ein Lob? War 
Herbert Gruhl vielleicht sogar eine Inspirationsquelle für Dich, den 
Film gerade so zu produzieren?

Holger Strohm: Das würde ich nicht sagen. Herbert Gruhl hat 
sicherlich seine Verdienste. Er ist ganz früh als echter 
Umweltschützer aufgetreten. Er ist dabei gleich von seiner Partei 
gestoppt worden und im Grunde aus der Partei herausgeekelt worden. 
Ich fühle mich allen Uweltschützern verbunden, auch wenn ich 
vielleicht eine andere politische Meinung habe. Ich habe ja viel mit 
den Anfängen der "Bunten Liste" in Hamburg zu tun. Dort haben viele 
Kommunisten mitgemacht. Denen ging es aber nicht um Umweltschutz, 
sondern nur um die politische Karriere. Die also das Thema als 
Vehikel benutzt haben.

U&A: "Himmelfahrt ins Nichts" war eine Abrechnung. Das Buch hat keine 



Hoffnung gemacht. Glaubst Du, daß Dein Film im Gegensatz zu Gruhls 
Buch Hoffnung macht?

HS: Wir haben vor einen zweiten Film zu machen und wollen dort mehr 
Alternativen einbringen. Aber dieser Film jetzt soll vor allem 
aufrütteln. Er soll den Leuten klarmachen, daß wenn wir so 
weitermachen, wir uns selbst vernichten. Daß wir unsere Kinder und 
Kindeskinder ausrotten. Es ist also eher ein Appell, eine 
Materialsammlung, daß wir unbedingt, unsere Politik ändern müssen. Da 



wird nicht so sehr Hoffnung gemacht.

Ich habe selbst kaum Hoffnung. Wenn man die Sache realistisch 
betrachtet: Ich bin jetzt 42 Jahre in der Anti-AKW-Bewegung und ich 
weiß, wie der Mensch ist. Er will es nicht wissen. Das ist ja auch 
geschichtlich verbürgt. Jede Kassandra wurde letztlich ans Kreuz 
genagelt, ermordet oder zumindest ohne Ende schikaniert. So ein 
bißchen hat man mich auch häufig mit Kassandra verglichen. Einem, der 



als erster mit Themen wie Genmanipulation oder Atomenergie und so 
weiter und so fort kam. Und deshalb habe ich natürlich kaum noch 
Hoffnung. Aber ich muß trotzdem weiterkämpfen. Ich will zumindest 
nicht teilnehmen an dem größten Verbrechen der menschlichen 
Geschichte.

U&A: Du hast nach eigenen Angaben Deine ganzen Ersparnisse in den 
Film gesteckt. Er hat 100.000 Euro in der Produktion gekostet. 1 
Million Euro hätte er gekostet, wenn nicht so viele Ehrenamtliche 
mitgewirkt hätten. Wieso opfert ein Mann seine ganzen Ersparnisse für 



so einen Film?

HS: Einmal hoffe ich natürlich, daß sich das Geld wieder irgendwie 
einspielt. Aber geht nicht um das Geld verdienen. Es geht um etwas 
Ideelles. Ich habe 42 Jahre für eine bessere Zukunft gekämpft: Gegen 
Mißstände, gegen Rechtsbruch und für die Umwelt und das ist mir ein 
Anliegen. Ich finde, das ist sehr wichtig. Ich habe das gute Gefühl, 
das Richtige zu tun. Ich bin in 42 Jahren nie gekrochen, bin immer 
aufrechten Ganges gegangen, ich habe soviel Ärger bekomen... Da wäre 
es 
wahnsinnig, jetzt meine Politik zu ändern.

Warum? Ich hätte wirklich viel Geld verdienen können, hätte mich 
korrumpieren lassen können. Man hat mir das angeboten. Ich habe 
abgelehnt und würde es auch heute ablehnen. Ich möchte aufrechten 
Ganges ins Jenseits gehen.

U&A: Eine Kritik, die nach dem Film aufkam, sowohl durch ältere 
Zuschauer, wie auch durch junge Frauen: Zu viele Kinderleichen!!! 
Soviel Elend, daß man zu der Musik hätte anfangen können zu weinen. 
Es wurde auch geweint. War das wirklich nötig?

HS: Viele Menschen haben in den vorherigen Vorstellungen geweint. 
Insbesondere viele Männer., die das auch offen gesagt haben. 
"Greenpeace" versucht seit 30 Jahren die Menschheit aufzurütteln, 
also in Deutschland. International noch viel länger. Andere 
Organisationen auch. Ich selbst habe viele Bücher geschrieben und 
viele Vorträge gehalten. Ich habe dabei gemerkt, daß es eine Schicht 
beim Menschen zu durchstoßen gilt. Eine Schicht des Nichtwissens und 
vor allem des Nicht-wissen-wollen. Eine Schicht, die nur Ereignisse 
wie Tschernobyl und Fukushima durchbrechen können und die 
Betroffenheit auslösen. Diese Schicht, diese Barriere zu durchstoßen, 



geht nur mit ganz brutaler Wahrheit.

