[fessenheim-fr] "Versuchs-Endlager" Asse II / Rückholung des Atommülls laut Bundesamt möglich

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Fr Okt 2 21:33:30 CEST 2009


2.10.2009

"Versuchs-Endlager" Asse II

Rückholung des Atommülls laut Bundesamt möglich

Atommüll in unterirdischem Salzbergwerk Der Präsident des Bundes- 
amtes für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, stellte am heutigen 
Freitag in Hannover ein Gutachten mit drei Optionen vor, zu denen 
auch eine mögliche komplette Bergung des Atommülls aus dem "Versuchs-
Endlager" Asse II bei Wolfenbüttel gehört. Seit Beginn dieses Jahres 
steht die in eine Serie von Skandalen verwickelte Anlage unter der 
Aufsicht des BfS, das dem Bundes-Atom/Umwelt-Ministerium unterstellt 
ist. Obwohl seit November 2007 offiziell anerkannt werden mußte, daß 
die Zustände in dem für radioaktiven Müll völlig ungeeigneten 
ehemaligen Salzbergwerk unhaltbar sind, wird eine Bergung des 
Atommülls seither hinausgezögert.

Die drei untersuchten Optionen:

    * die Rückholung der atomaren Abfälle und die anschließende 
Einlagerung in einem anderen Lager
    * die Umlagerung innerhalb der Schachtanlage Asse II in tiefer 
gelegene Bereiche des Salzstocks
    * die Verfüllung der Einlagerungskammern durch Spezialbeton 

Offensichtlich wurde die zuvor von dem bis Ende 2008 zuständigen 
Helmholtz-Zentrum, München, präferierte Option, nämlich die 
Verfüllung der Stollen samt radioaktivem Abfall mit 
Magnesiumchloridlauge, sang- und klanglos aus der Diskussion 
genommen. Doch weiterhin ist keine rasche Lösung in Sicht. Und dies, 
obwohl am 18. September bekannt wurde, daß der Wasser-Zustritt in die 
Stollen von Asse II sprunghaft und drastisch zugenommen hat. (siehe 
hierzu unseren Artikel v. 18.09.09) Erst zum Jahresende soll eine 
"Vorentscheidung" fallen, welche der Optionen weiter verfolgt wird.

Laut BfS-Präsident König stehe vor allem die Sicherheit der 
Mitarbeiter der Schachtanlage und der Anwohner im Vordergrund. 
Weitere Kriterien der Untersuchung seien die Auswirkungen auf die 
Umwelt, die Langzeitabschätzung, die technische Machbarkeit und der 
Zeitbedarf. Alle drei heute vorgestellten Optionen seien technisch 
und hinsichtlich des Strahlenschutzes machbar. König erklärte, über 
die Kosten und die Dauer der gesamten Maßnahmen bis zur Schließung 
lasse sich derzeit noch keine exakte Aussage treffen. Je nach 
Verfahren geht die Studie von acht Jahren bei Vollverfüllung und bis 
zu 18 Jahren bei Umlagerung aus.

In weiteren Schritten ist den Angaben zufolge in den kommenden drei 
Monaten eine breite Diskussion mit Strahlenexperten, Geologen, 
Ingenieuren sowie der Bevölkerung geplant, die am Freitagnachmittag 
mit der Vorstellung des Gutachtens in Schöppenstedt bereits begann. 
König sprach sich für ein transparentes Verfahren aus, um eine hohe 
Akzeptanz bei allen Beteiligten zu erzielen: "Es bleibt das A und O, 
neben den technischen Belangen einen Weg zu gehen, den die 
Bevölkerung mitgehen kann."

Im Widerspruch zum hinhaltenden bisherigen Vorgehen und dem nun 
präsentierten Zeitplan sprach König heute selbst davon, daß eine 
rasche Entscheidung beim weiteren Vorgehen geboten sei, da der Zufluß 
von Wasser und Salzlauge den ExpertInnen als unberechenbar erscheint. 
So kam es in den vergangenen Tagen zweimal zu einem Anstieg der 
Mengen. Täglich laufen nach neuesten Angaben etwa 10.500 Liter Wasser 
aus anderen Ebenen in den Endlagerbereich in 700 Meter Tiefe. Am 18. 
September war noch offiziell ein "erhöhter" täglicher Zufluß von 
11.370 Liter am Tag festgestellt worden, was eine drastische 
Steigerung gegenüber dem jahrelang etwa konstanten Zufluß darstellen 
würde. Seltsamer Weise war jedoch in den Jahren zuvor von einem 
Zufluß von 12.500 Liter pro Tag die Rede.

Selbst ein unkontrolliertes "Absaufen" der Grube schloß König heute 
nicht völlig aus. Diese Erkenntnis ist allerdings nicht neu. Schon 
Anfang der 1980er Jahre war dem Betreiber und den zuständigen 
Behörden bekannt, daß die beiden benachbarten Schächte Asse I und 
Asse III bereits abgesoffen waren. Von dem weniger als zehn Kilometer 
entfernten Salzbergwerk Hedwigsburg war nach einem Wassereinbruch nur 
noch ein wassergefüllter Krater übrig geblieben.

