[fessenheim-fr] Atom-Ausstieg in der Schweiz?

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Fr Mai 27 21:55:32 CEST 2011


26.05.2011

Atom-Ausstieg in der Schweiz?
Regierung versucht Volksverdummung

Verwundert reiben sich die SchweizerInnen die Augen: Noch vor wenigen 
Monaten wollte ihre Regierung den Bau zweier neuer Atomkraftwerke 
durchsetzen. Jetzt verkündet sie einen Atom-Ausstieg bei 
Gesamtbetriebszeiten der fünf Reaktoren von 50 Jahren. Das letzte AKW 
würde demnach erst 2034 stillgelegt.

Ausgerechnet die Schweizer Energieministerin Doris Leuthard hat den 
Beschluß der Schweizer Regierung vorbereitet und verkündet. Auf der 
einen Seite war nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima klar, daß 
der bevorstehende Volksentscheid über den Neubau von Atomkraftwerken 
für die Schweizer Regierung und damit für die Atom-Konzerne ein 
Fiasko bedeutet hätte. Auf der anderen Seite soll nun eine 
Verdoppelung der ursprünglich vorgesehenen Betriebszeit auf 50 Jahre 
den SchweizerInnen als Atom-Ausstieg verkauft werden. Dies stellt 
einen besonders dreisten Versuch der Volksverdummung dar.

Ein wenig vertrauenerweckender klingen da die Versprechungen der 
deutschen ParteipolitikerInnen, die dem Volk einen Ausstieg "in 
wenigen Jahren" schmackhaft machen wollen. In den verschiedensten 
Einfärbungen wird ein Atom-Ausstieg mit Ende zwischen 2014 und 2022 
angeboten. Interessant ist hierbei, daß in Deutschland die nächste 
Bundestagswahl für 2013 ansteht.

Und zumindest in der deutschen Anti-Atom-Bewegung sind einige weiter 
zurückliegende Erfahrungen im Gedächtnis haften geblieben: So ist 
nicht vergessen, was etwa der damalige "schwarze" 
Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Landtag und spätere 
Ministerpräsident Erwin Teufel einmal sagte: "Die Weichen für 
Alternativen zur Kernkraft müssen heute gestellt werden und nicht 
erst im Jahr 2000. Jetzt muß erforscht und entwickelt werden, was 
später in Serie genutzt werden soll. Die Zukunft gehört nicht der 
Kernkraft, weil kein Mensch mit so großen Risiken leben will, wenn es 
risikoärmere, gefahrlosere Arten der Energieerzeugung gibt." Das war 
am 28. Mai 1986 - vier Wochen nach der Reaktor-Katastrophe von 
Tschernobyl. In keinem anderen deutschen Bundesland wurde in den 
darauffolgenden Jahren das Wachstum der erneuerbaren Energien 
rigoroser gebremst als in Baden-Württemberg.

Daß es keine Rolle spielt, welche Färbung die Regierung aufweist, die 
einen Atom-Ausstieg verkündet und welche Färbung jene, die ihn wieder 
aufhebt, zeigen die Beispiele Schweden, Deutschland und Spanien. In 
Spanien etwa hob der pseudo-sozialistische Ministerpräsident im Juli 
2009 den Stillegungsbeschluß für das AKW Garoña (Betriebsbeginn: 
1970) auf und verlängerte die Genehmigung bis über das Ende seiner 
Amtszeit hinaus.

In der Schweiz nun bemühte Energieministerin Leuthard ein bei 
ParteipolitikerInnen besonders beliebtes Attribut und bezeichnete den 
von ihr verkündeten Atom-Austieg als "historisch". Ähnlich wie die 
deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte sie ihren plötzlichen 
Sinneswandel mit der Floskel, nach Fukushima sei nun mal nichts mehr 
wie zuvor. Zugleich ließ sie durchblicken, daß sie nach wie vor keine 
Angst vor Atomkraftwerken habe.

Da nun ein neuer Volksentscheid über einen Atom-Ausstieg in der 
Schweiz erst in Gang gebracht werden muß, werden bis zum 
entscheidenden Termin erneut einige Jahre verstreichen. Die Schweizer 
Regierung und ihre Auftraggeber hoffen, daß bis dahin - ähnlich wie 
nach der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl - Bequemlichkeit und 
Verdrängung in ihrem Sinne wirken. Und der in Zürich erscheinende 
'Tages-Anzeiger' kommentierte unverhohlen, der Schweizer Atom-
Ausstieg sei vorerst nur ein Signal. Ob er zur Energiewende führe, 
zur umweltschonenden, nachhaltigen Stromproduktion, sei völlig offen.

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der am 15. Mai 
bei einem Referendum mit seinem Versuch, die Atomenergie in Italien 
wiedereinzuführen, scheiterte, erklärte daraufhin ein Moratorium und 
meinte nonchalant: "Wenn wir nun das Referendum abgehalten hätten, 
wäre die Atomkraft für viele Jahre nicht mehr möglich gewesen. Die 
Regierung hat deswegen sehr verantwortlich dieses Moratorium zur 
Atomkraft beschlossen, damit sich die Situation in Japan klärt und 
daß man nach ein oder zwei Jahren mit einer öffentlichen Meinung 
rechnen kann, die sich der Notwendigkeit der Atomkraft bewußt ist."


REGENBOGEN NACHRICHTEN


Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      20.000 beim AKW Beznau
      Größte Schweizer Anti-AKW-Demo seit 25 Jahren (22.05.11)

      Anti-AKW-Referendum in Sardinien
      97,64 Prozent gegen Wiedereinführung (17.05.11)

      Atom-Ausstieg teuer?
      Im Gegenteil: Ersparnis von jährlich
      mehr als 8 Milliarden Euro (10.05.11)

      AKW Leibstadt
      Mitarbeiter verstrahlt (18.02.11)

      Schweizer Studie:
      AKW-Neubau unwirtschaftlich (8.06.10)

      5000 bei Schweizer Anti-AKW-Demo
      Für Abschaltung des AKW Gösgen und gegen neue AKW (25.05.10)

      Schlechte Noten für Schweizer Atomkraftwerke
      Verfahren gegen zwei AKW-Betreiber (6.05.10)

      Schweizer AKW Mühleberg bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag?
      Unbefristete Betriebsgenehmigung ohne BürgerInnenbeteiligung
      (22.12.09)

      August 2009: "Panne" im AKW Beznau
      Zwei Angestellte verstrahlt - bis heute verharmlost (9.11.09)

      Desinformation in der 'Badischen Zeitung'
      Die Schweizer Endlager-Suche (18.06.09)

      Patt bei Atomenergie in der Schweiz
      Hauptstadt Bern will auf erneuerbarre Energien umsteigen 
(29.05.09)

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      'Stopp-Atom'-Allianz in der Schweiz gegründet
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      (31.08.07)

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      Mehrjährige Kampagne gegen AKW-Neubau geplant
      Kein Kampf um Atomausstieg? (3.07.07)

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      Schweiz: Alternativen zu Atom-Endlager Benken? (29.09.04)

      Demo gegen Atomares Endlager im Schweizerischen Benken
      (20.07.04)

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      Die Schweiz zwischen Atom und "direkter Demokratie" (10.03.01)

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      extreme Rechenfehler unfähiger Nuklearexperten (25.10.2000)

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