[Debatte-Grundeinkommen] mono zu surround

Bert Grashoff unversoehnt at gmx.de
So Nov 27 09:37:56 CET 2016


Hallo,

nachdem es ja eine ziemlich leichte Übung war, klarzuziehen, dass schon 
die wenigen Aktiven in diesem kleinen Verteiler jenseits des bGE sehr 
unterschiedliche politische Einstellungen haben und es gerade daher zur 
Überwindung oder zumindest Vertagung aller Spalterdiskussionen sinnvoll 
sein könnte, sich als bGE-Partei eben so aufzustellen, wie es die 
neugegründete bGE-Partei tut, nämlich als bGE-Verfechter und ansonsten 
gewissensfrei und halt auf dem Boden des GG und mit einer gewissen 
Abgrenzung gegen menschliche Menschenfeinde, würde ich es begrüßen, wenn 
wir mal zum eigentlichen Thema zurückkehren würden, das komplex genug ist.

Dass die Spalterdiskussionen spätestens bei einem gewissen Wahlerfolg 
jener Partei mit voller Wucht und genüsslich von den presstitutes der 
Massenmedien und den politischen Gegnern (und wie wir hier ja in der 
Disko gesehen haben: sogar den bloßen politischen Mitbewerbern bei 
gleicher Einstellung in der Sache) allüberall forciert werden dürften, 
dass eine Unterwanderung von Rechts eine stete Gefahr und beim bGE sogar 
wegen ähnlicher Ideen in rechten Zirkeln in der Sache naheliegend ist 
und dass auch das Establishment seine Agenten bei hinreichender Relevanz 
in der Partei platzieren wird und sich zudem vermutlich zuhauf diese 
eklige Schicht aus Politkarrieristen dort breit machen wird, die so 
ziemlich alle deutschen Parteien bevölkert, sind ernstzunehmende 
Probleme, bei denen es wirklich nicht schadet, sie im Hinterkopf zu 
behalten. All das spricht m. E. aber null gegen die neugegründete 
bGE-Partei, sondern es sind halt Probleme, mit denen alle Parteien 
umgehen müssen. Ich teile im Wesentlichen Stefans Ausführungen zur 
heutigen Parteienlandschaft: Alle Mainstream-Parteien abgesehen von der 
Linken sind m. E. völlig unwählbar und sicherlich schon gar nicht aktiv 
als Mitglied unterstützenswert. Die Linke ist einerseits wiederum nicht 
unproblematisch in sich, andererseits seit der roten-Socken-Kampagne der 
CDU, also im Prinzip seit der Wende in der öffentlichen 
Aufmerksamkeitsindustrie permanent derart diskreditiert worden, dass sie 
von einer absoluten Mehrheit weit entfernt ist, die sie derzeit aber 
bräuchte, um auch nur Akzente ihrer Politik tatsächlich durchsetzen zu 
können. Daher finde ich eine Parteigründung eine sinnvolle Sache, 
jedenfalls eine um Dimensionen sinnvollere Sache als Wahlwerbung für 
CDUCSUFDPSPDGRÜNE. Sie macht auch in der Sache insofern Sinn, als dass 
das bGE einen reboot der Matrix anstrebt. Macht schon Sinn, dafür 
erstmal ein neues Parteiformat aufzuziehen. Ich finde auch, dass Arnold 
ziemlich vernünftig die Motivation für die Neugründung dargestellt hat. 
Danke dafür.