Diese Dinge, die wir in "Friedlich in die Katastrophe" gezeigt haben, 



sind ja die Realität. Das ist keine Phantasterei. Es sind die Folgen 
der Atomenergie, die wir dort zeigen. In Hamburg hatten wir den Fall, 



daß das einigen führenden Atomgegner nicht gefallen hat, weil das zu 
pessimistisch sei. Die sind dann vn jungen Frauen gefragt worden: 
"Soll der Holger so lange lügen, bis es Dir gefällt? Was bist Du denn 



für ein Atomgegner?" Genau das trifft es. Ich fühle mich der Wahrheit 



verpflichtet und ich glaube, nur wenn die Menschen die bittere 
Wahrheit kennen, werden sie sich vielleicht aufraffen. Nur dann 
werden sie die Erkenntnis gewinnen, daß sie etwas tun müssen. Daß sie 



eine 180-Grad-Wendung vollziehen müssen.

Dies ist einer der letzten Versuche. Ich bin 70 Jahre alt. Ich werde 
jetzt fünf Jahre lang mit dem Film durch die Republik tingeln, weil 
er sonst auf allen Ebenen boykottiert wird. Das sehen wir jetzt 
schon. Es hat sich das verwirklicht, was mir renommierte 
Filmschaffende schon prophezeit haben. Ich mach das hier nicht zum 
Spaß und nicht, um reich zu werden. Ich werde auch nicht reich. Ich 
bekomme nur neue Feinde, neues Elend, neuen Ärger.

Aber danach werde ich 75 Jahre alt sein. Ich weiß nicht, wie lange 
ich das noch machen kann, wie lange ich das noch physisch durchhalte. 



Das hier ist mein letzter Versuch. Wenn es mir nicht gelingt, dann 
kann man die Menschheit praktisch aufgeben. So bitter das klingt. Ich 



mache das auch nicht für meine Generation oder die darunter. Die 
sollen sich verdammt nochmal selber wehren. Und wenn sie zu dumm oder 



zu bequem sind, dann sollen sie untergehen, dann haben sie es 
verdient. Ich mache es für die Kinder und die Ungeborenen, die sich 
nicht wehren können. Ich empfinde es als das schlimmste Verbrechen 
überhaupt, wenn wir unsere eigenen Kinder und Kindeskinder ausrotten.

U&A: Der Film ist hochgradig professionell. Er könnte in jedem 
Fernsehprogramm zu Hauptsendezeit laufen. Es wäre ihm zu wünschen, 
wird aber wohl nicht so kommen. Aber Du hast jedenfalls Hilfe bzw. 
Helfer gehabt. Kannst Du uns darüber mehr erzählen?

HS: Natürlich. Das sind junge Absolventen der Medienakademie, die 
sich innerhalb des Studio Hamburgs befindet. Es gibt dort also einen 
direkten Praxisbezug. Der Regisseur ist ein junger Pole. Der hat auch 



andere Filme gemacht, in denen man sein Talent bereits sehen konnte. 
Er ist sehr engagiert. Da ist ein weiterer Absolvent, der die 
Animationen gemacht hat in dem Film. Der hat daran ein ganzes Jahr 
gesessen.

Man muß sich das mal vorstellen. Zu ihm, dem Regisseur, habe ich 
gesagt daß wir jetzt noch den zweiten Film machen müssen, als Bonus-
DVD. Da hat er zu mir gesagt, sein Konto sei mit 1.500 Euro überzogen 



und er würde aus der Wohnung fliegen, weil er seine Miete nicht 
zahlen könne. "Ich kann nicht mehr, ich muß arbeiten und Geld 
verdienen", sagte er. Da haben wir Gott sei Dank einen gefunden, der 
dem jungen Mann ein zinsloses Darlehen gewährt hat, damit er 
weiterarbeiten kann. Denn der Film ist wichtig. Wir haben also viele 
Leute, die ideell hinter uns stehen. Auch aus dem Lager der sehr 
etablierten Film- und Fernsehschaffenden.

Dann sind da noch diese jungen Kameraleute. Die sind überall mit uns 
hingefahren. Gut, das habe ich finanziert, also die Fahrten, das 
Essen. Aber sonst haben wir noch gar nichts bezahlt.

Man muß sich das vorstellen: Junge Menschen, die drei Jahre lang 
umsonst an dem Film arbeiten und selbst ihre Rechnungen gar nicht 
mehr bezahlen können. Wieviel Idealismus haben die?

U&A: Drei Jahre? War es nicht ein Jahr?

HS: Ja, das ist zu unterscheiden. Der Regisseur hat drei Jahre lang 
dran gearbeitet, der mit den Animationen ein Jahr, der die Musik 
gemacht hat, mehrere Monate. Die Kameraleute sind ständig mit uns 
herumgefahren und haben die Aufnahmen gemacht. Wir sind ja überall 
durch die Republik gefahren: Nach Berlin, nach Frankfurt. Um Leute zu 



interviewen, aber auch um die richtigen Aufnahmen zu bekommen.

