[fessenheim-fr] Info-Serie Atomenergie - Folge 7

klausjschramm at t-online.de klausjschramm at t-online.de
Do Aug 6 00:40:09 CEST 2009


Info-Serie Atomenergie
Folge 7

Die Geschichte der Atom-Unfälle

Durch die Fokussierung der Mainstream-Medien auf die Reaktor-
Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 wird der Eindruck erweckt, 
dies wäre der einzige gravierende Unfall in der Geschichte der 
"zivilen" Nutzung der Atomenergie gewesen. So ist der Atom-Unfall von 
Lucens selbst vielen SchweizerInnen heute nicht mehr bekannt.

Nach einer Zählung des französischen Instituts für Nuklearsicherheit 
gab es zwischen 1945 und 1999 weltweit 60 "schwere Vorfälle", von 
denen allein 33 in den USA stattfanden.

3. Dezember 1949

Hanford, USA
Während eines Experiments entweicht aus einem Plutonium-
Forschungszentrum eine radioaktive Wolke. Im Umkreis von bis zu 110 
Kilometern wird hohe Radioaktivität gemessen. Erst 1986 wird eine 
Dokumentation über den Fall vorgelegt.

12. Dezember 1952

Chalk River, Kanada
Ein Reaktorunfall ereignete sich im kanadischen Chalk River in der 
Nähe von Ottawa. Durch Mißverständnisse zwischen dem Bedienpersonal 
kam es zu einer partiellen Kernschmelze. Nach der Explosion im 
Reaktorkern wurden mindestens 100 Billionen Becquerel in die 
Atmosphäre freigesetzt. Der spätere US-Präsident Jimmy Carter, damals 
Nukleartechniker in der Navy, half bei den mehrere Monate dauernden 
Aufräumarbeiten. Der Reaktor ging erst zwei Jahre später wieder in 
Betrieb.

29. September 1957 *

In Kyschtym in der Nähe von Tscheljabinsk explodierte ein 
unterirdischer Tank mit hochradioaktivem flüssigem Atommüll aus der 
Plutoniumfabrik Majak. Die Fallout-Wolke machte ein Gebiet von 15.000 
Quadratkilometern unbewohnbar. Etwa 1.000 Menschen starben 
unmittelbar nach der Explosion. Rund 250.000 Menschen mußten 
umgesiedelt werden.
Der Unfall konnte von der Sowjetunion 19 Jahre lang vor der 
Weltöffentlichkeit geheim gehalten werden. Er wurde erst 1976 durch 
einen emigrierten Wissenschaftler bekannt und offiziell 1990 
bestätigt.

7. Oktober 1957 * (nach neueren britischen Angaben: 10. Oktober 1957)

Ein Feuer im britischen Atomkomplex Windscale (1981 in Sellafield 
umbenannt) zerstörte einen Plutonium produzierenden Reaktor mit 1000 
Tonnen Graphit und zehn Tonnen Uran in Brennelementen. Radioaktive 
Gase und Partikel entwichen in die Atmosphäre. Daraus resultierende 
radioaktive Niederschläge konnten in England und großen Teilen 
Nordeuropas gemessen werden.

1983 wurde bestätigt, daß 39 Menschen an den Folgen des Störfalls 
starben.

Erst 2007 wurde veröffentlicht, daß der radioaktive Fallout ungefähr 
doppelt so groß war wie bis dahin bekannt. Auch die Zahl der 
Krebsfälle, die das Unglück auslöste, sei deutlich höher als 
angenommen (Atmospheric Environment, Bd. 41, S. 3904, 2007). Der 
überwiegende Teil der radioaktiven Wolke bestand nach den 2007 
vorgenommenen Ermittlungen aus Jod-, Tellur- und Xenon-Isotopen, die 
nach wenigen Wochen weitgehend zerfallen gewesen seien. Laut den 
vorliegenden Angaben wurden bei der Reaktor-Katastrophe von Windscale 
radioaktive Stoffe in der Größenordnung von 20.000 Curie über Europa 
freigesetzt. Auf der siebenstufigen "Störfall"-Skala der 
Internationalen Atomenergieorganisation IAEA wurde der Brand in 
Windscale auf Stufe fünf eingeordnet.

Obwohl die britische Regierung den Unfall 1957 zu verheimlichen 
suchte, kam sie nicht umhin, Milch aus der betroffenen Region in der 
unmittelbaren Folgezeit aus dem Handel verbannen und vernichten zu 
lassen. Eine Evakuierung der Bevölkerung erachtete die britische 
Regierung damals nicht für nötig. Doch noch heute belasten Cäsium und 
Plutonium die Umgebung von Windscale-Sellafield. Die freigesetzte 
Menge an Polonium wurde als Staatsgeheimnis behandelt, da hierüber 
Rückschlüsse auf die verwendeten Techniken hätten gewonnen werden 
können. Erst seit 1989 wurden Akten über das Unglück allgemein 
zugänglich. Der Rückbau des zerstörten Reaktors war auch 2007 noch 
nicht abgeschlossen.

