[fessenheim-fr] Citibank:Atomenergie ist unwirtschaftlich
klausjschramm at t-online.de
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Mo Feb 15 08:08:41 CET 2010
Hallo Leute!
Leider mal wieder ein wenig verspätet - hier ein Artikel
zum Thema Ökonomie und Atomenergie.
Ciao
Klaus Schramm
12.02.2010
Studie der Citibank:
Atomenergie ist unwirtschaftlich
Kürzlich veröffentlichte die US-amerikanische Citibank eine Studie,
die bestätigt, was bereits vor zwei Jahren in einer wirtschaftlichen
Analyse des Betriebs von AKW von AtomkraftgegenerInnen vorgerechnet
worden war:1Atomenergie ist - ohne massive staatliche Subventionen -
unwirtschaftlich. Eine ungeschminkten Wirtschaftlichkeits- berechnung
aufgrund aktueller Daten bringt zutage, daß Atomkraftwerke erst nach
30 Jahren Betriebsdauer, wenn sie weitgehend abgeschrieben sind,
Profite bringen.
Unter dem recht eindeutigen Titel "New Nuclear - The Economics say
no" (Neue Atomenergie - Die Ökonomie sagt nein) rechnen die
AnalystInnen der US-Bank vor, daß bei einem Baupreis von über 5
Milliarden Euro und einem jährlichen Erlös abzüglich laufender Kosten
von 300 Million Euro ein AKW mehr als 16 Jahre lang Strom produzieren
muß, bevor es den ersten Profit abwirft. Laut den Citibank-
AnalystInnen lasten zudem zwei besondere Risiken auf Neubauprojekten
von Atomkraftwerken: Der Baupreis und der Strompreis. Der Baupreis
hängt von der Baudauer und den Materialkosten ab. Und die zukünftigen
Strompreise seien schwer zu prognostizieren. Börsennotierte
Energieversorger scheuen das Risiko nahezu zwangsweise. Sie haben
eines gelernt: Zuverlässig Geld bringen die Reaktoren erst nach 30
Jahren, wenn sie weitgehend abgeschrieben sind.
Dies ist eine von den Neoliberalen, die zumeist die Atomenergie
befürwortet haben, nicht vorhergesehene Konsequenz der von ihnen
angestoßenen Privatisierung der Energie-Konzerne und der
Liberalisierung des Strom-Marktes - einer Entwicklung, die in den USA
und Großbritannien rigoroser vorangetrieben wurde als in Deutschland
oder gar in Frankreich, wo die EdF nach wie vor de facto ein Monopol
auf dem Strommarkt besitzt.
Auf Großbritannien hatten sich die Hoffnungen der Atom-Konzerne
gerichtet. Insbesondere die deutschen Konzerne Siemens, Reaktorbau,
RWE und E.on, Betreiber von Atomkraftwerken, planten auf Albion der
über zwei Jahrzehnte gehegten Vision einer "Renaissance der
Kernenergie" zum Durchbruch zu verhelfen. Zehn neue Atomkraftwerke
wünscht sich die britische Regierung unter Gordon Brown, wovon sechs
von den deutschen Konzernen gebaut werden sollen. Die britischen
Behörden gaben RWE und E.on sogar schon den Zuschlag für Grundstücke
in Mittelengland und in Wales. In den Örtchen Wylfa und Oldbury
könnten die AKW-Neubau begonnen werden. Spätestens im Jahr 2020 - so
die Planungen - sollen die neuen Atomkraftwerke ans Netz gehen.
Doch mittlerweile wird immer deutlicher, daß die britische Regierung
nicht in der Lage ist, die Vorfinanzierung zu übernehmen. Auch den
AnalystInnen von RWE und E.on ist klar, daß ohne staatliche
Finanzierung des Baus ein Atomkraftwerks-Projekt unwirtschaftlich
wird. Laut Informationen der 'Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung' sind RWE und E.on mittlerweile zum Ergebnis
gekommen: "Ökonomisch nicht darstellbar".
Für die Atomindustrie ist die Erkenntniss allerdings nicht neu, weil
noch nie in der Geschichte der Branche ein privates Unternehmen das
komplette kommerzielle Risiko für Bau und Betrieb eines Atommeilers
übernommen hat. Allerdings favorisieren gerade jetzt viele
Regierungen, einschließlich der britischen, private Lösungen, weil
ihnen spätestens seit Beginn der Weltwirtschaftskrise das Geld für
Kraftwerksinvestitionen ausgegangen ist.
