[fessenheim-fr] Türkei, Finnland und Polen

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Fr Mai 5 22:56:06 CEST 2006


In der Folge Meldungen aus der Türkei, Finnland und Polen:

APA, 01.05.06

> Türkei: Protest gegen gegen geplantes AKW

Rund 4.000 Menschen haben am Samstag in der Türkei gegen den geplanten 
Bau des ersten Atomkraftwerks im Land protestiert. "Wir wollen keine 
Kernreaktoren, wir wollen Schulen" und "Wir wollen keinen Tod". 	
Das war auf Transparenten zu lesen, wie die Nachrichtenagentur Anadolu 
Ajansi berichtete. Unterstützt wurden die Demonstranten in der Hafenstadt 
Sinop am Schwarzen Meer von einer türkischen Rockband und zahlreichen 
Fischern, die auf ihren Booten ebenfalls Anti-Atom-Plakate ausrollten.

Die Regierung in Ankara hat Anfang des Monats Sinop als Standort für das 
erste türkische Atomkraftwerk festgelegt. Erste Pläne für den Bau eines 
Kernkraftwerks wurden bereits 1996 vorgestellt, wegen 
Finanzierungsproblemen zunächst aber wieder auf Eis gelegt. 

APA, 01.05.06

> Finnlands Elite startete breite Kampagne für nächstes AKW
> Zeitgleich mit Tschernobyl-Gedenken - Atomgegner offenbar überrumpelt

Helsinki - Es war vergangene Woche in Finnland nicht zu übersehen und zu 
überhören. Nicht nur dass die Vögel endlich den anrückenden Frühling 
zwitschernd ankündigten - auch die in Industrie, Politik und Medien gut 
verankerte Atomlobby des Landes begann nach langer Waffenruhe plötzlich 
wieder auf breiter Front, für den Bau eines weiteren AKW zu trommeln. 
Bemerkenswerterweise geschah dies zeitgleich mit dem Gedenken an den 
verheerendsten Atom-Unfall der Geschichte vor 20 Jahren im ukrainischen 
Tschernobyl. Erst am Wochenende mehrten sich in der Diskussion auch 
reservierte und kritische Stimmen.

Den Startschuss setzte am vergangen Sonntag die mit einem Quasi-
Meinungsmonopol ausgestattete Tageszeitung "Helsingin Sanomat". Der 
Aufmacher war eine von der Zeitung selbst bestellte Umfrage, wonach eine 
Mehrheit - rund zwei Drittel - der finnischen Bevölkerung einen weiteren 
Ausbau der Atomkraft in dem nordeuropäischen Land befürwortet. Zwei Tage 
später folgte in derselben Zeitung ein passend platzierter Leitartikel, 
in dem unverblümt erklärt wurde, der Bau eines zusätzlichen eigenen 
Atomkraftwerks sei die einzige Alternative zur wachsenden Abhängigkeit 
von russischen Atomstrom - wenn Finnland in den kommenden Jahren nicht in 
eine "schwierige energiepolitische Situation" geraten wolle.

Aus einer unvorsichtigen Aussage von Grünen-Chefin Tarja Cronberg, die 
eine ablehnende Haltung in der Atomfrage nicht als absolute Bedingung für 
eine künftige Regierungsbeteiligung formuliert hatte, zimmerten die 
Medien des Landes die Nachricht, die Grünen stünden der Atomkraft nunmehr 
positiver gegenüber. Cronbergs Dementi und ihre Beteuerung, an der 
ablehnenden Haltung der Grünen zur Atomenergie habe sich nichts geändert, 
verhallte anschließend fast unbemerkt.

Am Freitag meldete sich Parlamentspräsident und Ex-Regierungschef Paavo 
Lipponen zu Wort, der die Kyoto-Felle Finnlands ohne mehr Atomkraft nach 
2012 davonschwimmen sah, von der nächsten Regierung eine Entscheidung 
einforderte und gleichzeitig auch noch der umstrittenen Uran-Prospektion 
auf finnischem Territorium nur Positives abgewinnen konnte. Grünen-Chefin 
Cronberg schlug noch am selben Tag zurück und meinte, Lipponen führe sich 
auf wie ein "Hohepriester der Atomkraft".