Untersuchungen ergaben, daß in den vergangenen Jahrzehnten bei der 
örtlichen Bevölkerung deutlich mehr Leukämiefälle auftraten als im 
Landesdurchschnitt. Aus der Plutoniumfabrik Sellafield fließen 
jährlich 3.300 Millionen Liter radioaktiver Flüssigmüll in die 
Irische See. Nach Berichten der EU wurden bislang rund 250 Kilogramm 
Plutonium in die Irische See abgeleitet. Noch bei Kanada und in 
antarktischen Gewässern, bis in 200 Meter Tiefe, läßt sich 
Sellafields Radioaktivität nachweisen.

3. Januar 1961 *

Drei Techniker starben bei einem Unfall in einem Forschungsreaktor im 
US-amerikanischen Idaho Falls. Radioaktivität entwich in die Umgebung 
der Anlage. Im Umkreis von 30 Kilometern um den Reaktor war die 
Kontamination der Vegetation etwa hundert Mal so hoch wie die 
natürliche Strahlungsintensität. Ein Arbeiter konnte geborgen werden, 
starb aber wenige Stunden später. Die Leichen der beiden anderen 
blieben über Tage im Gebäude.

4. Juli 1961 *

Im ersten sowjetischen atomgetriebenen U-Boot platzte ein Rohr im 
Kontrollstand eines der beiden Reaktoren. Der Kapitän und sieben 
Besatzungsmitglieder starben an den Folgen der Strahlung.

5. Oktober 1966 *

Der Kern eines Forschungsreaktors in der Nähe von Detroit im US-
Bundesstaat Michigan schmolz teilweise, als das Natrium-Kühlsystem 
versagte.

21. Januar 1969

Lucens
Bevor die Schweiz AKW-Fertigprodukten US-amerikanischer Bauart den 
Zuschlag gab (das AKW Berznau wurde von Westinghouse zu 
Dumpingpreisen angeboten), versuchten es die Schweizer mit einem AKW 
der Marke Eigenbau. Ein Konsortium Schweizer Unternehmen startete zu 
Beginn der 60er Jahre in einer Felskaverne in der Nahe von Lucens das 
Projekt eines immerhin 9 Megawatt starken Versuchsreaktors. Bereits 
in der Testphase geriet der Reaktor außer Kontrolle. Es kam zur 
Katastrophe und erst Jahre darauf wurde den Wissenschaftlern klar, 
daß die Explosion am 21. Januar 1969 durch eine Kernschmelze 
ausgelöst worden war. Die Explosion war so gewaltig, daß der Reaktor 
völlig zerstört wurde.

Erst 1971 wurden die Zerlegungs- und Dekontaminationsarbeiten 
abgeschlossen. Und erst 1979 lag der Untersuchungsbericht vor, der 
den Hergang der Katastrophe rekonstruierte. Diesem Bericht zufolge 
war glücklicherweise die Kettenreaktion zusammengebrochen und das 
austretende Kühlmittel gelangte in die Kaverne. Es entwich - so der 
Bericht - keine Radioaktivität in die Biosphäre. Nur einem 
unglaublichen Zufall ist es zu verdanken, daß sich zur Zeit der 
Explosion niemand in der Kaverne befand. Da der Reaktor von Lucens 
unter der Erde liegt, konnte zumindest ein großer Teil der 
Radioaktivität in der Kaverne zurückgehalten werden. In der 
Untersuchungskommission, welche die Folgeschäden der 
Reaktorkatastrophe untersuchte, saßen allerdings ausnahmslos Experten 
aus Gremien, welche die Betriebsbewilligung für Lucens erteilt 
hatten.

Die Kaverne wurde erst nach dem Unfall zugemauert, was die 
Untersuchungskommission nicht davon abhielt, eine nur geringfügige 
radioaktive Belastung der örtlichen Bevölkerung zu behaupten. 
Radioaktives Inventar aus Lucens wurde im Oktober 2003 in sechs 
CASTOR-Behältern ins Zwischenlager Würenlingen transportiert. Das 
Medienecho war sehr gering, was nicht verwunderlich ist.

Doch auch mit der Lagerung im Würenlinger "ZWILAG" ist das Kapitel 
Lucens noch lange nicht abgeschlossen. Das radioaktive Material wird 
noch für hunderttausende von Jahren unsere Nachkommen belasten.