U&A: Im Film fällt insbesondere das Alter der befragten Experten auf. 



Eigentlich ist nur die sogenannte Vollzeitaktivistin ein Repräsentant 



der jüngeren Generation. Alle anderen sind sehr alt bzw. heute schon 
tot. Haben sich denn kein jüngeren Wissenschaftler finden lassen?

HS: Da gibt es zwei Probleme. Erstens. Um sich solch ein Wissen 
anzueignen braucht man Zeit. Ich meine, ich lerne jeden Tag dazu, 
seit ich aus der Schule heraus bin. Die Schule hat das nicht bei mir 
verhindern können. [Holger lacht] Für mich ist Lernen ein Hochgenuss. 



Und viele dieser Menschen im Film sind ja richtig kantige 
Wissenschaftler. "Prof. Dr. Dr." usw., die aufgrund ihrer 
Atomgegnerschaft viel Ärger bekommen haben, angefeindet worden sind, 
ihre Arbeit verloren haben. Aber es sind Hochkarätige! Und es stimmt, 



die sind alle um die 70 oder älter oder zum Teil tot. Man benötigt 
halt seine Zeit.

Zweitens. Das kommt hinzu bei den jungen Leuten. Sie haben Angst, daß 



sie nachher Berufsverbote bekommen, was durchaus begründet ist. Ich 
selbst habe drei Berufsverbote für mein Engagement bekommen.

U&A: Das ist eine gute Überleitung. Du hast einschlägige 
Berufserfahrungen als Sachverständiger auf höchster Ebene: Für die US-



ERDA in Fragen Reaktorsicherheit, für den Vorsitzenden des US-Senates 



Committee on Government Operations in Sachen Atombombenexport und 
nuklearen Terrorismus sowie für den Innenausschuß des Deutschen 
Bundestages in Sachen Reaktorökonomie und Reaktorsicherheit. Warst Du 



damals schon Atomgegner? Ab wann hat sich diese Gegnerschaft bei Dir 
entwickelt und welche Folgen hatte das für Dich?

HS: Ich habe eine technische Ausbildung. Ich habe Fertigungstechnik 
studiert und war Ingenieur. Ich bin dann nach Nordamerika gegangen, 
wo ich als Rationalisierungsingenieur gearbeitet habe. Dann hat man 
bei mir ein Organisationstalent entdeckt. Man mußte dort ja vor jeder 



Einstellung Intelligenztest und Tests aller Art machen. Und man hat 
dann sehr schnell ein paar besondere Begabungen bei mir entdeckt und 
so wurde ich Industrieberater für Firmen wie IBM, Honeywell usw.

Ich war immer schon etwas kritisch, auch in Umweltdingen. Aber ich 
hatte damals noch an ganz andere Dinge gedacht. Ich wollte Karriere 
machen.

Dann bin ich Ende 1969 zurück nach Deutschland gekommen. Erst wollte 
ich nach Schweden, wo ich vorher auch gelebt hatte. Ich hatte dort 
sehr schöne Erfahrungen gemacht. Ich habe die Schweden geliebt. 
Allerdins sind die Schweden heute ganz anders. Das von früher ist 
alles weg. Und dann habe ich Industrieberatung in Deutschland gemacht 



und begann, mich für den Umweltschutz zu engagieren. Der Auslöser war 



eigentlich, daß meine ex-Frau, eine Schwedin aus Kanada, mir 
Umweltschutzbücher geschickt hat. Ich habe das gelesen und in meiner 
Naivität habe ich mir gedacht: "Wenn die Menschen das wüßten, was da 
auf uns zukommt, dann werden sie sich ändern."

Ich bin daraufhin angefangen, selber Bücher zu schreiben. Ich habe 
damals in Düsseldorf gewohnt, wo es eine sehr gute medizinische 
Bibliothek gab, in der ich mir das Notwendige herausgesucht habe. Ich 



habe dann z.B. den "Umweltschutzreport" geschrieben, in dem Willy 
Brandt, Olof Palme, Pierre Trudeau - also alles Regierungschefs - und 



die Koryphäen der Welt Beiträge veröffentlicht hatten. Ein sehr gutes 



Buch, das damals von den Medien völlig totgeschwiegen wurde.

Das führte dann zu meinem Berufsverbot in der Industrie. Ich hatte 
zwar ein Wissen, das Deutschland damals um Jahrzehnte voraus war. 
Denn Amerika war damals sehr weit in der Technik und ich war ja an 
der Quelle als Berater in den fortschrittlichsten Firmen. Aber es kam 



ein totales Berufsverbot.

