[Debatte-Grundeinkommen] Der Anteil der Arbeit im Produkt

Karin Teetzen karin at inkat.de
Di Jan 31 11:09:16 CET 2017


Hallo Stefan, 

Ich möchte als Beispiel mal einen Apfelbaum in der freien Natur nehmen. An
diesem Baum hängt ein Apfel. Der wurde von der Natur produziert, die Sonne
hat die Energie dafür geliefert, der Boden und die Luft das Material. Der
Mensch hatte keinen Anteil daran, dass der Apfel gewachsen ist. In diesem
Produkt ist also keine menschliche Arbeit. 

Alle Produkte können letztlich auf die Basis Natur zurückgeführt werden, die
von Anbeginn der Menschheit seit Jahrhunderttausenden genutzt wurde. Strom
wird aus fossilen Energieträgern, also letztlich gespeicherter Sonnenenergie
hergestellt, Metalle hat die Natur in Sonnen entstehen lassen und in
Lagerstätten konzentriert. Holz wächst in Bäumen, Stein würde in Vulkanen
geboren oder im Meer als Sediment abgelagert, etc.. 

Deshalb kann man sagen, alle Produkte entstammen zu 100% der Natur. 

Um den Apfel aber Essen zu können, muss er gepflückt oder zumindest
aufgehoben werden. Eisen muss aus den Lagerstätten gefördert und dann
geschmolzen werden. Dazu bedarf es der Kohle, die auch wieder gefördert
werden muss. Technik muss mithilfe von vielen Experimenten erst entwickelt
werden. Wissen muss erworben, aufgeschrieben (gespeichert) und gelehrt
(weitergegeben) werden. Um also die Produkte der Natur NUTZEN zu können
bedarf es immer menschlicher Arbeit. 

In jedem Produkt steckt deshalb also auch zu 100% menschliche Arbeit. 

Welchen WERT hat also das Produkt? Ist das wertvolle nun das Produkt selbst,
die Atome, aus denen es zusammengesetzt ist, die Energie, die die Sonne zur
Erde geschickt hat und die nun im Produkt gebunden ist, der Geschmack, der
dem Produkt innewohnt oder die Nährstoffe, die in dem Produkt stecken und
den Körper versorgen und den Stoffwechsel antreiben. Oder ist das Wertvolle
am Produkt die menschliche Arbeit, das Suchen und Finden des Apfels im Wald,
die vielen Experimenten, welche Äpfel wohlschmeckend sind und welche
aussortiert werden müssen, die spätere Zucht des Apfelbaums in einer
Plantage und dem Anlegen derselben, das Pflücken, das Lagern und das
Weiterreichen an die Person, die es dann zuletzt isst. 

Das ist eine philosophische Frage und zeigt, ob du die 'Natur an sich' als
wertvoll ansiehst oder mehr den Menschen, mit seinem 'Macht euch die Erde
untertan', in den Mittelpunkt stellst. 

Wenn du also den Wert eines Produktes festlegen willst und davon dann auch
noch den reinen Lohnanteil bestimmen willst, dann kommen wir so nicht
weiter. Er wäre (du hast es selbst geschrieben und damit völlig recht) immer
100%.

In der Praxis macht man deshalb einen Kunstgriff, es wird dazu bei einem
Produkt, welches in einer Fabrik weiter verarbeitet wird, der Lohnanteil der
vorherigen Herstellungsprozesse nicht mehr mit berücksichtigt. Auch bei
deinem Beispiel Strom (siehe unten) wird das so gemacht. Der Lohnanteil im
Strom wird nicht mehr im Einzelnen berechnet, weil das eine rekursive Kette
wäre bis zum Anfang allen seins. 

> Es ist nunmal so das der Staatsanteil am Produktpreis 46% 
> sind, das kann man nachschlagen, dann heisst das das ohne 
> jegliche Steuern die Preise ca. 50% wären.

Das stimmt, solange du dich nur auf Deutschland beziehst und alle Produkte
und auch ALLE DIENSTLEISTUNGEN mit einrechnest. Sobald du dich auf die reine
Industrieproduktion oder ein anderes Land beziehst stimmt das eben schon
nicht mehr.  