17. Oktober 1969 *

Ein Fehler beim Einführen der Brennstäbe führte im französischen AKW 
Saint-Laurent zum teilweisen Abschmelzen eines gasgekühlten Reaktors. 
Ein Super-GAU wie in Tschernobyl mit der Freisetzung großer Mengen an 
Radioaktivität hatte gerade noch vermieden werden können.

1973

Ein zweiter schwerer Unfall in der Plutoniumfabrik Sellafield, bei 
dem ein Teil der Anlage radioaktiv verstrahlt wurde.

1974 *

Explosion in einem sowjetischen Schnellen Brüter in Schetschenko am 
Kaspischen Meer

30. November 1975

Leningrad, Sowjetunion
Nach einem Rohrbruch und durch geschmolzene Brennelemente wurden in 
einem Atomkraftwerk bei Leningrad große Mengen radioaktiver Stoffe 
freigesetzt. Noch in Finnland wurden radioaktive Niederschläge 
gemessen. Offiziell wurde der Unfall erst Mitte 1990 bestätigt.

7. Dezember 1975 *

Unfall im Atomkraftwerk Lubmin in der damaligen DDR an der 
Ostseeküste. Durch einen von einem Elektriker verursachten Kurzschluß 
entstand ein Brand. Der Reaktor konnte nicht mehr richtig gekühlt 
werden und es kam fast zu einer Kernschmelze. Der Fall wurde erst 
nach dem Ende der DDR 1989 im TV publik gemacht.

13. Januar 1977

Beide vom bayrischen AKW Gundremmingen abführenden Stromleitungen 
versagten. Bei der dadurch eingeleiteten Schnellabschaltung kam es zu 
einem Unfall und Totalschaden von Block A. Rund zehn Minuten nach der 
Schnellabschaltung stand im Reaktorgebäude das Wasser etwa drei Meter 
hoch und die Temperatur war auf rund 80 Grad Celsius angestiegen.

18. Juni 1978

Störfall im AKW Brunsbüttel, bei dem über den Kamin des Kraftwerks 
und über sechs Druckentlastungsklappen zwei Tonnen radioaktiver Dampf 
nach außen abgegeben wurde. Der Reaktor lief noch fast drei Stunden 
weiter, obwohl er innerhalb von fünf Minuten automatisch hätte 
abgeschaltet werden müssen.

28. März 1979 *

Harrisburg
Im AKW Three Mile Island bei Harrisburg im US-Bundesstaat 
Pennsylvania ereignete sich der bislang schwerste Atomunfall der USA. 
Eine teilweise Kernschmelze erzwang die Evakuierung der Umgebung, 
nachdem radioaktiv verseuchtes Gas in die Atmosphäre entwichen war.

Erst durch einen Kommissionsbericht an den US-Präsidenten Carter wird 
am 31. Oktober 1979 bekannt, daß zwei Wasserstoff-Explosionen im 
Reaktorkern stattgefunden hatten. Nachdem der Reaktor Jahre später 
geöffnet werden konnte, wurde rekonstruiert: Auf dem Höhepunkt des 
"Störfalls" lag die Temperatur mit rund 1.400 Grad Celsius nur etwa 
100 Grad unter dem Schmelzpunkt der Stahlwände des 
Reaktordruckbehälters.

7. August 1979 *

Aus einem geheimen Brennelementewerk im US-Bundesstaat Tennessee 
entwich hochangereichertes Uran. Rund 1000 Menschen erhielten 
radioaktive Strahlendosen, die dem Fünffachen der Strahlung 
entsprechen, denen ein Mensch in einem Jahr ausgesetzt ist.

1981

Bei einem Brand in der französischen Plutonium-Fabrik La Hague wurden 
20 Menschen "nennenswert verstrahlt". Der Brand wurde viele Jahre 
lang geheim gehalten.

25. April 1981 *

Nach offiziellen Berichten wurden 45 Arbeiter bei Reparaturarbeiten 
an einer störanfälligen Atomanlage im japanischen Tsuruga 
radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Rund 40 Tonnen radioaktives 
Kühlwasser aus dem Reaktor flossen direkt ins Meer. Wochenlang 
versuchten die Offiziellen den Vorfall zu verheimlichen.

Februar 1983

Das bulgarische AKW Kosloduj entging nach einem Kühlwasserverlust nur 
knapp einer Katastrophe. Sogar die IAEA hielt die Sicherheit der 
Anlage für so besorgniserregend, daß sie eine sofortige Stilllegung 
empfahl.

30. Juli 1985

Durch den Einbau eines falschen Relais kam es im AKW Brunswick in 
North Carolina zu einem Brand im Kühlsystem.

10. August 1985 *

Eine Explosion zerstörte die Schkotow-22-Werft, auf der die 
atomgetriebenen Schiffe der sowjetischen Kriegsflotte gewartet 
werden. Zehn Menschen starben sofort und zahlreiche weitere später an 
den Folgen der Verstrahlung.