Das führte dazu, daß ich Erziehungswissenschaften an der Universität 
Hamburg studiert habe. Und gleichzeitig habe ich Proseminare, 
Mittelseminare und Hauptseminare gegeben. Ich habe praktisch als 
Student und Professor gleichzeitig gearbeitet. Zu dieser Zeit habe 
ich mit Olof Palme gute Beziehungen gehabt. Er war damals noch nicht 
schwedischer Premierminister, sondern Erziehungsminister. Er war sehr 



unzufrieden mit dem damaligen schwedischen Schulsystem. Ich habe ihm 
dann Vorschläge für die "Neue Schwedische Schule" gemacht. Das waren 
sehr extreme Vorschläge: Keine Zensuren, kein Sitzenbleiben, die 
Schüler entscheiden selbst, worüber sie lernen. Und Olof Palme hatte 
gleiche Ideen. Aber er hat das alles für so futuristisch gehalten, 
daß er sich gar nicht getraut hatte, darüber überhaupt zu reden oder 
das gar umzusetzen. Da er aber viel von mir gehalten hatte, und er 
war einer der klügsten Politiker, die wir jemals hatten, hat er sich 
dazu entschlossen, Stockholm in zwei Hälften zu teilen. Die eine 
Hälfte wurde nach dem alten Prinzip unterrichtet und die andere nach 
dem neuen. Und siehe da, das Ergebnis war nach einigen Jahren 
eindeutig. Nach dieser neuen Methode haben die Schüler viel, viel 
mehr gelernt. Sie haben viel lieber gelernt und mir Freude. So wurde 
durch Olof Palme und mich die "Neue Schwedische Schule" die Grundlage 



für die Skandinavische Schule. Der Unterschied zu Finnland ist dabei 
die konsequentere Umsetzung. Aber auch Norwegen und Dänemark haben 
die gleichen Systeme übernommen.

Nachdem ich dann mein Buch "Friedlich in die Katastrophe" 1981 in der 



neuen, überarbeiteten Auflage herausgebracht hatte, bekam ich das 
nächste Berufsverbot als Lehrer. Ich war ein sehr guter Lehrer. Ich 
war im Lehrplan- und Prüfungssausschuß der Stadt Hamburg. Von daher 
weiß ich, daß meine Schüler immer mit einer ganzen Zensur besser 
abgeschnitten haben, als die anderen Klassen. Dennoch hat man mich 
kurzerhand als "querulatorischer Paranoider" in den Ruhestand 
versetzt - so wie die Finanzbeamten in Frankfurt, die auch den 
reichen Steuerhinterziehern ans Leder wollten. Das hat man ihnen 
nicht verziehen.

Dann nach Tschernobyl wurde ich praktisch gezwungen, ins Exil zu 
gehen, weil man mir gedroht hat, da meine Kinder sonst "verunglücken" 



könnten. Die waren damals noch ganz klein, so 3 und 4. Da ich wußte, 
daß man mir über Interna berichtete, die nur ich wissen konnte, habe 
ich damals gefragt, ob die vom Verfassungsschutz oder von der 
Atomlobby kommen. Da hatte man mir gesagt, das war ein Anwalt: "Das 
spielt in Ihrem Fall keine Rolle. Da sind wir uns alle einer Meinung, 



daß Sie raus müssen aus Deutschland. Ganz schnell und möglichst weit 
weg." Ich habe gewußt, daß das Ernst war. Ich bin dann für zehn Jahre 



nach Portugal gegangen.

Als ich wiederkam, hat man mich abgestraft, indem man alle meine 
Bücher vom Markt genommen hat. Eingestampft oder ich konnte sie als 
Ramschware übernehmen. Danach wurde ich meine Bücher nicht mehr los. 
Ich habe meinen eigenen Verlag gegründet, "Wider die Zensur". Aber 
auch der wurde systematisch von den Buchhandlungen boykottiert. 
Einige haben es gewagt und dann Besuch bekommen und mir die Bücher 
wiedergegeben, die sie nicht verkauft hatten.

Jetzt nach Fukushima sind wieder kleine Verlage dazu bereit, Bücher 
von mir zu veröffentlichen. Ich habe praktisch drei Berufsverbote 
bekommen.

U&A: Wenn wir über Berufsverbote sprechen, dann meinst Du aber die 
perfide Ausgrenzung durch das "Establishment". Durch, die, die über 
Einstellung und Entlassung bestimmen. Wir wissen ja, wie diese 
Mechanismen funktionieren. Denn Du hast ja nicht irgendwelche 
gerichtlich verordnete Berufsverbote erhalten, wie die Entziehung 
einer ärztlichen Approbation.

HS: Nein, ganz sicher nicht. Berufsverbote sind ja an sich nicht 
erlaubt. Damals hatten mich übrigens Manfred Bissinger [früherer u.a. 



Chefredakteur des "Stern" und Pressesprecher von H.U. Klose] und Hans 



Ulrich Klose [damals Oberbürgermeister von Hamburg] vor dem 
Berufsverbot als Lehrer bewahrt. Sie haben gesagt, "der Holger ist 
kein Kommunist. Der ist zwar links, aber er ist ein Radikaldemokrat 
und das ist eine Sauerei, was mit dem gemacht wird."