Seit Gründung der bGE-Partei denke ich darüber nach, ob ich mich daran 
beteiligen sollte, in McPom einen Landesverband aufzubauen. Einerseits 
bin ich aber gerade beruflich ziemlich eingespannt und Parteiarbeit 
kostet immense Zeit- und Energiekapazitäten. Parlamentarismus sucks 
überdem, ist schon wegen der Formalisierungen, dem ganzen Juristenscheiß 
und dem Ämtergeschacher selbst dann wenig erfreulich, wenn man wirklich 
mit Gleichgesonnenen etwas zu bewegen versucht. Andererseits fand ich 
diese Passage im Programm echt unsexy: "Wir fordern die Einsetzung einer 
Enquetekommission im Bundestag zur Einführung des bedingungslosen 
Grundeinkommens, insbesondere auch zur festzulegenden Höhe des 
Grundeinkommens und dessen Finanzierung." 
(http://www.buendnis-grundeinkommen.de/programm/ ) Wirkte auf mich 
irgendwie devot, so nach dem Motto, dass wir mal freundlich bei der 
preußischen Staatsverwaltung anfragen, wie sich diese Verwaltung für ein 
bGE ändern müsste, und dann zwei Jahrhunderte auf eine 
verwaltungstechnische Antwort warten. Aber Arfst hat mich da ein wenig 
zum Umdenken gebracht: Von was für einer Größenordnung von 
Gesetzestexten und Verordnungen in der Staats- und 
Sozialversicherungsverwaltung sprechen wir eigentlich, die auf ihre 
Kompatibilität mit einem bGE abgeklopft werden müssten? 10k bis 100k 
Seiten? Mehr? Dürfte eine Mammutaufgabe sein und von daher die devote 
Haltung vielleicht nicht ganz unangemessen.

In der Konsequenz würde eine solche Enquetekommission eine vermutlich 
fast unüberschaubare Menge an politischen Detailfragen produzieren, wie 
was geändert werden könnte oder sollte. Wie wir's drehen und wenden, wir 
sprechen von der Umverteilung von irgendwas zwischen 50 und 100 % des 
BIP. Das ist kein Pappenstiel, sondern ein Eingriff in so ziemlich alles 
in der gesamten Gesellschaft. Und schon vor allen Detailproblemen, haben 
wir das Dilemma, dass es völlig unterschiedliche Vorstellungen vom bGE 
gibt. bGE ist ziemlich flexibel deutbar und entsprechend könnten auch 
die C-Parteien mit der FDP eines auflegen, von dem Arfst ganz sicher 
recht hat, dass es niemals das sein würde, das ich mir wünsche. Ich 
hatte letztes oder vorletztes Jahr auch mal etwas ausführlicher 
begründet, warum ich Götz Werners Idee einer Finanzierung des bGE über 
Mehrwertsteuer einerseits, automatische Reduzierung aller Löhne um 
bGE-Höhe andererseits politisch falsch finde. Ich will das nicht 
wiederholen nur daran erinnern, dass das in der Konsequenz bedeuten 
würde, dass wir die Mittelschicht die Unterschicht finanzieren lassen 
würden, um neben einer kleinen Oberschicht eine nivellierte 
Mittelschicht auf bGE-Niveau zu erhalten. Wenn ein bGE nicht wenigstens 
irgendwo den Anspruch vertritt, eine Umverteilung von dem obersten 
Zehntausendstel nach unten zu bewirken, ist das kein Projekt, für das 
ich meine Lebenszeit opfern möchte, insofern finde ich Götz Werners Idee 
für'n Arsch. Stefan sieht das offenbar anders. Da skandalöser Weise 
Fetischkritik noch immer nicht verbindlicher Schulstoff ab der 
Grundschule ist, dürfte mein Vorschlag, das bGE einfach über 
Inflationierung des Geldes bei einer Verankerung dieser Inflation an 
einem möglichst komplexen und sekundenaktuellen Warenkorb, der das bGE 
repräsentiert, zu finanzieren, vermutlich vorerst keine Mehrheiten 
finden. Also, woher wollen wir das Geld gleich nochmal nehmen, das wir 
für ein bGE brauchen? Eine inhaltliche Debatte darüber fände ich weit 
wünschenswerter als Blabla über die Unwählbarkeit der Grünen.

Liebe Grüße,

Bert Grashoff




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