6. Januar 1986 *

In Oklahoma wurde ein Arbeiter getötet und 100 wurden verletzt, als 
ein Zylinder mit nuklearem Material explodierte. Das Material war 
unsachgemäß erhitzt worden.

26. März 1986 *

Tschernobyl
Eine Explosion und ein Feuer im Atomkraftwerk Tschernobyl setzten 
radioaktive Wolken frei, die über weite Teile Europas zogen. 31 
Menschen starben direkt nach dem Unfall. Hunderttausende Menschen 
wurden aus der Gegend evakuiert. Von der Katastrophe besonders 
betroffen sind die Ukraine mit 15 Prozent und Weißrußland (Belarus) 
mit 70 Prozent der radioaktiven Niederschläge. Ein erster 
notdürftiger "Sarkophag" aus 300.000 Tonnen Beton und 7000 Tonnen 
Stahl, der den zerstörten Reaktor ummantelt, wurde erst am 15. 
November 1986 fertiggestellt.

Prof. Dr. Edmund Lengfelder, Otto-Hug-Strahleninstitut und 
Universität München, schätzt, daß in den ersten 15 Jahren - also bis 
2001 - insgesamt etwa 70.000 Menschen an den Folgen der Tschernobyl-
Katastrophe gestorben sind. Die Atom-Experten der Internationalen 
Atomenergieorganisation IAEA behaupteten 2006, lediglich 56 Tote 
gingen auf den Unfall zurück: 47 Katastrophen-Helfer und neun Kinder 
mit tödlich verlaufendem Schilddrüsenkrebs. Die ukrainische 
Kommission für Strahlenschutz bezifferte die Tschernobyl-Toten der 
ersten zwanzig Jahre auf 34.499 Menschen. Die UN-
Gesundheitsorganisation WHO veranschlagte bereits im Jahr 2000 die 
Zahl der Katastrophen-Helfer, die an Strahlenschäden und Suizid zu 
Tode kamen auf 50.000. Dabei gibt es genügend Beweise, Indizien und 
Dokumente für eine wissenschaftlich fundierte Schätzung der 
Todesopfer.

Rund 800.000 Menschen aus der gesamten Sowjetunion mußten sich als 
Katastrophen-Helfer ("Liquidatoren") an den Aufräumarbeiten nach der 
Katastrophe in Tschernobyl beteiligen. 50.000 von ihnen kamen nach 
Schätzung Lengfelders in den ersten 15 Jahren nach 1986 durch 
Strahlenschäden oder Suizid zu Tode. Die 30-Kilometer-Sperrzone um 
das AKW ist bis heute durch Cäsium, Plutonium und Strontium 
radioaktiv verseucht.

Von den zahlreichen in der Allgemeinbevölkerung auftretenden 
Erkrankungen wird der durch radioaktives Jod verursachte 
Schilddrüsenkrebs systematisch erfaßt. Bis Ende 2000 erkrankten in 
Weißrußland etwa 10.000 Menschen an diesem Krebs. Auch andere 
Tumorerkrankungen nahmen infolge von Tschernobyl zu. Bei Männern 
wurde eine drastische Zunahme von Lungen-, Magen-, Haut- und 
Prostatakrebs registriert. Bei Frauen hat sich die Zahl der 
Brustkrebserkrankungen innerhalb von 10 Jahren verdoppelt.

Die Genetikerin Hava Weinberg untersuchte Hunderte Kinder von nach 
Israel ausgewanderten Katastrophen-Helfern. Die nach der Tschernobyl-
Katastrohe Geborenen hatten, verglichen mit den vor 1986 geborenen 
Geschwistern, eine um 700 Prozent höhere Quote bei Erbgutmutationen. 
Wolodymyr Wertelecki, Chef-Genetiker an der Universität von Süd-
Alabama, ließ mit US-amerikanischen Regierungsgeldern in einer 
Langzeitstudie durchschnittlich 14.000 Neugeborene pro Jahr in den 
ukrainischen Provinzen Wolyn und Rowno untersuchen. Die Zahl der 
Babys mit Spina bifida (offenem Rücken), so eines seiner Ergebnisse, 
ist um das 20fache gestiegen.

August 1986

Knapp vier Monate nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurde 
das AKW Cattenom an der französisch-saarländischen Grenze bei einem 
Hochwasser der Mosel überflutet. 400.000 Tonnen Wasser drangen in die 
Keller des AKW ein, in denen sich die sensibelsten Teile der 
Reaktoren befinden, unter anderem die Hochleistungspumpen des 
Prrimärkreislaufs Aber auch in den überfluteten Verbindungsgängen 
drohte Gefahr. Hier laufen die Kabel entlang, die die Schaltanlagen 
und Pumpen der Reaktoren versorgen.