Und nach dem Berufsverbot als Ingenieur hat man im Zentralarbeitsamt 
in Hamburg gesehen, daß ich völlig überqualifiziert bin. Die haben 
mich zu verschiedenen Firmen geschickt und die Personalchefs dort 
haben gesagt: "Herr Strohm, ich sollte Ihnen das vielleicht nicht 
sagen, aber sie stehen auf der Liste. Ich kann sie nicht einstellen. 
Ich finde es eine Sauerei, daß das jemandem passiert, weil er sich 
für Umweltschutz einsetzt. Aber ich kann da auch nicht drüber reden, 
denn sonst fliege ich selber."

U&A: Das Stichwort Kommunismus paßt an dieser Stelle sehr gut. Mir 
ist aufgefallen, daß die Kommentare Deines Films "Friedlich in die 
Katastrophe" von einer Art "Umsturzrhetorik" geprägt sind, die eher 
nach typisch linkem O-Ton klingt. Wir sind uns hoffentlich einig, daß 



man am Wortlaut schon häufig erkennt, ob eine Kritik oder ein Aufruf 
von "links" oder von "rechts" kommt, wenn Du diese klassische 
Schublade hier erlaubst. Fazit: Die Wortwahl im Film ist "links" (und 



es wird zudem oft von Atomkraft als "Super-Hitler" und so ähnlich 
gesprochen). Aber andererseits arbeitest Du auch mit Prof. Michael 
Voigt vom "Alpenparlament" und "Schild Verlag" zusammen, den man erst 



einmal in die "rechte" Ecke stellen würde. Wo verortest Du Dich 
selbst politisch? Gibt es Grenzen der Zusammenarbeit oder 
Unvereinbarkeiten?

HS: Ich selber bin ein linker Anarchist. Und zwar nicht ein 
Anarchist, der Bomben legt, sondern einer, der nicht fremdbestimmt 
werden will, der selber denkt.

Ich bin auch gegen große Organisationen. Wir sehen das aktuell an der 



Anti-AKW-Bewegung, daß sie in den Spitzen vom Verfassungsschutz und 
der Atomlobby unterwandert ist. Ich bin dafür, daß man kleine Gruppen 



hat, die man nicht unterwandern kann. Ich bin auch für "weniger ist 
mehr". Diesen ganzen großen Strukturen, wie z.B. die Globalisierung - 



wenn da ein Land kippt, kippt die ganze Welt. Das ist Wahnsinn! Oder 
diese Atomkraftwerke - wenn da eins kaputtgeht und alle anderen 
abgestellt werden müssen. Dann haben wir keinen Strom mehr. Ich bin 
mehr für das kleine Kraftwerk auf dem Dach oder im Keller und für 
kleine Dinge. Das alles verstehe ich unter Anarchismus.

Ich bin außerdem sehr sozial. Ich habe damals in Schweden meine 
glücklichste Zeit erlebt. Zur Zeit Olof Palmes. Schweden war 
ungeheuer sozial. De Arbeiter hatten einen ungeheuer hohen 
Bildungsstand. Das war für mich das Paradies. Daran habe ich mich 
orientiert. Ich bin in jeder Hinsicht sehr sozial. Jeder, der mich 
kennt, wird das bestätigen.

Aber ich habe mich immer dagegen gewehrt, daß man sagt: "Mit den 
Schmuddelkindern, mit den Kommunisten, den Nazis oder den den, darfst 



Du nicht spielen!" Ich habe vor Maoisten, vor Stalinisten Vorträge 
gehalten, aber auch vorm Kreis für Konservative Politik oder an der 
Marine Unteroffiziersschule und das werde ich auch weitermachen. Ich 
grenze nicht aus und ich will auch nicht ausgegrenzt werden. Jeder 
Mensch hat ein Recht auf einer Meinung und wenn er dazulernen will, 
bin ich gerne bereit, ihm dabei zu helfen.

Ich sehe es so: Es gibt selbst unter Nazis gute gute Menschen und es 
gibt selbst unter Linken sehr böse Menschen. In jeder Gruppierung 
gibt es gute und böse Menschen. Für mich ist die politische 
Überzeugung kein Maßstab. Aber für mich es ein Maßstab, ob man gegen 
Atomenergie ist, ob man für die Menschheit ist, ob man ein guter 
Mensch ist. Das Tun ist wichtig und nicht, was man sagt.

Das ist dieses Schubladendenken. "Das ist ein 
Verschwörungstheoretiker!" Die kritische Intelligenz wird bei uns 
kaltgestellt durch Schlagwörter. Schublade auf, rein in die Schublade 



und zack, schon braucht man nicht mehr zu überlegen. Dagegen bin ich 
völlig. Gegen diese Verleumdungstaktiken.

Mit mir als Atomgegner hat sich auch nie jemand sachlich und fachlich 



auseinandergesetzt. Man hat mich einfach nur verleumdet: Als 
"Radikalkommunist", der aus Moskau bezahlt wird, um die freiheitlich 
demokratische Grundordnung zu beseitigen; als "bekennender Nazi", als 



"Rechtsradikalen Verschwörungstheoretiker". Ich meine, das paßt doch 
alles nicht zusammen. Entweder ist man das eine oder das andere und 
für meine Gegner bin ich alles gewesen.

