[fessenheim-fr] 25 Jahre

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Sa Nov 25 16:54:19 CET 2006


Hallo Klaus Bindner!

Schön, daß mal jemand wegen der 25 Jahre Laufzeit von AKWs nachfragt:
In den Mainstream-Medien wird das selbstverständlich nicht mehr erwähnt -
deshalb hier zwei unbestechliche Quellen-Angaben.

1. Holger Strohm
(Holger Strohm - das muß mensch leider heute dazusagen - ist der Autor
des Standardwerks 'Friedlich in die Katastrophe'. Das galt einmal als
die "Bibel der AtomkraftgegenerInnen". Dieses Buch mit rund 1.300 Seiten - 
gespickt mit Informationen und über 4000 Literaturangaben - wurde 1981
auch mit finanzieller Unterstützung der damals noch existierenden Partei
DIE GRÜNEN per Einschreiben an alle Bundestagsabgeordneten, Bundes- und
Landesregierungen und viele andere verschickt, damit die Verantwortlichen
in Zukunft nicht mehr sagen könnten, sie hätten von allem nichts gewußt.)

In 'Friedlich in die Katastrophe ist auf Seite 78 nachzulesen:
"Die Betriebszeit eines Atomkraftwerks wird allgemein mit 25 Jahren
angenommen."

Vor wenigen Jahren erschien (nach vielen anderen Büchern) Holger Strohms
Werk 'Die stille Katastrophe'. Viele AtomkraftgegnerInnen haben das
gut 500 Seiten starke Werk zwar im Buchregal stehen, aber leider nicht
gelesen:
"Den schönen Worten aus dem Koalitionsvertrag vom »umfassenden und
unumkehrbaren« Atomausstieg stehen die bisherigen Fakten kraß entgegen.
Was Rot-Grün unter einem Konsens versteht, läuft auf die Modernisierung
und Effektivierung der deutschen Atomwirtschaft hinaus. Von Ausstieg
keine Spur." (S. 476)
"Dabei waren Atomkraftwerke anfangs nur für 25 Jahre Betrieb ausgelegt.
Seit über einem Jahrzehnt ist aber kein neues Atomkraftwerk mehr ans
Netz gegangen. Das heißt, die Atomkraftwerke laufen länger als ursprünglich
geplant, und das wird und als Ausstieg verkauft. Wir werden arglistig
getäuscht."

2.
Die folgenden Aussagen der Gegenseite sind deshalb "unbestechlich", weil
sie im Nachhinein nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Es sind
gewissermaßen Kronzeugen-Aussagen:

Im 1970 in erster Auflage erschienenen Buch 'Kernenergie' ist auf Seite 155 von 
einer Betriebszeit von 20 bis 30 Jahren die Rede. Die Autoren sind: 
Dr. Ing Karl-Heinz Lindackers (TÜV Rheinland) 
Dr. Ing. Jürgen Seetzen (Kernforschungszentrum Karlsruhe) 
Dr. Hermann Krämer (Kernforschungsanlage Jülich) 
Privatdozent Dr. Hans Kiefer (Kernforschungszentrum Karlsruhe) 
Prof. Dr. med. Karl Aurand (Bundesgesundheitsamt Berlin) 
Dr. med. Klaus Rüdiger Trott (Universität München, Gesellschaft für 
Strahlenforschung) 
Prof. Dr. med. Otto Hug (Universität München, Gesellschaft für 
Strahlenforschung) 
Die zitierte Betriebszeit steht im Teil des Buches, der vom erstgenannten Autor 
verantwortet wird.

In einem 'Zeit'-Interview sagte der damalige Forschungsminister Matthöfer 1977, 
daß die Betriebsdauer "wegen der Versprödungsvorgänge, die ganz offensichtlich 
unterschätzt worden sind", viel kürzer sei. Das bedeute, daß nach Betriebszeiten 
von 15 bis 25 Jahren ein AKW stillgelegt werden müsse. 
('Zeit', Nr. 3, S.10, 7.01.1977) 

Noch in der Bundestagsdrucksache 8/1997 (also zu Zeiten Kohls) wurden in der 
Spalte 'Jahr oder angenommener Zeitraum der Außerbetriebnahme' Jahreszahlen 
aufgelistet, die für die einzelnen AKW Betriebszeiten von 20 - 30 Jahren 
ergeben. Stillstandszeiten nicht eingerechnet - also brutto, nicht netto.

Im Jahr 2000 hatte ich eine recht witzige Diskussion mit einem Atomkraft-
Befürworter namens Matthias Skaley (Im Internet nachzulesen). Auch er stellte 
die Aussage, AKWs seine ursprünglich für eine Betriebsdauer von maximal 25 
Jahren ausgelegt worden, in Frage. Zu den vorgelegten Quellen hatte er keine 
Gegenargumente und wich auf andere Themen aus...

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net


Klaus Bindner schrieb:

Lieber Klaus,

wie kommst du eigentlich immer darauf, dass die Laufzeit 25 Jahre war. Wo
wurde dies denn festgelegt.  Meine Informationen geben eine solche
Beschränkung nicht her. Deshalb stimmt das mit der Verlängerung auf 35 Jahre
wohl auch nicht.

Es kommt eben immer darauf an, ob man das halb leere oder das halb volle
Glas anschaut. Ich fände eher den Gedanken motivierend:  Jetzt haben wir
wenigstens den Spatz in der Hand geschaftt, jetzt versuchen wir die Taube
vom Dach zu holen.

Wir können es aber drehen wie wir wollen. Wir sind alle schon Tausende von
Stunden an der Sache dran, haben ein großen Teil unserer Zeit "geopfert" und
die Masse der Atomkraftgegner schaftt es nicht einmal, die 2 oder 3 Minuten
für den leichten und teilweise sogar noch billigeren Stromwechsel
aufzubringen. Wir sollten hier mehr versuchen, das wäre auch die Sprache,
die die Konzerne verstünden. Wie die Hasen würden Sie den Stromverbrauchern
nachrennen und Ihre Atomkraftwerke stilllegen.

Ich glaube wir haben 70 % Atomgegner und 1,2 % Stromwechsler.

Grüße Klaus




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