[fessenheim-fr] Subventionierung der Atomenergie
Klaus Schramm
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So Jul 13 19:51:47 CEST 2008
12.07.2008
Subventionierung der Atomenergie
Mit realer Haftpflicht: 2 Euro pro Kilowattstunde
Warum volle Haftpflicht für Solaranlagen, nicht aber für
Atomkraftwerke?
Frank Winkler, ehemaliger Chef-Manager der weltgrößten Solarfirma für
thermische Solaranlagen 'Solahart', fordert Chancengleichheit. Auch
die Betreiber von Atomkraftwerke müssen dazu verpflichtet werden,
eine dem realen Gefahrenpotential angemessene Haftpflicht-
versicherung abzuschließen.
Der Wirtschaftsingenieur Winkler stellt öffentlich die Frage: "Wenn jede
Windenergie- und Solaranlage voll haftpflichtversichert sein muß,
warum dann nicht erst recht risikoreiche Atomkraftwerke? Niemand
versteht, warum es nur eine symbolische Atom-Haftpflichtversicherung
gibt, die weniger als 0,1 Prozent der bei einem Super-GAU erwarteten
Schäden deckt." Tatsächlich handelt es sich dabei um eine
Sonderregelung für die Atomindustrie, die weder die "rot-grüne"
Bundesregierung (1998 - 2005) noch die gegenwärtige "schwarz-rote"
anzutasten wagte. Dabei stellt dies eine massive verdeckte
Subventionierung des real nicht konkurrenzfähigen Atomstroms dar.
Winkler und die atomkritische ÄrztInnen-Organisation IPPNW weisen
darauf hin, daß laut Prognos-Studie im Auftrag des
Bundeswirtschaftsministeriums bei einem Atomunfall Schäden von
über 5000 Milliarden Euro drohen. Die Deckungsvorsorge für ein
Atomkraftwerk liegt aber nur bei 2,5 Milliarden - also weniger als 0,1
Prozent. Haftpflichtversichert sei ein Atomkraftwerk sogar nur mit 0,5
Milliarden Euro. In diesem Zusammenhang ist nur logisch, daß alle
privaten Haftpflichtversicherungen in Deutschland Schäden durch
Nuklearunfälle ausdrücklich ausschließen.
"Als ich vor Jahren den Vertrieb des weltgrößten thermischen
Warmwasser-Solaranlagenherstellers aus Australien in Deutschland
und Österreich aufgebaut habe, mußte ich für Europa eine
Produkthaftpflichtversicherung abschließen. Ohne
Produkthaftpflichtversicherung wäre eine Einfuhr und der Vertrieb der
damals bereits 500.000-fach erprobten 'Solahart'-Solaranlage in Europa
nicht genehmigt worden," erinnert sich Frank Winkler. Für ihn ist es
daher völlig unverständlich, "warum ausgerechnet die sehr gefährliche
Atomindustrie die einzige deutsche Industrie ist, die Kraftwerke
betreiben darf, die völlig unzureichend haftpflichtversichert sind. Der
Versicherungs-Skandal der praktisch völlig fehlenden
kostendeckenden AKW-Haftpflichtversicherung wurde in einer
offiziellen Broschüre des Bundesumweltministeriums bestätigt."
Voll haftpflichtversicherter Windstrom ist bereits heute in Deutschland
für unter 10 Cent pro Kilowattstunde zu bekommen. Atomstrom jedoch
würde über 2 Euro pro Kilowattstunde kosten, wenn eine reale
Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden müßte. Ohne diese
verdeckte Subventionierung ist Atomstrom nicht konkurrenzfähig.
IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz weist darauf hin, daß der
Rechtswissenschaftler Norbert Pelzer schon auf dem 'Ersten
Deutschen Atomrechts-Symposium' 1972 zu recht festgestellte: "In
unserem Schadensersatzrecht gilt der Grundsatz der vollen
Ersatzleistung, § 249 BGB. Summenmäßige Haftungsbegrenzungen
sind die Ausnahme. (...) Es muß eine vernünftige Relation zwischen
Haftungssumme und Schadenspotenzial bestehen, anderenfalls kann
man von ,Schadensersatz' schwerlich sprechen." Auf dem 'Sechsten
Deutschen Atomrechts-Symposium' sagte Pelzer, daß man mit dem
Atomhaftungsrecht "für die haftpflichtigen Inhaber von Kernanlagen
Privilegien schuf, die dem sonstigen Haftungsrecht unbekannt waren."
"Von einer vernünftigen Relation zwischen Haftungssumme und
Schadenspotenzial kann bezüglich der Atomhaftung bei einer
Deckungsvorsorge von weniger als 0,1 Prozent natürlich nicht die Rede
sein", kritisiert Paulitz. "Dieses Privileg gehört abgeschafft." Die IPPNW
fordert daher schon seit Jahren eine volle Haftpflichtversicherung für
Atomkraftwerke. Die extreme Ungleichbehandlung der erneuerbaren
Energien gegenüber der Atomenergie sei völlig unakzeptabel.
Eine Mehrheit der "schwarz-rot-gelb-grüne" PolitikerInnen steht jedoch
- entweder mit dem "Bekenntnis zum Atomausstieg" oder der
Forderung nach einer "Verlängerung der AKW-Laufzeiten" - real für
einen Bestandsschutz der deutschen Atomenergie. Zugleich sind sie
nicht gewillt, die Subventionierung der Atomenergie, die sich
zusammen mit anderen Fördergeldern über EURATOM und
Pseudo-Forschungsgelder auf jährlich über 7 Milliarden Euro beläuft,
einzustellen. Und am Reichstagsgebäude in Berlin prangt nach wie vor
die Inschrift: "Dem Deutschen Volke."1
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe hierzu unseren Artikel
Wem gehört der Bundestag?
politische Aktion in Berlin (27.04.07)
Siehe auch unsere Artikel
AKW Tricastin: Flüsse in Südfrankreich
radioaktiv kontaminiert (8.07.08)
AKW Neckarwestheim:
Hohe Tritium-Konzentration im Neckar (23.06.08)
Skandal-Grube Asse II
Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert (12.06.08)
Schwerer Störfall im AKW Philippsburg I
Reaktor heruntergefahren (6.06.08)
Schwerer AKW-Störfall in Slowenien
Radioaktives Kühlwasser trat aus (4.06.08)
AKW Neckarwestheim I heruntergefahren
Reaktordruckbehälter undicht (23.05.08)
Minderwertiger Beton bei Bau des "Zwischenlagers"
beim AKW Neckarwestheim? (8.05.08)
AKW-Unfall in Spanien
Greenpeace ortet Radioaktivität bei Tarragona (8.04.08)
Brand im AKW Brokdorf (14.03.2008)
AKW Fessenheim: Block 2 abgeschaltet
Leck im Primärkreislauf (20.02.08)
AKW Gundremmingen Block B abgeschaltet
Weitere Indizien für illegales "AKW-Tuning" (9.01.08)
Krebs-Häufung in der Nähe von AKWs
Neue Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz
(7.12.07)
Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"
Atom-Ausstieg selber machen!
Mehr Informationen über die Mailingliste fessenheim-fr