[Debatte-Grundeinkommen] zur Dezemberdebatte

Karin Teetzen karin at inkat.de
Sa Dez 31 03:08:27 CET 2016


Lieber Jochen, 

Entschuldigung bitte für die andere (angefangene) Mail, bin leider etwas zu
früh auf Senden gekommen. :-(

Ja, da waren schon ein paar interessante Gedankengänge dabei in der Debatte,
auch wenn ich ursprünglich eigentlich nur mal ein Statement abgeben wollte.
;-)

> auch wenn ein Gutteil dieser Debatte wenig erfreulich ist. 

Ein bisschen Streit gehört zur Diskussion und, auch wenn es hier schon mal
ein bisschen heftiger würde, wir sind ja dankenswerterweise noch lange nicht
bei Shitstormniveau oder hatespeech a la Twitter und Facebook angekommen.
;-)

> Ich habe auch die Texte auf Deiner Hompage gelesen. 

:-)

> Daß Du Dir eine kindliche oder jugendliche Phantasie bewahrt hast, finde 
> ich gut; leider sind ja viele Erwachsene scheinbar der Meinung, 
> Erwachsenheit bedeute vor allem Phantasielosigkeit. 

Wie sollen wir Lösungen finden, wenn wir nicht über den Tellerrand
hinausblicken? Ein ewiges drehen im Kreis hilft uns nicht. 

> Allerdings denke ich auch, daß Du mit Deinen technologischen Phantasien 
> unsere menschliche Problematik verfehlst. 

Da stimme ich dir zu. Technik löst unsere Probleme nicht. 

Die von mir angeführten Technikprojekte sind auch eher ganz weit in der
Zukunft angesiedelt um einen Ausblick zu geben, wohin wir uns in vielleicht
10.000 Jahren mal entwickeln könnten. Bisher fehlt gerade Politikern so ein
Weitblick. ;-)

> Unsere Probleme entstehen nicht durch Mangel an irgendwelchen Ressourcen –

> ob nun materielle, technologische oder geistige – sondern aus einer
falschen 
> Haltung uns selbst und der Welt gegenüber. 

Auch da stimme ich dir zu! 

> Insbesondere zu meinen Ansichten über die Ursachen unserer heutigen 
> Konflikte: http://jt.blogger.de/20120226 : Die Geschichte eines Irrtums. 

Ich habe deinen Text gelesen und stimme dir durchaus zu. Das patriachale,
hierarchische Denken ist unser Hauptproblem. Und es ist schon 5.000 bis
10.000 Jahre unsere Problem! 

Matriarchat sehen viele Menschen als eine "Herrschaft der Frau" an, aber ich
glaube, so darf man es nicht sehen. Eher als Gesellschaft OHNE
Herrschaftsanspruch aus der natürlichen Entwicklung heraus.

> Zum Hauptthema der gegenwärtigen Debatte: BGE-Partei oder nicht, bin ich
immer noch 
> unentschieden. Ich finde im Grunde alle Argumente und Fragen richtig und
berechtigt, die Arfst 
> angeführt hat. Dennoch ist mir auch der Gedanke sympathisch, daß mit
dieser Parteigründung der 
> Mangel an Demokratie unterlaufen werden sollte, saß wir noch nicht die
Möglichkeit einer 
> bundesweiten Volksabstimmung haben. 

Nun, den Mangel an Demokratie können wir auch mit einer reinen BGE-Partei
nicht verbessern. :-( 

Der Vorteil einer Monothematischen Partei ist, dass dort Wähler angesprochen
werden könnten, die ansonsten gar nicht mehr oder Protestparteien wählen. 

Die Sorge von Arfst, das den Grünen dadurch ein Wählerpotential verloren
gehen könnte, oder die Zustimmung zum BGE zersplittern würde, teile ich
nicht. 

> Ich ... in den ersten Jahren nach der Wende im Dresdner Stadtrat. Ich habe
mich da 
> ständig überfordert gefühlt und habe mich deshalb für einen schlechten
Stadtverordneten 
> gehalten und damit nicht weitergemacht. Aber ich habe die Überforderung
nicht nur meinen 
> mangelhaften Fähigkeiten zugeschrieben, sondern auch einem Fehler im
System: der Spaltung 
> der Bevölkerung in „Politiker“ und unpolitische Bürger. 

Mein reden! Wenn du halbwegs deinen Ansprüchen gerecht werden willst und aus
ideellen Gründen in die Politik gehst, so bist du sehr schnell gefrustet,
weil diese (deine) Ansprüche viel zu hoch sind. 

Ich habe so eine ähnliche Erfahrung in der Pflege gemacht. Ich bin auch mit
sehr hohen Ansprüchen in die Pflege gegangen, habe mich, bis zum Burnout,
aufgerieben und bin schließlich beim Dienst nach Vorschrift gelandet um mich
nicht selbst (noch) weiter kaputt zu machen. 

