[fessenheim-fr] Asse II / Eindringendes Wasser radioaktiv
Klaus Schramm
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Fr Jun 13 17:13:30 CEST 2008
12.06.2008
Skandal-Grube Asse II
Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert
Das im ehemaligen Salzbergwerk Asse II betriebene "Versuchs-
endlager" für mittelradioaktiven Müll ist - wie erst vor wenigen Jahren
öffentlich eingestanden wurde - undicht. Bereits seit 1988 dringt Wasser
ein. Der Zufluß hat sich auf insgesamt zwölfeinhalb Kubikmet pro Tag
ausgeweitete. Nun mußte der Betreiber der Anlage auf Anfrage des
Landkreises Wolfenbüttel einräumen, daß Wasserzuflüsse im Bereich
der 750-Meter-Sohle, auf der große Mengen Atommüll lagern,
mittlerweile radioaktiv belastet sind.
Die in der Salzlauge gemessene Radioaktivität geht offenbar von
Cäsium-137 aus. Es handelt sich dabei um einen Stoff, der eindeutig der
technischen Kernspaltung entstammt. Nach Auffassung von
KritikerInnen gibt es nur zwei Möglichkeiten: "Entweder ist bereits
Atommüll in Lösung gegangen oder das zufließende Wasser wurde
durch radioaktiven Fallout an der Erdoberfläche belastet." In Betracht
kämen Tschernobyl (1986) oder die Atomwaffentests der 50er und 60er
Jahre. Das allerdings spräche für eine sehr unmittelbare Verbindung
zwischen Atommüll und Erdoberfläche. Die KritikerInnen warnen
eindringlich vor der geplanten Flutung des Atommülls.1
Bereits im November vergangenen Jahres mußte der Betreiber von
Asse II Gefahr im Verzug melden: Das unterirdische Salzgebirge, in dem
"versuchsweise" 126.000 Fässer mit mittelradioaktivem Atommüll
eingelagert sind, verliert an Tragfähigkeit. Der Wissenschaftler
Wolfgang Minkley vom Institut für Gebirgsmechanik erklärte: "Das
Tragsystem befindet sich im Grenzzustand, es besteht die Gefahr, daß
diese Prozesse sich beschleunigen." Seinerzeit mußte
Bundes-"Umwelt"-Minister Sigmar Gabriel gegenüber den KritikerInnen
zugestehen: "Ein nicht mehr kontrollierbarer Lösungszutritt könnte zu
einer begrenzten Mobilisierung von Schadstoffen führen." Diese
Erkenntnis, daß also "Schadstoffe" - sprich:Radioaktivität - freigesetzt
werden können, blieb jedoch bislang ohne Konsequenzen.
Statt den Atommüll schleunigst aus dem Bergwerg zu evakuieren, wird
seit Monaten darüber diskutiert, eine "kontrollierte Flutung" von Asse II
mit Magnesiumchloridlauge vorzunehmen. "Das Einbringen von noch
mehr Flüssigkeit mobilisiert ja gerade die radioaktiven Stoffe, statt sie
zu binden", kritisiert Udo Dettmann vom ASSE-II-Koordinationskreis.
"Angesichts der möglicherweise sehr direkten Wegsamkeit zur
Erdoberfläche ein Irrsinn. Das hieße, den GAU der Endlagerung zum
Super-GAU zu machen." Mit der Flutung, so Dettmann, wolle der
Betreiber weiterhin auf katastrophale Entwicklungen in einer Art und
Weise reagieren, daß der Schaden schon in sehr kurzer Zeit größer ist
als der Nutzen.
Informationen über das tatsächliche Ausmaß der Probleme in Asse II
dringen nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit. Am 29. Mai hatten
die KritikerInnen des "Versuchsendlagers" Berechnungen des
Bundesamtes für Strahlenschutz vom September 2007 veröffentlicht,
wonach es bereits 150 Jahre nach der geplanten Flutung zu
radioaktiven Ausgasungen komme. Den Berechnungen zufolge würden
die radioaktiven Gase in so hohen Dosen entweichen, daß dabei das
Fünffache der Höchstwerte überschritten werden kann.
Vergangene Woche wurde ein Bericht des Betreibers vom Februar
bekannt, wonach es inzwischen auch Laugenzuflüsse im Bereich des
Atommülls gebe. Erst auf Nachfragen des Landkreises Wolfenbüttel
räumte der Betreiber ein, daß dieses Wasser radioaktiv kontaminiert ist.
Im Umweltausschuß des Landkreis Wolfenbüttel wurde am 9. Juni die
Frage der Haftung aufgeworfen. Die Brisanz dieser Frage reicht weit
über den Standort hinaus. In die Kritik geriet dabei Prof. Dr. Klaus Kühn,
der nach Darstellung der KritikerInnen nicht nur das
"Versuchsendlager" Asse II geplant und befürwortet hat, sondern
ebenfalls im Zusammenhang mit dem Endlagerprojekt Gorleben tätig
war.
Noch vor wenigen Jahren hatten ExpertInnen des industrienahen
'Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit' (GSF), behauptet,
die Langzeitsicherheit von Asse II sei gewährleistet und ein ehemaliges
Salzbergwerk sei "absolut sicher". Die sich jetzt abzeichnende
Katastrophe zeigt nach Ansicht der KritikerInnen, daß es nicht möglich
ist, radioaktiven Müll in Salzbergwerken auch nur für nur für wenige
Jahrzehnte sicher von der Biosphäre abzuschirmen.
Bereits 2001 wurde bekannt, daß tonnenschwere Salzblöcke in der
Atommüll-Grube Morsleben von den Decken stürzten. Das von der DDR
geerbte "Endlager" mußte stillgelegt werden. Mittlerweile wurde
bekannt, daß es auch dort zu Wassereinbrüchen kam. Trotz all dieser
negativen Erfahrungen versucht die Atom-Mafia und die ihr dienenden
PolitikerInnen weiterhin das ehemalige Salzbergwerk Gorleben als
weltweit erstens Endlager für hochradioaktiven Müll durchzusetzen.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe auch unsere Artikel:
Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich)
(14.01.08)
Drohende Umweltkatastrophe durch Atom-Lagerstätte Asse
Gabriel räumt Gefahren ein (21.11.07)
Die BI Schacht Konrad weitet den Kampf aus
Zahlreiche Aktionen gegen Atommülldeponie (4.07.07)
Niederlage im Kampf gegen Schacht Konrad
Gericht gibt Atom-Mafia recht (3.04.07)
Atomares Endlager
Yucca Mountain gestoppt (22.07.04)
ItalienerInnen erfolgreich -
kein Endlager weltweit (2.12.03)
Endlager-Wahnsinn (28.02.01)
Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"
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