[fessenheim-fr] Demo in Colmar - Artikel
klausjschramm at t-online.de
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So Okt 4 17:22:32 CEST 2009
Hallo Leute!
Hier ein Artikel zur gestrigen Anti-AKW-Demo in Colmar.
Die zugehörigen Fotos findet Ihr im Internet unter
www.netzwerk-regenbogen.de/akwcol091004.html
Ciao
Klaus Schramm
Friedliche Demo gegen Atomkraft mit 10.000 TeilnehmerInnen in Colmar
Massive Behinderungen durch Polizei
Mit einer Kundgebung im elsässischen Colmar haben mehr als 10.000
AtomkraftgegenerInnen am gestrigen Samstag friedlich gegen den
Weiterbetrieb des französischen AKW Fessenheim am Rhein protestiert.
Zugleich forderten die TeilnehmerInnen aus Frankreich, Deutschland
und der Schweiz auf dem Bahnhofsplatz einen Ausbau der Erneuerbaren
Energien und den europaweiten Atom-Ausstieg. Ein Großaufgebot der
Polizei hatte die Innenstadt mit drei Meter hohen Metallbarrieren
abgeriegelt. Bereits bei der Anreise, aber auch auf dem Nachhauseweg,
wurden die DemonstrantInnen von der Polizei massiv behindert und zu
mitunter mehrstündigen Wartezeiten genötigt.
foto 01
Die Demonstration richtete sich in erster Linie gegen die
Verlängerung der Betriebsgenehmigung des AKW Fessenheim um weitere
zehn Jahre. Diese Verlängerung soll durch eine in den kommenden
Wochen stattfindende offizielle "Sicherheits-Überprüfung" des
Atomkraftwegs legitimiert werden. Bei dem Ende 1977 in Betrieb
genommen AKW handelt es sich um das Älteste in Frankreich. Für die
OrganisatorInnen der Demo forderte das 'Reseau Sortir du Nucléaire'
(Netzwerk für den Atom-Ausstieg), ein Dachverband von über 840
französischen Organisationen, die sofortige Stillegung des AKW
Fessenheim. Philippe Brousse, Sprecher des 'Reseau Sortir du
Nucléaire', kritisierte das Vorgehen des zuständigen Präfekten und
der Polizei: "Zahlreiche Atomkraftgegner werden daran gehindert, zum
Bahnhof zu gelangen." In einer Vielzahl von Redebeiträgen wurde auf
die unzureichende Auslegung des AKW Fessenheim gegen Erdbeben sowie
auf den nach wie vor fehlenden Schutz gegen den terroristisch
motivierten Absturz von Flugzeugen hingewiesen. Einer der
Schwerpunkte der Beiträge war die erst kürzlich in die öffentliche
Debatte in Frankreich gelangte Kritik, daß mit dem Uranerz-Abbau -
beipielsweise in Niger - Umweltzerstörung und massive gesundheitliche
Schädigung der indigenen Bevölkerung verbunden sei.
foto 02
Für die deutschen AtomkraftgegenerInnen sprach Eva Stegen. Sie freute
sich über die zahlreichen DemonstrantInnen auf dem Colmarer
Bahnhofsplatz und erinnerte an die seit kurzer Zeit auch in
Frankreich bestehende Möglichkeit zu einem persönlichen Atom-
Ausstieg, dem Wechsel zu einem Ökostrom-Anbieter. Das "alterschwache
Atomkraftwerk" am Oberrhein werde immer mehr zur "Bedrohung für ganz
Zentraleuropa", betonte Axel Meyer vom Bund für Umwelt- und
Naturschutz (BUND). Satirisch proklamierte er ein neue
Städtepartnerschaft zwischen Colmar und Peking. Unmittelbar nach der
Übersetzung ins Französische brandete Beifall auf. Angesichts der
massiven Polzeipräsenz und dem Versuch der französischen Behörden,
die Demonstration in Colmar nur zehn Tage vor dem Termin durch eine
Verlegung weitab vom Stadtzentrum durch die Hintertür zu verbieten,
hatten die anwesenden Zehntausend die Anspielung sofort verstanden.
