[fessenheim-fr] Rainer Baake
"Amish D. Leßmann"
bodhi-amish at sonnenkinder.org
Sa Okt 7 18:05:20 CEST 2006
Hallo!
Klaus Schramm wrote:
>Hi
>
>mir ist der Name Rainer Baake bekannt vorgekommen (einer der
>InitiatorInnen der Aktion "Atomausstieg - selber machen!")
>und da habe ich mal ein bisschen recherchiert.
>Es handelt sich dabei um einen früheren Staatssekretär von
>Atomminister Jürgen Trittin, also genau einer von denen, die
>uns diesen Atomkonsens eingebrockt haben. Nicht dass ich
>diese Aktion schlecht fände. Ich habe selbst dafür gestimmt,
>dass wir von Netzwerk Regenbogen dazu einen Aufruftext
>veröffentlichen (www.netzwerk-regenbogen.de/akwech060929.html).
>Es ist nur bedenklich, dass dabei wieder mal ein Bock als Gärtner
>eingestellt wurde.
>
>
Ich kenne Rainer Baake zwar nicht, aber es erscheint mir nachdem ich
Deine Mail, lieber Klaus, sehr aufmerksam durchgelesen habe, doch eher
so, daß er es ursprünglich ernstgemeint hat, sich aber - zusammen mit
seinen Parteifreunden - aus welchen Gründen auch immer total über den
Tisch ziehen ließ und diesem faulen Kompromiß (der alles andere als ein
Konsens ist) offenbar zugestimmt oder ihn zumindest hingenommen hat.
>Richtige Realsatire ist, was Rainer Baake 1998 an Zielvorstellungen
>für den Atomkonsens entwickelt hatte.
>
Das ist keine Realsatire, sondern liegt zwischen dem, was die Grünen im
Wahlkampf 1998 gefordert hatten und was letztendlich herausgekommen ist.
Anders gesagt ist es genau das, was hätte herauskommen müssen, wenn die
SPD ihr damaliges Wahlversprechen 1:1 umgesetzt hätte. Ich gehe bis zum
Beweis des Gegenteils davon aus, daß Rainer Baake das damals
ernstgemeint hat.
Wie ein Politiker ohne sachliche Gründe seine Meinung scheinbar beliebig
ändern kann (und damit meine ich nicht speziell ihn, sondern fast alle),
ist mir schleierhaft. Ich jedenfalls ändere meine Positionen nur dann,
wenn mir bewußt wird, daß ich mich geirrt habe - oder wenn meine
Grundüberzeugungen durch etwas Einschneidendes erschüttert werden.
Lernfähig sein und seine Meinung immer wieder kritisch zu überprüfen
heißt nicht, sein Fähnchen nach dem Wind zu hängen. Wer mich überzeugen
will, braucht gute Argumente. Aber ich bin ja auch kein Politiker!
Zur Erinnerung: Die Grünen forderten (wie seit ihrer Gründung) den
SOFORTIGEN Ausstieg. Die SPD versprach den Ausstieg in zehn Jahren.
Dieses interessante Papier zeigt, daß es auch innerhalb der Grünen
Stimmen gab, die einen sofortigen Ausstieg aus juristischen Gründen
nicht für praktikabel erachteten und stattdessen für einen Ausstieg
zwölf Jahre nach der Wahl plädierten. Wäre dieser Vorschlag Realität
geworden, hätte ich das wahrscheinlich für gerade noch am äußersten
Rande des Hinnehmbaren gehalten.
Dennoch bleibe ich bei meiner Überzeugung, daß aufgrund des fehlenden
Entsorgungsnachweises, der bei Amtsantritt der rot-grünen
Bundesregierung (nach meinen Informationen) vom Atomgesetz gefordert
war, alle Betriebsgenehmigungen rechtswidrig waren. Es wäre vermutlich
möglich gewesen, alle Betriebsgenehmigungen aufgrund des nicht
vorhandenen Endlagers aufzuheben und bis zur Rechtskraft der
diesbezüglichen Entscheidungen alle Reaktoren vom Netz zu nehmen.
Im Zuge der Änderung des Atomgesetzes hat die rot-grüne Koalition den
Betrieb der bestehenden Atomkraftwerke erstmals in der Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland legalisiert und so der Anti-Atom-Bewegung
einen gewaltigen Bärendienst erwiesen. Die einzige Chance, die
Abschaltung der AKWs vor Erreichen der Reststrommenge zu erreichen
besteht darin, massenhaft den Atomstromkonzernen den Rücken zu kehren
und Ökostrom zu bestellen - z.B. aus Schönau oder von Greenpeace Energy.
Da müßten aber auch Teile der Industrie mitspielen.
Anders gesagt: Diese Chance ist in der derzeitigen bundesdeutschen
Realität nur eine theoretische. Solange die Mehrheit der
BundesbürgerInnen zwar bei Umfragen angibt, gegen Atomkraft zu sein,
aber sich nicht die Mühe macht, den Stromversorger zu wechseln, wird das
nichts.
>(...)
>
>
>Rainer Baake
>Wiesbaden, den 20. Januar 1998
>
>(...)
>
>(...), so werden wir am Ende der ersten
>Legislaturperiode auf der Haben-Seite unserer Arbeit in der Koalition ein dickes
>Plus machen können!
>
>(...)
>
>
Anmerkung am Rande: Von Buchhaltung und Bilanzierung scheint er ja nicht
viel zu verstehen, denn alles wird einmal im Soll und einmal im Haben
gebucht. In der Bilanz stehen die sogenannten "Aktiva" im Soll
(Sachanlagen, Immaterielle Vermögensgegenstände wie Patente und Lizenzen
etc., Rohstoffe, fertige Erzeugnisse, Geld, Wertpapiere, Beteiligungen,
Forderungen usw.) und die Ansprüche darauf (Kapital, Rücklagen,
Verbindlichkeiten und Rückstellungen), die sogenannten "Passiva", im Haben.
Also Vorsicht bei der Verwendung bildhafter Sprache, wenn man sich mit
dem Gesagten nicht auskennt... ;-)
Viele Grüße
Euer
Amish
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