> Für mich haben sich die Grünen von einer pazifistischen
Friedens(bewegung)partei 
> in eine Kriegstreiberpartei verwandelt, wie es ja auch einige andere hier 
> sehen. Was aber nicht heißt, daß ich alle Mitglieder für Kriegstreiber
halte. 
> Ebenso gibt es auch in allen anderen Parteien Menschen, die aktiv für eine

> Friedenspolitik eintreten – selbst in CDU und CSU, was ich früher nicht
für möglich 
> gehalten hätte -, und das ist für mich ein kleiner Hoffnungsschimmer. Aber
die 
> Parteiapparate und der parlamentarische Mechanismus sind eben leider so
konstruiert, 
> daß davon nicht viel in der letztendlichen offiziellen Politik ankommt. 

Volle Zustimmung. Nicht die einzelnen Politiker sind das Problem. Ich würde
mir durchaus zutrauen vielen davon in einem Einzelgespräch ins Gewissen zu
reden und (kurzfristig) ein Einsicht in die Problematik zu erzeugen. 

Kurz darauf gibt es aber wieder gruppendynamische Prozesse, die sie an ihrer
eigenen (eigentlich richtigen) Meinung wieder zweifeln und dem
Fraktionszwang gehorchen lässt. 

Es gibt da immer ein auf und ab der Meinungen und Leider geht es dann doch
zu häufig in die falsche Richtung. :-(

> Letztlich bestimmen Herrschafts- und Kapitalinteressen die Richtung der
Politik.

Ja, leider. :-( 

> Ich habe mir damals Gedanken darüber gemacht, wie man die repräsentative
Demokratie 
> demokratischer machen kann – was also heißt, wie man mehr politische
Aktivitäten in der 
> Bevölkerung erreichen kann. Obwohl ich weiß, daß es über die Art und Weise
einer konkreten 
> Umsetzung noch viel zu diskutieren gibt, stelle ich mir vor, daß – neben
der Etablierung von 
> Volksbegehren und Volksentscheidungen – eine Einbeziehung von
Bürgerinitiativen und 
> Bürgerbewegungen eine positive Wirkung auf das jetzige politische System
haben würde. Unter 
> anderem, weil es auch die Parteien dazu zwingen würde, ihre Energien weg
von den Machtkämpfen 
> und hin zu sachbezogener Argumentation lenken würde, durch die Konkurrenz
aus den Bürgerinitiativen.

Oh, Bürgerinitiativen sind keine schlechte Sache, mit denselben
Einschränkungen die ich vorher schon mal zu Volksabstimmungen gemacht habe. 

Es kommt immer ein wenig auf die Umstände an. IMO ist das St.
Floriansprinzip dort leider ziemlich häufig zu finden. Und auch solche
Gruppen können von starken Anführern 'beeinflusst' werden. 

Es kann auch vorkommen, das Politiker Bürgerinitiativen für sich
vereinnahmen, wenn es ihnen gerade in den Kram passt. 

> Aber vor der Installation von „Expertengremien“ als politischen
Entscheidungsinstanzen 
> warne ich. 

Das hatte ich auch nie geschrieben. Experten sollen die Abgeordneten nur
beraten, genauso wie es auch heute schon geschieht. 

Die ganze Idee mit den Experten zielt nur darauf hin eine Lösung anzubieten
für den Fall, dass solche Kurzfristpolitiker (z.B. nur 1 Jahr im Amt) als
unfähig dargestellt würden. 

Wenn ein Politiker nur 1 Jahr im Amt ist, kann er sich natürlich nicht in
alle Themengebiete tief einarbeiten. Heute gibt es 'Berufspolitiker', die
teilweise 20, 30 Jahre im Job sind. Die haben natürlich ein immenses Wissen
angesammelt (nur das sie dieses Wissen eben nicht (immer) zum Positiven
einsetzen). Das sollte IMO über die Experten ausgeglichen werden. Auch Arfst
z.B. ist seit über 20 Jahren Politiker. Da weiß er einfach schon sehr viel
über die verschiedensten Themen. Ein Neuling hat es da weitaus schwerer. 

Es gibt durchaus unabhängige Experten. Und man sollte solche
Expertenanhörungen öffentlich (transparent) machen. Dann kann bei
'einseitiger' Beratung auch noch die Gegenseite gehört werden. 

> Ich wollte noch auf einige Punkte aus Karins Text eingehen und anderes aus
der zurückliegenden Debatte,
> aber ich bin gegenwärtig gesundheitlich nicht gut drauf, deshalb breche
ich hier erstmal ab. 

Gute Besserung! 

Liebe Grüße
Karin




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