12. September 1986

GKSS
Am Morgen des 12. September 1986 gegen 7 Uhr wurde im AKW Krümmel - 
direkter Nachbar der nuklearen Forschungsanlage GKSS - ein 
automatischer Alarm wegen erhöhter Radioaktivität ausgelöst. Die 
Radioaktivität war durch die Lüftungsanlage in das Innere des 
Atomkraftwerks gelangt. Nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten 
war von der Elbe aus auf dem Hochufer, wo sich die GKSS befindet, ein 
großer Brand mit merkwürdig farbigem Feuerschein zu sehen. Nach der 
für Leukämie typischen Latenzzeit von vier Jahren kommt es in der 
Region um die GKSS zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl an 
Neuerkrankungen bei Kindern. Eine Reihe von Indizien deutet darauf 
hin, daß es am 12. September 1986 in einem Geheimlabor bei Versuchen 
mit miniaturisierten Atomwaffen, sogenannten Mini-Nukes, zu einem 
Unfall gekommen war.

Eines der stärksten Indizien sind winzige Kügelchen in Bodenproben, 
die im Bereich des AKW Krümmel und der GKSS entnommen und an der 
Minsker Sacharow-Universität von einem international renommierten 
Experten der Plutoniumverortung analysiert wurden. Professor Mironov 
kam zum Ergebnis, daß die gefundenen erhöhten Plutonium- und 
Thoriumkonzentrationen so in der Natur nicht vorkommen, sondern 
künstlich hergestellt sind. Sowohl die Tschernobyl-Katastrophe als 
auch der Fall-Out früherer überirdischen Atomwaffentest scheiden 
wegen der besonderen Zusammensetzung als Erklärung für die Herkunft 
der Kügelchen aus.

Januar 1987

Explosion im NUKEM-Werk in Hanau. Plutonium wurde freigesetzt.

16. Dezember 1987

Ein schwerer Unfall im AKW Biblis A war nicht nur sehr bedenklich, er 
wurde auch noch neun Monate geheimgehalten. Ein offenstehendes Ventil 
hätte beinahe eine Kernschmelze ausgelöst. Es war zu einer 
unvorhergesehenen Verbindung zwischen Hoch- und Niederdrucksystem 
gekommen. Dadurch bestand die Gefahr, daß eine vom Nachkühlsystem 
abzweigende Prüfleitung aufgrund des hohen Drucks hätte aufplatzen 
und das den Reaktor vor Überhitzung schützende Kühlwasser in größeren 
Mengen hätte entweichen können.

Der damalige Umweltminister Karlheinz Weimar erklärte später in einer 
Regierungserklärung, der Störfall hätte mit "höherer 
Wahrscheinlichkeit" zur Katastrophe führen können. Doch die Atom-
Aufseher benötigten ganze neun Monate, "bis sie wenigstens intern 
zugaben, daß die dichtbesiedelte Rhein-Main-Region gerade nochmal 
davongekommen war." (Der Spiegel, Hamburg, Nr. 51, S. 27,28, 
19.12.1988)

Eine Katastrophe im AKW Biblis würde unter den 3,4 Millionen Menschen 
der Großregion Rhein-Main über eine Million Krebskranke verursachen 
und als Untergrenze mindestens 500 Milliarden Euro kosten.

Oktober 1989

Das spanische AKW Vandellos I bei Tarragona geriet in Brand. Nach 
Angaben der IAEA war es der "schwerste Unfall in einer Nuklearanlage 
in Europa seit Tschernobyl". Einen Kilometer entfernt waren noch die 
Stichflammen zu sehen. Eine der beiden Generatorturbinen war 
explodiert und in Brand geraten. Das Feuer breitete sich aus und 
legte das Kühlsystem lahm. Es brach Panik im Kontrollraum aus und die 
Techniker ergriffen die Flucht. Die Feuerwehr, spezialisiert auf 
Waldbrände und ohne Schutzanzüge, löschte mit Wasser. Ein ungeheures 
Risiko, da die Gefahr von Wasserstoffexplosionen heraufbeschworen 
wurde. Nur durch viel Glück ließ sich der Brand letztlich löschen.

Juli 1992

Das schwedische AKW Barsebäck stand kurz vor dem Super-GAU. Nahezu 
sämtliche Informationen werden von der schwedischen Regierung 
geheimgehalten.

November 1992 *

Beim bis dahin nach offiziellen Angaben schwersten Atomunfall in 
Frankreich wurden drei Arbeiter verstrahlt, als sie einen atomaren 
Teilchenbeschleuniger in Forbach ohne Schutzkleidung betraten. 
Mitglieder der Geschäftsführung wurden 1993 zu Gefängnisstrafen 
verurteilt, weil sie nicht für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen 
gesorgt hatten.