In der besten Sendezeit trat am Freitagabend dann der Geschäftsführer des 
Energiekonzerns Pohjolan Voima, Timo Rajala, auf, der gleich mit einem 
skizzierten Fahrplan für AKW Nummer sechs aufwartete. Wenn die nächste 
Regierung bis Ende 2007 eine Entscheidung fälle, könne die Industrie den 
Reaktor bis zum Jahr 2016 fertigstellen. Am Samstag wartete das in 
Tampere erscheinende, überregionale "Aamulehti" mit einer Umfrage unter 
den Mitgliedern im parlamentarischen Wirtschaftsausschuss auf. Zehn der 
17 Abgeordneten sprachen sich eindeutig für den Bau eines sechsten AKW 
aus, nur einer - der Grünen-Mandatar Oras Tynkkynen - war dagegen.

Spät, aber doch: Am Samstagabend kam eine Stellungnahme von 
Regierungsseite. Handels- und Industrieminister Mauri Pekkarinen warnte - 
ausgerechnet in der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendung für die 
schwedischsprachige Minderheit - eine Entscheidung für den Bau noch eines 
AKW würde die Investitionstätigkeit in erneuerbare Energien zum Erliegen 
bringen und außerdem das Okay für den Abbau von Uran in Finnland 
bedeuten. Ganz für alle Zukunft ausschließen wollte auch Pekkarinen den 
Bau eines weiteren Atomreaktors nicht.

Im Frühjahr 2007, vermutlich zweieinhalb Monate nach dem Ende des 
finnischen EU-Ratsvorsitzes, wählt Finnland ein neues Parlament. Man darf 
gespannt sein, ob es den Atomgegnern - in erster Linie den Grünen, sowie 
Umweltorganisationen wie Greenpeace oder dem World Wildlife Fund (WWF) - 
bis dahin gelingt, die offenbar bereits gekippte Stimmung in der 
Öffentlichkeit wieder umzudrehen. Die finnischen Umweltorganisationen 
hatten im März ein Aktionsprogramm veröffentlicht, wie bis zum Jahr 2050 
mit Hilfe von Energiesparmaßnahmen und erneuerbaren Energien trotz 
Wirtschaftswachstum in Finnland sogar ein Atom-Ausstieg möglich wäre.

Märkische Zeitung, 02.05.06

> Polen plant Atommeiler an Oder

Stettin/Schwedt (MOZ) Polnische Wissenschaftler haben die 25 Kilometer
nordöstlich von Schwedt gelegene Stadt Gryfino (Greifenhagen) an der Oder
als möglichen Standort für den Bau eines Atomkraftwerks ausgemacht. Über
entsprechende noch geheime Pläne berichtete die Zeitung "Glos 
Szczecinski"
(Stimme Stettins) am Dienstag. Im brandenburgischen Umweltministerium ist
von dem Vorhaben noch nichts bekannt. "Die polnische Seite müsste vor dem
Bau auf jeden Fall mit uns reden", hieß es von dort. Die Zeitung beruft
sich auf Mitarbeiter des Instituts für Kernphysik der Polnischen Akademie
der Wissenschaften, die den Bau polnischer Kernkraftwerke ab 2015
vorbereiten sollen. Als in Frage kommende Standorte würden die
Vor-Karpatenregion im Südosten Polens sowie das Gebiet Westpommern
erörtert. Als konkrete Bauplätze in der Stettiner Region werden ein
ehemaliger deutscher Truppenübungsplatz bei Drawsko (Dramburg) und die
Stadt Gryfino an der Oder genannt. In Gryfino existiert schon ein großes
Kohle-Kraftwerk.

Grundlage der Planungen ist offenbar ein Beschluss zur "Energiepolitik
Polens bis zum Jahr 2025", der im Januar 2005 von der damaligen 
polnischen
Regierung gefasst wurde, und den man auf der Internet-Seite des 
Warschauer
Wirtschaftsministeriums findet. Darin wird die künftige Nutzung der
Atomenergie in Polen unter anderem mit der notwendigen Beschränkung von
Treibhaus-Emissionen sowie mit dem stark steigenden Energiebedarf
begründet. Weil es bisher in Polen noch keine Atomkraftwerke gäbe, müsse
zunächst jedoch die gesellschaftliche Akzeptanz für deren Bau erreicht
werden.

Stellungnahmen von polnischer offizieller Stelle waren am Dienstag nicht
zu erhalten. Der Sprecher des Brandenburger Umweltministeriums verwies 
auf
eine kürzlich unterzeichnete Vereinbarung zur grenzüberschreitenden
Umweltverträglichkeitsprüfung. Darin ist festgelegt, dass das jeweils
andere Land über die möglichen Umweltauswirkungen eines grenznahen
Vorhabens informiert werden muss.


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