"Alle Modelle, bei denen ein privater Betreiber das komplette Risiko
des Kernkraftprojektes übernimmt, sind zum Scheitern verurteilt",
verriet ein hoher E.on-Manager gegenüber der FAZ. Flapsig habe er das
Fazit gezogen: "Ohne Staatskohle keine Kernkraft." Kein Wunder sei es
da, daß RWE jüngst aus dem Bauprojekt im bulgarischen Belene
ausgestiegen sei. Dies habe nicht am Protest deutscher
AtomkraftgegenerInnen gelegen, sondern daran, daß dem deutschen Strom-
Konzern das finanzielle Risiko zu groß wurde.
Die Studie der Citibank warnt insbesondere mit dem Hinweis auf das
AKW-Neubauprojekt im finnischen Olkiluoto: "Wenn bei
Investitionssummen in dieser Höhe ein Bauprojekt aufs Schlimmste
falsch läuft, kann es die Finanzkraft selbst der größten
Energieversorger beschädigen." Das Projekt in Olkiluoto, das im Jahr
2004 begonnen wurde, sollte laut den ursprünglichen Plänen ab Juli
2009 Strom produzieren. Siemens hat bereits im Januar 2009 die
Trennung vom französischen Konzern Areva bekannt gegeben, mit dem
gemeinsam der Neubau in Olkiluoto realisiert werden sollte. Der
Termin für die Fertigstellung wurde in den vergangenen Jahren nach
und nach auf 2012 verschoben. Doch Areva wagt mittlerweile nicht
einmal mehr, diesen Termin zu bestätigen. Die ursprünglich auf 3,2
Milliarden Euro veranschlagten Baukosten wurden mittlerweile um mehr
als 2,3 Milliarden Euro überschritten. Dabei hatten Areva und Siemens
ursprünglich die schlüsselfertige Übergabe zum Fixpreis von 3,2
Milliarden Euro versprochen. Schließlich sollte das finnische AKW-
Neubauprojekt als Referenz für andere mögliche Interessenten dienen.
Gerade aus finanzieller Sicht stünden die Atom-Konzerne bei großen
AKW-Projekten vor Risiken, mahnt die Citibank-Studie. Diese Risiken
seien nur schwer zu überschauen. Schließlich müßten die
KonzernstrategInnen dabei Planungszeiträume von 30 bis 40 Jahren
überblicken.
Auf der Baustelle in Olkiluoto sind 4000 bis 5000 Leute beschäftigt,
die rund 400 Euro pro Kopf und Tag kosten. So kostet jeder verlorene
Tag zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro, plauderte ein deutscher
Energiemanager gegenüber der FAZ aus. Auch in Ländern wie China oder
Indien, wo AKW-Neubaupläne bislang noch mit staatlichen
Vorfinanzierungen angegangen werden konnten, ist eine Kostenexplosion
zu verzeichnen. Daß dieser Effekt weltweit zu beobachten ist,
bestätigt eine interdisziplinäre Gruppe von WissenschaftlerInnen der
US-amerikanischen Eliteuniversität MIT. Die ForscherInnen sprechen
von einer dramatischen Eskalation der Kosten sämtlicher großen
Industrieprojekte, bei denen Ingenieurleistungen gefragt sind. Aber
besonders schlimm seien die Kostenentwicklungen bei Atomkraftwerken.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
[1] Siehe hierzu:
Die Subventionierung der Atomenergie
Folge 3 der Info-Serie Atomenergie (Erstveröffentlichung:
12.08.08)
Weltwirtschaftskrise trifft Energie-Konzerne
Keine Investitionen für AKW-Neubauten (4.02.09)
Siehe auch unsere Artikel zum Thema:
Neubau britischer AKWs aus Steuermitteln?
Sterbende britische Atom-Branche hofft auf Brown (11.01.08)
'British Energy' und der europäische Atom-Ausstieg
Blair kämpft ums Überleben des Atom-Konzerns 'British Energy'
(8.05.04)
Zwangsweiser Atomausstieg
in Großbritannien? (11.04.04)
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