6. April 1993

Sewersk, Rußland
In Tomsk-7, einer militärischen Plutoniumfabrik, kam es zu einer 
Gasexplosion mit Atommüll. Über einhundert Quadratkilometer im Gebiet 
Sewersk wurden radioaktiv verseucht.

1993

Ein indisches AKW, 180 Kilometer östlich der Hauptstadt Neu-Dehli 
stand haarscharf vor einem Super-GAU. Wie die 'Far Eastern Economic 
Review' berichtete, stand die Anlage kurz vor der Kernschmelze. Nach 
einem Stromausfall setzten die Kühlwasserpumpen aus. Schwarzer Rauch 
trieb die Angestellten aus dem Kontrollraum. Mitarbeitern gelang es 
schließlich, eine Borlösung in den Reaktordruckbehälter zu kippen, 
die die Kettenreaktion unterbrach.

November 1995 *

In Tschernobyl wurde eine große Strahlenmenge freigesetzt, als 
Brennstäbe von einem der Reaktorblöcke entfernt wurden.

November 1995 *
(nach neueren Angaben: 8. Dezember 1995)

Bei einem Unfall am Prototypen des japanischen Schnellen Brüters 
Monju entwichen zwei bis drei Tonnen Natrium aus dem Sekundär-
Kühlkreislauf. Es kam zu einem gefährlichen Brand. Das 'Hamburger 
Abendblatt' schrieb: "Eine Katastrophe wurde knapp vermieden. Die 
halbstaatliche Betreiberfirma Donen - dieselbe wie in Tokai 
(havarierte Wiederaufarbeitungsanlage) - belog die Öffentlichkeit 
nach Strich und Faden und fälschte sogar beweiskräftige Videos. Als 
der Schwindel aufflog, nahm sich Atommanager Shigeo Nishimura 
beschämt das Leben."

November 1996

Im französischen AKW Fessenheim stand eines der drei 
Sicherheitsventile über einen Monat lang offen, ohne daß dies bemerkt 
wurde.

März 1997 *

Feuer und Explosion im staatlichen japanischen Nuklearkomplex 
Tokaimura, 120 Kilometer nordöstlich von Tokio. Mindestens 35 
Arbeiter wurden erhöhter Strahlung ausgesetzt. Noch in 60 Kilometer 
Entfernung wurde mindestens zehnmal mehr radioaktives Cäsium-137 
gemessen als ein Tag vor der Katastrophe.

30. September 1999 *

Tokaimura
Wegen eines Bedienungsfehlers kam es im Brennelementewerk im 
japanischen Nuklearkomplex Tokaimura zu einer unkontrollierten 
Kettenreaktion. Mindestens 52 Menschen wurden erhöhter Strahlung 
ausgesetzt. Am 21. Dezember 1999 starb der 35 Jahre alte Arbeiter 
Hisashi Ouchi an den Folgen seiner schweren Verletzungen. Am 27. 
April 2000 starb der 40 Jahre alte Arbeiter Masato Shinohara sieben 
Monate nach dem Atomunfall in Tokaimura an mehrfachem Organversagen. 
Beim Tokaimura-Unfall 1999 waren beide Arbeiter einer Strahlung 
zwischen 10 und 17 Sievert ausgesetzt. Die stark strahlende 
unkontrollierte Kettenreaktion konnte erst nach fast zwei Tagen 
gestoppt werden.

28. Dezember 1999

Ein Unfall, bei dem nur äußerst knapp ein GAU hatte vermieden werden 
können, ereignete sich in Folge des Sturms 'Lothar' in der Nacht zum 
28. Dezember 1999 im AKW Blayais in der Nähe von Bordeaux. Das 
Hochwasser der Gironde, das in diesem Ausmaß bei der Planung des AKW 
Blayais nicht vorgesehen war, hatte dazu geführt, daß Wasser ins 
Reaktorgebäude eindrang und zentrale Anlagen-Teile überflutete.

Spätere Analysen des Unfall-Hergangs zeigten, daß ein Zusammenbruch 
der Stromversorgung kurz bevor stand und damit die Notabschaltung 
unmöglich geworden wäre. Die Pumpen der Kühlkreisläufe wären 
ausgefallen, der Reaktorkern wäre durchgebrannt und eine Explosion 
des Reaktordruckbehälters unvermeidbar geworden. Entgegen der 
sonstigen Verschwiegenheit der französischen Presse in Fragen der 
"nuklearen Sicherheit" berichtete die Zeitung 'Sud Ouest', daß das 
AKW Blayais nahe Bordeaux nur knapp einem schweren Unglück entgangen 
sei.