foto 03
Am Nachmittag wurden fünf Minuten Scheigen eingelegt, während dem
sich die DemonstrantInnen auf dem Platz und den angrenzenden Straßen
setzen oder hinlegten. Das Schweigen wurde lediglich von einem über
die Lautsprecher eingespielten Sirenenton unterbrochen. Anschließend
drückten die TeilnehmerInnen ihre Unzufriedenheit mit einem
gemeinsamen Wutschrei aus, der vermutlich bis in die Innenstadt
Colmars zu hören war.
foto 04
Die Redebeiträge waren für Menschen, die bis zu mehrere hundert Meter
von der Kundgebungstribüne entfernt die Straßen füllten, wegen einem
über dem Bahnhofsplatz kreisenden Polizei-Hubschrauber zeitweise kaum
zu verstehen. Obwohl der Polizei-Hubschrauber fast den gesamten
Samstag Nachmittag über dem Colmarer Bahnhofsplatz gekreist hatte,
heißt es von offizieller Seite, lediglich 3000 Menschen hätten an der
Kundgebung teilgenommen. Der Bahnhofsplatz wurde symbolisch
umbenannnt: Als "Place de la Liberté", Freiheitsplatz, soll er nun
gegen den von AtomkraftgegenerInnen kritisierten Abbau von Demokratie
und Freiheitsrechten in Frankreich mahnen.
foto 05
An den Zufahrtsstraßen nach Colmar und bereits an deutsch-
französischen Grenzübergängen wie bei Breisach hatten polizeiliche
Kontrollen zu teilweise erheblichen Verkehrsbehinderungen und langen
Wartezeiten geführt. Laut einem Sprecher der 'Reseau Sortir du
Nucléaire' wurde rund ein Dutzend Busse zunächst an den
Grenzübergängen blockiert. Etliche AtomkraftgegenerInnen sahen sich
daher zur Umkehr genötigt. Mit Sprechchören wie "Atomstaat ist
Polizeistaat" protestierten die TeilnehmerInnen in Colmar, unter
ihnen viele Familien mit Kindern, gegen das Vorgehen der Behörden.
Bürgermeister und Präfektur in Colmar hatte den ursprünglich
genehmigten Demonstrationszug durch die Innenstadt kurzfristig
untersagt. Diese war am Samstag Nachmittag nach Augenzeugenberichten
durch zahlreiche Polizeisperren hermetisch abgeriegelt. Philippe
Brousse, Sprecher des 'Reseau Sortir du Nucléaire', kritisierte
darüber hinaus, zahlreiche Atomkraftgegner seien daran gehindert
worden, zum Bahnhof zu gelangen.
foto 06
Präfekt und Bürgermeister begründeten ihr martialisches Vorgehen mit
angeblich drohenden Ausschreitungen und stellten in öffentlichen
Verlautbarungen eine Verbindung mit den Krawallen in Straßbourg bei
den Demontrationen gegen den NATO-Gipfel Anfang April her.
Zwischenfälle gab es dennoch nicht. Wegen des Streits um die Demo-
Route hatten viele Medien im Vorfeld berichtet. Ob dies der
Mobilisierung eher genutzt oder - wegen der Warnung vor Randale -
eher geschadet hat, ist schwer zu beurteilen.
foto 07 - foto 10
Der französische Atomkonzern EdF hat für Fessenheim eine Verlängerung
der Betriebsgenehmigung auf 40 Jahre beantragt. Die sogenannte
Zehnjahresinspektion für Block I soll dieser Tage beginnen, die für
Block II im kommenden Jahr. Die Überprüfungen dauern ASN zufolge
jeweils rund drei Monate und kosten pro Reaktor rund 60 Millionen
Euro. Bei 19 französischen Atomkraftwerken mit insgesamt 58
Reaktorblöcken ergibt sich daraus ein Investitionsvolumen von rund
3,5 Milliarden Euro. Die französischen AtomkraftgegenerInnen
kritisieren, daß dieses Geld ohne jegliche öffentliche Debatte
investiert werden soll. Das Geld stehe dann nicht dem Ausbau der
Erneuerbaren Energien zur Verfügung.
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