[fessenheim-fr] AKW Fessenheim / Dammbruch
klausjschramm at t-online.de
klausjschramm at t-online.de
Mi Jun 15 15:39:09 CEST 2011
14.06.2011
Studie: AKW Fessenheim
nicht ausreichend gegen Dammbruch gesichert
Eine Studie, die im Auftrag der regionalen Überwachungskommission und
des Regionalrates in Colmar erstellt wurde, kommt zum Ergebnis, daß
das an der deutschen Grenze gelegene AKW Fessenheim nicht ausreichend
gegen die Folgen eines Dammbruchs gesichert ist. Sie bestätigt damit
eines der von der Umwelt- und der Anti-Atom-Bewegung dies- und
jenseits des Rheins seit Jahren vorgebrachten Argumente.
Der Betreiber des elsässischen Atomkraftwerks, der französische
Energie-Konzern EdF, hatte bislang immer behauptet, das AKW sei gegen
Überflutungen in Folge eines Dammbruches geschützt. Doch laut einer
TV-Dokumentation auf 'France 2' hielt der Konzern einen internen
Bericht zurück, in dem katastrophale Untersuchungsergebnisse über den
Zustand des Rheinseitenkanals zu lesen sind. Nun wäre es allerdings
auch überraschend, wenn dem französischen Energie-Konzern Transparenz
und Anlagensicherheit wichtiger wären als etwa dem japanischen AKW-
Betreiber TEPCO.
Das AKW Fessenheim mit seinen beiden Druckwasser-Reaktoren à 880
Megawatt wurde direkt am Rheinseitenkanal erbaut, um so letztlich dem
Rhein die gigantische Abwärme in Höhe von rund zwei Drittel der
Gesamtenergieerzeugung aufzubürden. Bei einem Erdbeben können laut
Studie die Betonplatten des Rheinseitenkanals brechen. Da der
Wasserspiegel des Kanals über dem des AKW-Geländes liegt, können in
der Folge 480 Kubikmeter Wasser in der Sekunde auslaufen. Diese Menge
würde ausreichen, um das Gelände rund um die Reaktoren innerhalb von
acht bis neun Stunden einen Meter hoch zu überfluten.
Die Ergebnisse der Studie wurden vorab durch die elsässische
Tageszeitung 'L'Alsace' veröffentlicht. Der Leiter der Abteilung
Umwelt beim Generalrat in Colmar, Georges Walter, erklärte laut
L'Alsace', daß es in Anbetracht der Länge des Kanals eine Vielzahl
von möglichen Bruchstellen der Betonplatten geben könne. "Bei einem
Erdbeben würden sie Sand und Wasser durchlassen, eine größere Öffnung
auswaschen und so zum Dammbruch führen."
Ende Juni wird die französische Atomaufsicht ASN ihr Votum über die
beantragte Verlängerung der Laufzeit des AKW um weitere zehn Jahre
bekannt geben. Bereits in der vergangenen Woche veröffentlichte die
ASN im Jahresbericht eine zufriedenstellende Einschätzung des
Zustandes und ordnete das Atomkraftwerk im Mittelfeld der 19
französischen AKW (mit insgesamt 58 Reaktoren) ein.
Obwohl die französischen Atomkraftwerke offiziell als sicher
bezeichnet werden, ist nicht abzustreiten, daß es etwa im AKW
Cattenom im August 1986 zu einer kritischen Situation kam, als es bei
einem Hochwasser der Mosel überflutet wurde. Im Dezember 1999 drang
bei einem Hochwasser der Gironde Wasser ins AKW Blayais ein und
überflutete wichtige Anlagenteile. Spätere Analysen des Unfall-
Hergangs zeigten, daß ein Zusammenbruch der Stromversorgung kurz
bevor stand. Das AKW nahe Bordeaux war nur knapp einem schweren
Unglück entgangen. Für die Anti-Atom-Bewegung stellt sich die Frage,
warum die Folgen eines Bruchs des Rheinseitenkanals erst jetzt - 33
Jahre nach Betriebsbeginn - untersucht wurden. Daß das dahinter
liegende Gelände bei einem Dammbruch überflutet wird, ist längst
bekannt. Neben der ebenfalls bekannten hohen Zahl von sogenannten
Störfällen, weist die Anti-Atom-Bewegung seit Jahren auf eine
Vielzahl weiterer Probleme hin.
Die Reaktoren des AKW Fessenheim gingen im April und Oktober 1977 in
Betrieb und sind lediglich für eine Laufzeit von 25 Jahren ausgelegt.