Bei den Untersuchungen des ehemaligen Salzbergwerks Asse II sind 
neben dem Eintritt von Wasser und Salzlauge weitere schwere Mängel 
aus der Vergangenheit zutage getreten. Die Studie des BfS geht von 
deutlich mehr beschädigten Fässern aus als bisher angenommen und 
damit auch von mehr radioaktiv kontaminiertem Salzgestein. Sollte es 
zu einer kompletten Rückholung des Atommülls kommen, würde zusätzlich 
zu den rund 126.000 Fässern nochmals die gleiche Menge an belastetem 
Salzgestein anfallen. Möglicherweise ist in der lückenhaften 
Dokumentation des in Asse II abgelagerten radioaktiven Mülls auch der 
Grund für die auffällige Hinhaltetaktik zu suchen. So wurde bereits 
in den vergangenen Monaten bekannt, daß illegal die verschiedensten 
Giftstoffe eingelagert wurden und daß die Menge des eingelagerten 
hochgiftigen Plutonium weitaus höher ist als zuvor angegeben. 
Einflußreiche Kreise, die genaueres über illegal eingelagerten 
hochradioaktiven Müll wissen, dürften kein Interesse daran haben, daß 
dies bei einer Bergung zu Tage kommt.

Der Präsident des Strahlenschutzamts hofft beim weiteren Vorgehen 
auch auf Kontinuität der politischen Linie unter dem Nachfolger von 
Bundes-Atom-Minister Sigmar Gabriel in der neuen "schwarz-gelben" 
Bundesregierung. Nach Ansicht von König würden die Kosten die 
Entscheidung für eine sichere Schließung von Asse II nicht 
beeinflussen. Die Politik habe ihm bisher keine finanziellen Vorgaben 
gemacht, "das Geld spielt keine Rolle," sagte er. Zugleich erklärte 
er jedoch: "Die letztendliche Entscheidung muß dann die Politik 
treffen."

Der Naturschutzbund NABU forderte, die Energiekonzerne sollten an den 
Kosten für die Sanierung beteiligt werden. Schließlich stamme der 
Großteil des Atommülls unter Tage aus der Atomindustrie.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Endlagerpläne in Schweden hinfällig
      Auch Kupfer hält nicht dicht (30.09.09)

      Verstärkter Laugeneinbruch
      im "Versuchs-Endlager" Asse II (18.09.09)

      Karlsruhe: "Atomsuppe" wird verglast
      Verbleib nach wie vor ungeklärt (17.09.09)

      Gorleben: Regierung Kohl setzte 1983
      Gutachter unter Druck (9.09.09)

      Skandal-Serie Asse II: Noch mehr Plutonium
      im "Versuchs-Endlager" (29.08.09)

      Sargnagel für Endlager Gorleben
      Verträge laufen 2015 aus (22.08.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Hochradioaktiver Müll im "Versuchs-Endlager"?
      MONITOR veröffentlicht Siemens-Unterlagen (24.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Erneuter Fund radioaktiver Lauge (15.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Nun auch noch Sprengstoff (26.06.09)

      Asse II: Strom-Konzerne drückten
      die Sicherheits-Standards (3.06.09)

      Illegaler Ausbau unter Gorleben
      1,5 Milliarden Euro bereits für Ausbau als "Endlager" 
investiert
      (28.05.09)

      Asse II: Mehr radioaktiver Müll als vermutet
      Greenpeace findet Hinweise auf zu niedrige Angaben
      in den Inventar-Listen (7.05.09)

      Asse II: Einsturzgefahr in Kammer 7 akut
      (29.04.09)

      Asse II diente auch der Bundeswehr als Atomklo
      Endlager-Skandal nimmt immer neue Dimensionen an (24.04.09)

      Asse II: Auch Fässer mit Pestiziden,
      Arsen und Blei im "Versuchs-Endlager" Asse II (15.04.09)

      Versuchslager Asse II
      Wer hat den radioaktiven Müll produziert? (23.02.09)

      Lauge aus Atommüll-Lager Asse erneut nach 'Mariaglück'
      Dringend nötige Rückholung weiter verzögert (7.02.09)

      Einsturzgefahr im Atommüll-Lager Asse
      Seit Dezember nicht veröffentlicht (15.01.09)

      Asse II: Der Wechsel zum BfS ist nur Pop
      Rückholung des radioaktiven Mülls bislang nicht geplant 
(5.09.08)

      Gefahr durch atomares Versuchslager Asse II nicht länger 
geleugnet
      Atom-Minister Gabriel: "Zustände in Asse sind unhaltbar"
      Wird das Bergwerk geräumt? (2.09.08)

      Verdacht auf hochradioaktiven Müll im Versuchslager Asse II
      "Brennstäbe in Blechdosen" (29.07.08)

      Skandal-Grube Asse II
      Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert (12.06.08)

      Drohende Umweltkatastrophe durch Atom-Lagerstätte Asse
      Gabriel räumt Gefahren ein (21.11.07)

      Die BI Schacht Konrad weitet den Kampf aus
      Zahlreiche Aktionen gegen Atommülldeponie (4.07.07)

      Niederlage im Kampf gegen Schacht Konrad
      Gericht gibt Atom-Mafia recht (3.04.07)

      Atomares Endlager
      Yucca Mountain gestoppt (22.07.04)

      ItalienerInnen erfolgreich -
      kein Endlager weltweit (2.12.03)

      Zwischenlager +++ Salz +++ Ende
      Die Legende vom Salzstock (25.11.03)

      Endlager-Wahnsinn (28.02.01)

      Atom-Ausstieg selber machen!

      Der deutsche "Atom-Ausstieg"
      Folge 2 der Info-Serie Atomenergie

      Die Subventionierung der Atomenergie
      Folge 3 der Info-Serie Atomenergie

      Das ungelöste Problem der Endlagerung
      Folge 12 der Info-Serie Atomenergie




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