August 2001

Block II des AKW Philippsburg wurde hochgefahren, obwohl (unbemerkt) 
das Notkühlsystem nicht in Funktion war. Auch nachdem dies zwei 
Wochen später bemerkt wurde, blieb Block 2 rechtswidrig angeschaltet. 
In den folgenden Untersuchungen kam heraus, daß das Notkühlsystem 
über Jahre hinweg nicht ordnungsgemäß befüllt gewesen war. Bei 
Problemen mit der Neutronenregulation kann dies zum Super-GAU führen.

14. Dezember 2001

Wie sich erst im Februar 2002 herausstellte, war ein Unfall im AKW 
Brunsbüttel am 14. Dezember 2001 schwerwiegender als zunächst 
zugegeben: Eine Rohrleitung im Sicherheitsdruckbehälter ("Core") des 
Reaktors war nach einer Wasserstoffexplosion auf eine Länge von zwei 
Metern völlig zerfetzt. Ähnlich wie bei der Katastrophe von 
Harrisburg hatte sich ein explosives Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch 
gebildet.

Das Kontroll-Personal nahm als harmlosteste mögliche Ursache eine 
schadhafte Dichtung an. Die erst drei Monate später (nach 
winterlichen Spitzenlasten im Stromgeschäft) informierte 
Bundesaufsicht ordnete die sofortige Abschaltung an.

2003

Schwerer Unfall im ungarischen AKW Paks (Typ WWER-440/213 
sowjetischer Bauart) mit Austritt radioaktiver Gase

27. Juli 2004

Radioaktiv kontaminiertes Wasser aus Block II des AKW Neckarwestheim 
gelangte unbemerkt in den Neckar. Die Betreiber mußten ein 
Ordnungsgeld von 25.000 Euro bezahlen; ein Geschäftsführer wurde 
entlassen.

29. Dezember 2004

Die Flut des Tsunami drang auch in das indische AKW Kalpakkam in der 
Nähe von Madras. Obwohl jeder Wassereinbruch die Funktionsfähigkeit 
der elektrischen Steuerinstrumente gefährdet, konnte nach Angaben der 
indischen Regierung der Reaktor noch rechtzeitig heruntergefahren 
werden.

16. Februar 2005

WAA Sellafield
Aus der britischen WAA Sellafield, einer der größten Atom-Anlagen der 
Welt, sind einem Bericht der britischen 'Times' zufolge 30 Kilogramm 
Plutonium verschwunden. Die Menge würde für den Bau von acht 
Atombomben ausreichen.

April 2005

WAA Sellafield
Wie erst am 9. Mai bekannt wurde, hatte sich im April 2005 ein 
schwerer Unfall in der WAA Sellafield ereignet. Die britische 'Times' 
und der 'Guardian' berichteten, daß in der WAA Sellafield viele 
Tonnen uran- und plutoniumhaltige Salpetersäure durch ein gerissenes 
Rohr ausgelaufen waren. Der Plutonium-Anteil beträgt nach 
Informationen der 'Times' 200 Kilogramm, "was für 20 Atombomben 
ausreichen würde". Später erst wurde bekannt, daß das Leck erst nach 
über sieben Monaten entdeckt worden war und insgesamt 83.000 Liter 
radioaktive Flüssigkeit ausgelaufen waren. Die betroffene Halle wurde 
massiv verstrahlt, so daß ferngesteuerte Maschinen die Entsorgung der 
Flüssigkeit vornehmen mußten.

26. Juli 2006

Beinahe-GAU im schwedischen AKW Forsmark
Zwei von vier Notstrom-Aggregaten versagten nach einem Kurzschluß. 
Die elektronische Steuerung war lahmgelegt. Lars-Olov Höglund, der 
als langjähriger Chef der Konstruktionsabteilung des schwedischen 
Vattenfall-Konzerns für das AKW Forsmark zuständig war und den 
Reaktor in- und auswendig kennt, erklärte, es sei "reiner Zufall" 
gewesen, daß es zu keiner Kernschmelze kam. Nach seiner Einschätzung 
stand der Reaktor nur sieben Minuten vor dem GAU. Höglund 
kommentierte: "Das ist die gefährlichste Geschichte seit Harrisburg 
und Tschernobyl".

November 2006

Beinahe-GAU im Atom-Forschungslabor
Am 10. Januar 2007 war in der Zeitung 'Le Monde' zu lesen: In einem 
Plutonium-Forschungslabor im südfranzösischen Cadarache war auf Grund 
menschlichen Versagens versehentlich die doppelte Menge von 
Brennstäben in den Versuchsreaktor eingeführt worden und man war 
dadurch nicht mehr all zu weit von der kritischen Masse entfernt. Das 
Ganze passierte zwei Monate zuvor im November 2006. Erst im Januar 
wurde der "Vorfall" auf einer nuklearen Störfallskala, die von 1 bis 
7 reicht, nachträglich auf 2 hoch gestuft.

