[fessenheim-fr] Betrug beim Oeko-Strom?

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Mi Jun 11 23:45:22 CEST 2008


11.06.2008 
                Betrug beim Öko-Strom? 

               Lichtblick mit 2 Prozent "Egal-Strom" erwischt 

      Einem heutigen (Mittwoch) Bericht der Financial Times Deutschland
      zufolge kaufte der Öko-Strom-Anbieter 'Lichtblick' mehrfach Strom an
      der Leipziger Strombörse European Energy Exchange (EEX) ein. Nach
      Informationen der Zeitung bezog Lichtblick im Dezember 2006 und von
      Oktober 2007 an zeitweise knapp 4.000 Megawattstunden täglich von
      der EEX. Insidern zufolge betrug die eingekaufte Menge im Jahr 2007
      rund 20 Gigawattstunden. Das seien rund zwei Prozent der
      Strommenge, die das Hamburger Unternehmen seinen KundInnen
      verkaufte. Anfang 2008 habe Lichtblick weiter an der EEX eingekauft,
      ohne es öffentlich bekannt zu machen. Lichtblick hat damit entgegen
      der eigenen Werbung auch Atom- und Kohlestrom an seine KundInnen
      verkauft. Auch wenn es sich um einen geringen Anteil handelt, dürften
      die Folgen für die Glaubwürdigkeit der gesamten Öko-Strom-Branche
      erheblich sein. 

      An der Leipziger Strombörse wird vor allem konventioneller Strom
      überwiegend aus Atom- und Kohlekraftwerken gehandelt. Lichtblick
      wirbt damit, "vollständig auf Strom aus Atom-, Kohle- und
      Ölkraftwerken" zu verzichten. 

      Nach anfänglichem Leugnen räumt Lichtblick inzwischen ein, Strom am
      EEX-Spotmarkt einzukaufen. Dies sei nötig, da es bei der Versorgung
      "Abweichungen zwischen Kurzfristprognose und zum Teil langfristig
      im Voraus vertraglich gesicherten regenerativen Strommengen" gebe.
      Der Zukauf könne aber nicht in Öko-Qualität erfolgen". Das Vorgehen
      sei "breit akzeptiert". Alle Ökostromanbieter und Zertifizierer wüßten
      dies. 

      Greenpeace Energy wies mittlerweile die Behauptung von Lichtblick
      zurück, die Lieferung von "Egal-Strom" als Öko-Strom sei unter den
      Öko-Strom-Anbietern breit akzeptiert. "Wir kaufen keinen Strom an der
      Börse", sagte Vorstandsmitglied Robert Werner. "Unser Öko-Strom
      stammt aus sauberen Kraftwerken, die in Lieferverträgen exakt definiert
      sind." 

      Der Strom-Handel von Lichtblick hat einen Rechtsstreit mit der EEX
      ausgelöst. Angeblich fürchtet nun auch die Strom-Börse einen
      Image-Verlust. Sie forderte Lichtblick auf, die Hintergründe der
      Geschäfte offenzulegen. Dagegen legte der Versorger Widerspruch ein.
      Lichtblick hat deswegen Klage am Verwaltungsgericht Leipzig
      eingereicht (Az.: 5K 414/08). 

      Lichtblick will eigenen Angaben zufolge nun darüber nachdenken, in
      seiner Werbung auf den "unvermeidlichen Anteil" von Strom aus Atom-
      oder Kohlekraftwerken hinzuweisen. Das Unternehmen erreichte 2007
      200 Millionen Euro Jahresumsatz und versorgt nach eigenen Angaben
      mehr als 400.000 Strom- und 13.000 Gaskunden. Vom TÜV Nord hatte
      sich Lichtblick bislang bescheinigen lassen, "zu 100 Prozent
      regenerativen Strom" anzubieten. Lichtblick-Gründer Heiko von
      Tschischwitz war 2006 zum "Ökomanager des Jahres" gekürt worden. 

      Bereits im vergangenen Jahr hatte Lichtblick bei vielen
      UnterstützerInnen erneuerbarer Energien Unmut ausgelöst, als das
      Unternehmen ausgerechnet mit Deutschlands meistverkauftem
      Toilettenpapier (das mit den vier Buchstaben) eine Kooperation einging
      und seinen Strom als "BILD-Ökostrom" vermarktete. Hinzu kommt, daß
      Lichtblick bereits im Januar wegen der Verwendung der umstrittenen
      RECS-Zertifikate in die Kritik geraten war.1 

        

      REGENBOGEN NACHRICHTEN 

        

      Anmerkungen 

      1 Siehe auch unsere Artikel: 

            Schwindel mit Öko-Strom 
            Atom-Strom wird mit RECS umetikettiert (6.01.08) 

            100 Prozent Ökostrom in 8 Jahren 
            Eine realistische Perspektive für die Energiewende? (15.03.08) 




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