Wenn man Menschen verleumden muß, weil man ihre geistigen Fähigkeiten 



fürchtet, und ihr Wissen, dann sind wir wirklich in einem schlimmen 
Land gelandet. Und wir haben ja unsere Erfahrungen gemacht mit dem 
Dritten Reich und der DDR. Müssen wir das jetzt noch in Perfektion 
viel, viel geschickter erneut wiederholen? Merken die Menschen nicht, 



was man mit ihnen macht? Das finde ich bestürzend.

U&A: Du bist nicht nur Anti-AKW-Aktivist, Du bist nicht nur 
Erziehungswissenschaftler und nicht nur Naturwissenschaftler. Du hast 



auch zu den Themen Kunst und Philosophie publiziert. Dies offenbart 
ein gesamtheitliches Denken im großen Ausmaß. Ist diese 
Vielseitigkeit für Dich ein menschliches Idealbild?

HS: Ich vernetze alles miteinander. Ich bin kein Fachidiot. Es gibt 
ja Wissenschaftler, die sehen den Wald vor Bäumen nicht. Sie kreisen 
mit einem Fernglas über dem Boden und sehen das Ganze nicht. Ich habe 



immer versucht, alles zu sehen. Die "Christlichen Demokraten gegen 
Atomkraft", also die Atomkraftgegner in der CDU, haben mich als das 
letzte Universalgenie Deutschlands bezeichnet. So bezeichnet zu 
werden, ist wirklich eine Ehre. Im Ausland gelte ich als bedeutender 
kritischer Denker Europas, weil ich im Ausland über sehr viele Themen 



veröffentlicht habe und man viele Interviews mit mir gemacht hat.

Diese Beschränktheit des Denkens, die lehne ich ab. So wie ich auch 
diese Ausgrenzungen ablehne. Ich will frei denken. Ich will möglichst 



viel verstehen. Soziale Systeme, politische Systeme, ökologische 
Systeme sind sehr komplex. Wenn man die fachwissenschaftliche 
Literatur dazu durchliest, dann versteht das keine Sau. Es geht nur 
darum, daß man möglichst viele Fremdwörter benutzt, um möglichst 
wissenschaftlich zu gelten. In Amerika ist das völlig umgekehrt. Dort 



verlangt man von einem Wissenschaftler von Format, daß er sich so 
ausdrückt, daß ihn jeder versteht. Genau das versuche ich zu 
erfüllen. Ich bin praktisch ein Übersetzer von komplexen 
wissenschaftlichen Zusammenhängen zu leicht verständlicher Sprache, 
die ich darstelle.

U&A: Viele Menschen beschäftigen sich aber heutzutage eher mit einem 
Thema. Sei es ein Steckenpferd oder eine politische Aktivität. 
Würdest Du sagen, der Mensch soll generell vielseitig sein oder ist 
es für Dich in Ordnung, wenn jemand sagt: Ich mache nur Anti-AKW, ich 



mache nur Tierschutz, ich mache nur meinen Sportverein?

HS: Ich bin kein Mensch, der den anderen Vorschriften macht. Jeder 
muß nach seiner Fasson glücklich werden. Das ist schon schwierig 
genug. Aber es ist natürlich erstrebenswert, im Sinne von Goethe, 
Schiller, also im Sinne unserer deutschen Tradition, auf die wir 
stolz sein können, wie Humboldt und alle diese Leute, die den 
Universalgelehrten haben wollten, nach Mehr zu streben.

Ich bin ein furchtbar neugieriger Mensch. Ich genieße, dazuzulernen. 
Jeden Tag lese ich und lerne neu dazu und bringe schwierige 
Zusammenhänge zusammen und übersetze sie auch für mich. Um sie für 
mich selber verständlich zu machen und auch für andere verständlich 
zu machen. Wer meine Bücher liest, der merkt, daß diese ganzen 
komplexen Zusammenhänge, die eigentlch niemand verstehen kann, daß 
diese so aufbereitet werden, daß sie jedem klar werden.

Um Dinge zu ändern, muß man Menschen auf einen höheren Bildungsstand 
bringen. Und das kann ich zum Beispiel durch meine Bücher erreichen - 



sofern sie denn verlegt werden. Und dann sind wir wieder bei den 
großen Medien, die meine Bücher systematisch totschweigen. Sie 
sabotieren dadurch mich, aber auch die Menschheit. Denn es kann ja 
nicht schaden, wenn die Menschheit klüger wird. Aber man will uns so 
dumm wie nur möglich halten.

Dafür dient übrigens auch die Schule. Die Schule ist nicht etwa dazu 
da, um uns klüger zu machen. Sie ist dazu da, um uns anzupassen, um 
uns als Arbeitssklaven verwendungsfähig zu machen. Auch dagegen 
kämpfe ich. Aber das ist richtig schwierig, fast unmöglich, etwas zu 
ändern. Da hat der Staat seine Hand drauf.

U&A: Hast Du ein Vorbild, was dieses Bildungsideal angeht?