> Was glaubst du bitte den sind Stromkosten? Sind da keine 
> Löhne drin, es lässt sich 100% aller Kosten auf einkommen 
> zurück führen. Und selbst wenn es Kapitalertragseinkommen und 
> keine Löhne sind fallen immerhin 25% Kapitalertragssteuern an.

Was hast du damit gewonnen, wenn in den Stromkosten oder anderen Produkten
100% geleistete Arbeit steckt (siehe oben). Es ist unabhängig vom Lohnanteil
der Vorprodukte, wie hoch der zu zahlende Steuersatz ist. 

> https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsquote

Die hatte ich mir auch schon angesehen. Die verschiedenen Staatsquoten
liegen so zwischen ca. 30% und 60%. Was beweist das?

> 44% sind wir wohl aktuell. Würde man also alle Steuern und 
> abgaben ersatzlos streichen, wäre das hier hergestellet 
> produkt also statt 2 Euro nur noch 1.12 Teuer.

Der Unterschied im durchschnittliche Einkommen (Angelernte Arbeiter)
zwischen Höchstlohnländern und Billiglohnländern entspricht dem 2700%igen
(https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitskosten#Internationaler_Vergleich). Du
sagst selbst, dass in die Produktpreise die Löhne zu 100% einfließen. Wie
willst du diesen Unterschied nur mit einer maximalen Einsparung von 44%
erreichen?

Alles was du hier veranstaltest um die Preise niedriger zu machen, können
die anderen Länder auch machen. Die Staatsquote in China ist mit ca. 30%
auch nicht gerade wenig und würde im Verlauf dieser Steuerumgestaltung bei
uns wohl auch dort dann eingespart werden. 

Und wenn du es wirklich schaffen solltest unsere Produkte billiger zu
machen, also auf dem Weltmarkt Konkurrenzfähiger zu werden und mehr zu
verkaufen (es wird Deutschland übrigens schon seit Jahren vorgeworfen mit
Dumpinglöhnen eben dies zu tun) führt es doch nur dazu, dass andere Länder
eben weniger verkaufen können und deshalb dann wirtschaftliche Probleme und
höhere Arbeitslosigkeit bekommen. 

> Deine 1% Lohnkosten sind völlig utopisch, was glaubst du wer 
> bei deinem Stromanbieter arbeitet.

Die 1% bezogen sich nur auf ein Industrieprodukt aus einem Billiglohnland.
Das mag ein extremes Beispiel gewesen sein, aber ich wollte auch nur das
Prinzip zeigen. 

Und nach deiner Berechnung wären es 100% Lohnkosten. Wie willst du denn
damit weiterrechnen?

> Sicher es mag sein das ich das alles zu sehr vereinfache und 
> das Verhältnis auslandsanteil an sachen (Sprit) etc nicht 
> berücksichtige, aber die Staatsquote berücksichtig das alles 
> an sich schon. Aber wie gesagt mag sein das ich irgend ne 
> kleinigkeit oder ein Teil übersehe aber deine These das im 
> Produkt nur 2% löhne stecken würden, ist viel weiter von der 
> Realität entfernt als das was ich sage, du berücksichtigst 
> nur die konkrete firma aber nicht die Löhne die im Strom und 
> so weiter drin sind... das ist der Fehler.

Deine Staatsquote bezeiht sich auch auf viele Dienstleistungen hier im
Inland, bei denen der Steueranteil am Endprodukt viel höher als bei
Industrieprodukten aus dem Ausland ist. 

> Daher ist die annahme das hier alle Preise um 100% steigen 
> würden, wäre die Mwst 100% und dafür alle anderen abgaben und 
> Steuern abgeschaft absurd. Ja es gibt verschiebungen, aber 
> bei weitem nicht so radikal. Gerade bei deutschen wahren bei 
> reinen Importen, ja DA ändert sich der Preis und bei Exporten auch.

Ich glaube ja auch nicht, dass sich die Produkte wirklich merklich verteuern
würden. Der Effekt der Steuereinsparungen und der MwSt. Erhöhung würden sich
wohl in etwa ausgleichen. 

Aber der von dir erhoffte Effekt einer relativen Verteuerung der
ausländischen Produkte im Verhältnis zu den einheimischen halte nun ich eben
für stark übertrieben. ;-)

Liebe Grüße
Karin




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