12. Juni 2007

Das ZDF meldete drei Tote bei Atom-Unfällen. Laut Recherchen des ZDF 
wurden in den Jahren zwischen 1996 und 2007 21.000 Tonnen 
radioaktives und hochgiftiges Uranhexafluorid, sogenanntes Yellow 
Cake, von der Firma Urenco nach Sibirien verschoben. Radioaktive 
Abfallstoffe lagern dort seit Jahren unter freiem Himmel. Die Fässer 
rosten vor sich hin. ZDF-Reporter deckten auf, daß in den russischen 
Anreicherungsanlagen bei Unfällen Uranhexafluorid freigesetzt wurde 
und dabei drei Arbeiter ums Leben kamen.

28. Juni 2007

Beinahe-GAU im AKW Krümmel nach Transformator-Brand
Nach einem Transformator-Brand kam es zu einer Schnellabschaltung des 
AKW Krümmel. Etliche Tage später wurde bekannt, daß durch 
"unplanmäßiges Öffnen von zwei Sicherheits- und Entlastungsventilen" 
und durch den "unplanmäßigen Ausfall einer von mehreren 
Reaktorspeisewasserpumpen" ein gefährlicher und rasanter Druck- und 
Füllstandsabfall um über zwei Meter im Reaktordruckbehälter 
verursacht worden war. Bei einem Füllstandsabfall im 
Reaktordruckbehlter werden die Brennstäbe freigelegt. Innerhalb 
kürzester Zeit führt dies zu einer Überhitzung und zur gefürchteten 
Kernschmelze.

Im Juli 2007 wurde bekannt, daß in den kritischen Minuten Rauch in 
der Leitwarte des AKW Krümmel eingedrungen war. Es muß Panik 
geherrscht haben. In der Zeit zwischen 15.02 Uhr und 15.30 Uhr 
hielten sich dort nicht wie gewöhnlich fünf, sondern insgesamt 37 
Personen auf. Erst mit Hilfe der dritten oder vierten 
Sicherheitsreserve - und somit dem allerletzten Notnagel - konnte der 
Füllstand im Reaktordruckbehälter wieder auf die nötige Mindesthöhe 
angehoben werden.

16. Juli 2007

Schwerer Unfall im japanischen AKW Kashiwazaki nach Erdbeben
Nach einem Erdbeben der Stärke 6,8 kam es im größten japanischen 
Atomkraftwerk in Kashiwazaki-Kariwa zu einem Unfall. Aus zwei Lecks 
trat radioaktives Wasser aus und floß ins Meer.

24. Juli 2008

Innerhalb von nur 17 Tagen war es in französischen Atomanlagen zu 
vier gravierenden Zwischenfällen gekommen. Am 7. Juli lief eine 
größere Menge Uran-Lösung auf dem Gelände des AKW Tricastin aus. 
Wegen eines defekten Rückhaltebeckens gelangte ein großer Teil der 
Flüssigkeit ins Erdreich und die beiden Flüsse Gaffière und L'Auzon.

Am 18. Juli wurde bekannt, daß ein unterirdisches Rohr in der 
Brennelemente-Fabrik in Romans-sur-Isère seit längerer Zeit undicht 
ist. Angeblich gelangten nur geringe Mengen Uran ins Erdreich.

Am 22. Juli erreicht eine Meldung die Öffentlichkeit, wonach am 18. 
Juli im AKW Saint-Albin, nur wenige Kilometer nördlich des AKW 
Tricastin, 15 MitarbeiterInnen einer Fremdfirma radioaktiv 
kontaminiert worden waren.

Und am 24 Juli war erneut das AKW Tricastin betroffen. In der 
französischen Nuklearanlage wurden bei Wartungsarbeiten in einem der 
vier Reaktorgebäude 100 MitarbeiterInnen radioaktiv kontaminiert. 
Beim Öffnen eines Rohrs sei radioaktiver Staub freigesetzt worden.

Die mit einem Stern hinter dem Datum gekennzeichneten Unfälle wurden 
in der eingangs genannten französischen Listung berücksichtigt.

 

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Die übrigen Folgen der Info-Serie:

  1 Grundlagenwissen

  2 Der deutsche "Atom-Ausstieg"

  3 Die Subventionierung der Atomenergie

  4 Der siamesische Zwilling: Atombombe

  5 Umweltverbrechen Uran-Abbau

  6 Uran-Ressourcen und die Zukunft der Atomenergie

 

  8 Die stille Katastrophe

  9 Der italienische Atom-Ausstieg

10 Schwedens "Atom-Ausstieg"

11 Atomenergie in Frankreich

12 Das ungelöste Problem der Endlagerung




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