HS: Ich habe eigentlich kein Vorbild. Es gibt natürlich gute 
Menschen, wie z.B. Albert Einstein oder Albert Schweitzer. Oder 
solche, die wir in "Friedlich in die Katastrophe" gezeigt haben. 
Besonders Sir Prof. Dr. Siegwart-Horst Günther. Er hat sechs 
Doktortitel. Er ist ein Mensch gewesen, der in 30 Nationen die 
höchsten Auszeichnungen bekommen hat. Er hat Krankenhäuser bauen 
lassen in Nahost, Syrien, Irak. Medizinstudenten wurden nach seinen 
Büchern ausgebildet. Er ist ein ausgesprochener Gutmensch. Er hat 
unter Hitler im KZ gesessen. Später wurde er in Deutschland 
inhaftiert, weil er den Nachweis erbracht hat, daß die Alliierten 
Uranmunition verwenden. Und dann hat man dreimal versucht, ihn zu 
ermorden. Beim dritten Mal hat ein Geländewagen in der Nähe von 
München, ohne Nummernschild, der über den Fahrradweg gedonnert ist, 
ihn auf dem Gehweg erwischt und so schwer verletzt, daß er heute im 
Rollstuhl in Husum liegt, körperlich und geistig behindert. Dieser 
Mensch wird in der ganzen Welt verehrt, in Deutschland aber ist er 
nicht bekannt.

U&A: Ich möchte noch einmal auf das Thema Atomkraft zurückkommen. Du 
hast mehrfach betont, daß die Spitzen der Anti-AKW-Bewegung 
unterwandert seien. Nun ist es jedoch so, daß die Anti-AKW-Bewegung 
immer noch eine sehr gut organisierte und schlagkräftige Truppe zu 
sein scheint, mit mutigen Aktivisten. Was bringt Dich denn zu der 
Annahme, daß es so ist, wie Du sagst? Das wird ja niemand zugegeben 
haben.

Ich möchte keine Namen nennen. Größen aus Film und Fernsehen haben 
mir bestätigt, daß diese Bewegung völlig unterwandert sei und diese 
Leute sind immer sehr gut informiert. Die haben auch gar kein 
politisches Interesse, denn die sind mit Geldzählen beschäftigt. Aber 



diesen Fernsehgrößen ist "Friedlich in die Katastrophe" auch sehr 
unter die Haut gegangen. Sie haben mir damals schon prophezeit, daß 
wir keine Förderung bekommen, daß er in Deutschland nicht bei 
Filmfestivals gezeigt wird, nicht in die Kinos kommen wird, nicht ins 



Fernsehen und auch nur schwer in die Programmkinos. Man hat mir 
prophezeit, daß uns die Spitzen der Anti-AKW-Bewegung anpinkeln 
werden, weil diese Bewegung unterwandert ist. Alle 
Umweltschutzbewegungen sind unterwandert worden, auch Gruppierungen 
wie "Amnesty International" oder "Attac" usw. Da braucht man sich 
keinen Illusionen hingeben. Ich nenne auch keine Namen. Die haben 
sich zum Teil selbst geoutet, indem sie, wie "Greenpeace" meint, der 
Film sei die schärfste Waffe, indem sie genau gegen diesen Film 
schießen. Im Hintergrund wühlen sie, indem Bürgerinitiativen, die den 



Film zeigen wollen, anrufen und versuchen, die Aufführung zu 
verhindern. Wo der Staat versagt und wo also noch alternative Kinos 
und Bürgerinitiativen den Film zeigen wollen, da kommen diese 
korrumpierten Spitzen ins Spiel und versuchen das zu verhindern.

Viele von denen haben sofort kapiert, was los ist und haben mich 
sofort angerufen. Aber wie gesagt, ich bin kein Denunziant und werde 
hier niemanden nennen. Die Zustände sind schlimm genug. Es reicht, 
daß die Menschen das mitbekommen und ihre eigenen Schlüsse daraus 
ziehen.

U&A: Aber die Anti-AKW-Bewegung an sich funktioniert noch.

HS: Die Basis. Die Basis bei den Grünen, in der Anti-AKW-Bewegung, in 



der Umweltschutzbewegungen oder auch bei "Attac". Die Basis ist in 
Ordnung und die versuche ich auch zu erreichen. Ich mache das nicht 
für die Spitzen. Die grünen Spitzen wollen nur Karriere machen. Die 
sind unglaubwürdig geworden. Aber auch in der SPD. Wen hatten wir da 
als Umweltschützer? Michael Müller und Hermann Scheer [Träger des 
Alternativen Nobelpreises 1999 für seinen Einsatz für Solarenergie - 
Anm.d.Red.]. Die hat man kaltgestellt. Oder Herbert Gruhl in der CDU: 



Kaltgestellt. Radkau: Kaltgestellt, obwohl der ja ziemlich beweglich 
war. Aber wer es ernst meint, wird sofort abgeschossen. So jemand 
kann sich da oben nicht halten. Deswegen versuche ich das auch gar 
nicht.