Sie hätten wegen der Versprödung der Reaktordruckbehälter spätestens
im Jahr 2002 stillgelegt werden müssen. Auch die Statik des Gebäudes
und die Festigkeit der nachträglich verstärkten Betonbodenplatte ist
nach offiziellen Angaben lediglich für Erdbeben einer Stärke von
maximal 6,7 auf der Richterskala ausgelegt. Hierbei ist allerdings
offen, welche zusätzlichen Annahmen über die Entfernung des
Epizentrum eines solchen Erdbebens Einfluß auf die Maßgaben etwa für
die Stärke des Betonfundaments hatten. Bekanntlich wurde im Jahr 1356
die nahegelegene Schweizer Stadt Basel bei einem Erdbeben, das auf
eine Stärke von 8 auf der Richterskala geschätzt wird, weitgehend
zerstört.
Die Betonhülle des Containments besteht aus nur 80 Zentimenter dickem
Spannbeton und könnte dem gezielten Absturz eines Cessna-
Kleinflugzeugs nicht standhalten, geschweige denn dem eines
gekaperten Linienflugzeugs nach Vorbild des 11. September 2001.
Bereits im Herbst 1979 wurden durch die Aussagen eines vormaliger
Sicherheits-Ingenieurs Risse an den Stutzen des Reaktordruckbehälters
von Block I bekannt. In den Jahren 1991 und 1996 kam zu Tage, daß
sich in den Deckeln der Reaktordruckbehälter Risse gebildet hatten.
Die jeweils 54 Tonnen schweren Deckel wurden ausgetauscht. Doch die
Reaktordruckbehälter können nicht ausgetauscht werden.
In jedem Atomkraftwerk wird jährlich pro Megawatt elektrischer
Leistung die Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt.
Umgerechnet auf die beiden Reaktorblöcke des AKW Fessenheim bedeutet
dies, daß dort in jedem Betriebsjahr die kurz- und langlebige
Radioaktivität von 1.760 Hiroshima-Bomben entsteht. Die Freisetzung
auch nur eines geringen Teils dieser Radioaktivität hätte verheerende
Folgen für alles Leben in der gesamten Region. Als Folge einer
Reaktorkatastrophe kann bei der meist vorherrschenden Windrichtung
ein Territorium bis in den Raum Nürnberg-Würzburg für Jahrzehnte
unbewohnbar werden.
Grafik:
Katastrophen-Gebiet bei Super-GAU im AKW Fessenheim
Seit vielen Jahren setzen sich Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung im
Dreyeckland, der Region im Dreiländereck Frankreichs, Deutschlands
und der Schweiz, für die Stilllegung des AKW Fessenheim ein. Es
handelt sich um das älteste Atomkraftwerk Frankreichs. Doch bereits
1979 hat der Super-Gau im US-amerikanischen AKW Harrisburg
(offiziell: Three Mile Island) bewiesen, daß auch ein nur wenige
Monate altes AKW nicht sicher ist.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
"Panne" im AKW Fessenheim
fünf Tage verspätet bekanntgegeben
Radioaktivität ausgetreten (7.04.11)
Reihe schwerer Sicherheitsmängel
in französischen AKW (22.02.11)
Erhöhtes Risiko im AKW Fessenheim
20 Prozent Meßungenauigkeit bei Druck-Sensor (4.02.11)
Schrott-AKW Tricastin
ASN verlängert Laufzeit um 10 Jahre (6.12.10)
AKW Flamanville
Dach eingestürzt (5.12.10)
AKW Fessenheim: Kurzschluß
Automatische Abschaltung von Block I (20.10.10)
Radioaktives Cäsium im Kanal
beim AKW Fessenheim (14.10.10)
Radioaktive Wolke aus AKW Fessenheim
erst nach über einem Monat publik (26.09.10)
Rheinerwärmung durch AKW Fessenheim
Gastbeitrag von Axel Mayer (16.07.10)
Brand im AKW Fessenheim
Keine Nachricht in deutschen Mainstream-Medien (15.07.10)
Frankreich: Laufzeitverlängerung auf 40 Jahre
kostet 600 Millionen Euro pro Reaktor
AKW Fessenheim bis 2017? (27.06.10)
"Störung" im AKW Fessenheim
im Dezember gravierender als bislang bekannt (23.02.10)
"Störung" im AKW Fessenheim
Reaktor konnte nicht hochgefahren werden (27.12.09)
AKW Fessenheim
30 Jahre tödliche Gefahr
Atomenergie in Frankreich
Folge 11 der Info-Serie Atomenergie
Mehr Informationen über die Mailingliste fessenheim-fr