[fessenheim-fr] Italiens Atom-Ausstieg bestätigt

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Mi Jun 15 16:34:48 CEST 2011


Hallo Leute!

Aus irgendwelchen technischen Gründen (, die ich
bislang nicht aufklären konnte) ist der Beitrag über
Italien vom Montag nicht über diese Mailingliste
versendet worden. Hier also...

Ciao
   Klaus Schramm


13.06.2011

Berlusconi gescheitert
Italiens Atom-Ausstieg bestätigt

Die italienischen WählerInnen haben sich in einem Anti-Atom-
Referendum deutlich gegen den Wiedereinstieg Italiens in die 
Atomenergie ausgesprochen. Der italienische Ministerpräsident hat 
damit erneut eine schwere Niederlage einstecken müssen. Es bleibt 
daher bei dem in Italien vor zwei Jahrzehnten realisierten Atom-
Ausstieg.

Nach Auszählung der Stimmen in einem Drittel der Wahllokale ergab 
sich am Montagabend eine klare Mehrheit von über 90 Prozent gegen die 
von der italienischen Regierung unter Berlusconi beschlossene 
"Renaissance der Atomenergie". Das noch Anfang des Monats als 
besonders schwer zu überwinden eingeschätzte Quorum von 50 Prozent 
der Wahlberechtigten wurde vermutlich bei einer Wahlbeteiligung von 
57 Prozent deutlich erfüllt. Für den italienischen 
Ministerpräsidenten bedeutet dies eine weitere schwere Niederlage 
nach den Kommunalwahlen vor zwei Wochen. Ende Mai hatte Berlusconis 
Partei PdL bei den Kommunalwahlen die Bürgermeisterämter in mehreren 
wichtigen Städten verloren, darunter in Berlusconis Geburtsstadt und 
ehemaliger Hochburg Mailand.

Berlusconi versuchte das absehbare Ergebnis des Referendums bei einer 
Pressekonferenz mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin 
Netanjahu herunterzuspielen. Er kündigte ein stärkeres Engagement der 
italienischen Regierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien an. 
Dieser wurde in den vergangenen Jahrzehnten stark gebremst und so 
geriet das Land in eine Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten und von 
Stromlieferungen aus dem Ausland.

In Italien stehen bei einem Referendum meist mehrere Fragen zur 
Entscheidung. So durften die WählerInnen diesmal auch über ein Gesetz 
zur Privatisierung der Wasserversorgung und ein "Amnestiegesetz" für 
Berlusconi und sein Kabinett entscheiden. Auch in diesen beiden 
Fällen gab es allem Anschein nach deutliche Mehrheiten gegen die 
Gesetze, die damit gekippt sind. Berlusconi hatte auf eine geringe 
Wahlbeteiligung beim Referendum gesetzt und ebenso wie eine Reihe 
seiner Minister angekündigt, nicht abstimmen zu gehen. Vielen 
BürgerInnen war dabei der Widerspruch zu den ansonsten stets in 
Berlusconis Kommerz-Medien zu hörenden Tiraden gegen "Wahlmüdigkeit" 
aufgefallen.

Die hohe Wahlbeteiligung am italienischen Referendum zeigt, daß die 
BürgerInnen sehr wohl erkennen können, ob ihre Stimmabgabe etwas zu 
bewirken vermag oder nicht. Die in den Mainstream-Medien ganz Europas 
verbreitete Erklärung, wonach die bei Parlamentswahlen stetig 
zurückgehende Wahlbeteiligung ihre Ursache in "Politikverdrossenheit" 
habe, ist nun zumindest in Italien widerlegt. Wer allerdings 
vorrangig den Interessen einer Minderheit dient, wird kaum jemals 
zugeben, daß statt von "Politikverdrossenheit" von 
"Parteienverdrossenheit" die Rede sein müsste.

Im Jahr 1987 hatte ein Referendum in Italien zum Atom-Ausstieg 
geführt. Drei Atomkraftwerke wurden stillgelegt und ein viertes, 
nahezu fertiggestelltes, wurde zu einem Öl-Gas-Kraftwerk umgerüstet. 
In Italien war noch Anfang des Jahres 1986, vor der Reaktor-
Katastrophe von Tschernobyl, der Bau von weiteren zehn 
Atomkraftwerken geplant. Der italienische Atom-Ausstieg ist außerhalb 
Italiens wenig bekannt, da hiervon in den Mainstream-Medien kaum 
einmal die Rede ist.

Obwohl der italienische Atom-Ausstieg innerhalb einer kurzen Frist 
durchgesetzt werden konnte, versuchte Berlusconi mehr als zehn Jahre 
später im Jahr 2003 in der abgelegenen Region Basilicata ein Endlager 
für radioaktiven Müll einzurichten. Die Bevölkerung befürchtete, 
Italien könne zum Importland für Atommüll werden. Erst nach heftigen 
Kämpfen gab die italienische Regierung die Pläne auf. Im Frühjahr 
2009 jedoch machte Berlusconi erneut einen Vorstoß: Er verkündete nun 
gar eine "Renaissance der Atomenergie" und den Neubau von 
Atomkraftwerken in Italien.


REGENBOGEN NACHRICHTEN


Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Italien: Referendum über Atomenergie
      kann nun doch weitergehen (1.06.11)

      Merkels "Atom-Ausstieg"
      Täuschungsversuch wie vor 11 Jahren
      Wie Kretschmann 2002 einen
      "politischen Selbstmord" überlebte (30.05.11)

      Atom-Ausstieg in der Schweiz?
      Regierung versucht Volksverdummung (26.05.11)

      Anti-AKW-Referendum in Sardinien
      97,64 Prozent gegen Wiedereinführung (17.05.11)

      USA: Die Atom-Mafia steht über dem Gesetz
      Meldepflicht häufig ignoriert (1.04.11)

      AKW-Neubau?
      Die große Propaganda-Offensive (3.07.10)

      Obama verspricht
      Bau neuer Atomkraftwerke in den USA (30.01.10)

      Anti-AKW-Demo in Italien:
      "Es bleibt beim Atom-Ausstieg!" (4.11.09)

      Der italienische Atom-Ausstieg
      Info-Serie Atomenergie - Folge 9 





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