Oben ist die selektive Auslese. Das sind die Menschen, die 
narzistisch sind, die psychisch krank sind. Denen geht es nur um 
Macht und nicht um die Sache. Die nutzen alles nur als Vehikel zur 
Macht und zu den Schmiergeldern benutzen. Diese Menschen sind nicht 
heilbar, sie sind in meinen Augen schwer krank.

Aber die Basis, denen fühle ich mich verbunden. Dort habe ich meine 
Anhänger, die meine Bücher gelesen haben. Die werden auch dafür 
sorgen, daß "Friedlich für die Katastrophe" ein Erfolg wird.

U&A: Nun ist der Müll aber schon da. Der Film stellt das sehr 
eindrucksvoll und beispielhaft dar, daß der Atommüll uns noch eine 
Ewigkeit beschäftigen wird. Daß heute durch mich ein Atomteilchen 
geht, das einst auch Goethe durchstoßen hat und noch meine 
Urenkelkinder durchdringen wird, ohne zu zerfallen. Wie geht´s 
weiter? Wo ist die Hoffnung?

HS: Das ist der Wahnsinn! Wir produzieren Müll, von dem wir nicht 
wissen, wohin damit. Und da ist das, wo das Bundesverfassungsgericht 
falsch entschieden hat. Obwohl im Atomgesetz steht, daß die 
Entsorgung gesichert sein muß, haben die Richter einfach gesagt, das 
ist gesichert, fertig aus! Obwohl das gar nicht stimmt. Keiner weiß, 
wohin mit dem Müll. Die Schweden wollen das in Kupferbehälter 
einlagern und mit Gold umziehen und in Granitlöcher versenken. Das 
ist ein ungeheurer Aufwand, auch mit der ganzen Überwachung. Das 
scheint aber noch die beste Lösung zu sein.

Aber Plutonium, die gefährlichste Substanz überhaupt, die läßt sich 
nicht kontrollieren. Plutonium marschiert mehrere Meter pro Jahr 
durch den härtesten Granit. Es verdampft, es geht in die Luft, es 
regnet wieder ab. Plutonium läßt sich nicht kontrollieren und andere 
Substanzen auch nicht. Auch nicht mit der "schwedischen Methode".

Da haben wir wirklich einen faustischen Paket gegründet - mit dem 
Teufel. Anders kann man es nicht sehen. Und diese 
Verantwortunslosigkeit der Politiker und der Industrie, die wahrlich 
über Leichen geht und über künftige Generationen, die keine Wahl mehr 



haben werden, die alles ausrotten, nur weil sie damit Geld machen 
können: So etwas entsetzt mich. Und diese Leute werden uns von den 
Medien als Gutmenschen verkauft. Als "Leistungsträger". Diese 
Schmierenjournalisten, die das dann schönschreiben haben auch noch 
selber Kinder. Anscheinend geben sie einen Dreck darauf, was mit 
deren Kindern und Kindeskindern geschieht. Es ist einfach 
entsetzlich. Soviel Bösartigkeit. Soviel kriminelle Energie, die sich 



dort entlädt. Da könnte ich nur noch kotzen!

U&A: Lieber Holger, ich danke Dir für das Gespräch.

Über Holger Strohm

Holger Strohm, Jahrgang 1942, ist Dr.-Ing. und Dr. phil. (Näheres zu 
seiner beruflichen Tätigkeit findet sich im Gespräch). 1978 wurde 
Strohm aus der SPD ausgeschlossen, da er als Spitzenkandidat für die 
Hamburger "Bunte Liste - Wehrt Euch" antrat. Die FAZ schreibt am 
25.4.2011 über Strohm: "Holger Strohm war in den frühen siebziger 
Jahren der erste ernstzunehmende Kritiker der Atomindustrie in 
Deutschland." Die TAZ schreibt am 29.6.2012 über ihn: "Strohm ist 
eine Figur der Zeitgeschichte. Anfang der 1970er sorgt er dafür, daß 
der Umweltschutz öffentliche Aufmerksamkeit bekommt - als Publizist 
und als Netzwerker, der es versteht, Politiker wie den kanadischen 
Premier Pierre Trudeau oder den schwedischen Ministerpräsidenten Olof 



Palme für sein Anliegen zu gewinnen. Auch Mao Zedong war ihm 
zugetan." Das Buch "Friedlich in die Katstrophe" ist ein 
Grundlagenwerk der Anti-AKW-Bewegung. Weil er auch Chemtrails und 
andere Versuche der Wetterkontrolle in seinen Arbeiten thematisiert, 
wird er von den Etablierten immer wieder als Verschwörungstheoretiker 



diffamiert. An seiner fachlichen Kompetenz ändert dies jedoch nichts.

Zu seinen aktuellsten Büchern gehören:

"Das Wunder des Seins und seine Zerstörung", Sokrates Verlag 2010
"Bankenmafia", Schild Verlag 2012

Kontaktmöglichkeiten, Presseberichte, Interviews und vieles mehr 
finden sich auf der offiziellen Netzseite von Holger Strohm: 
www.holger-strohm.npage.de 



Mehr Informationen über die Mailingliste fessenheim-fr