[Debatte-Grundeinkommen] Monothematische Partei vs Vollpartei

Karin Teetzen karin at inkat.de
Mi Dez 21 18:33:06 CET 2016


Lieber Arfst, 

> ich würde das mit dem "System2 differnezierter betrachten wollen.
> Es geht in der Welt meist um Gleichgewicht. Und angesichts 
> der Weltlage würde ich, auch im Hinblick auf Differenzierung 
> der vberschiedenen Bereiche, durchaus von erhaltenswerten 
> Bereichen des jetzigen Systems sprechen.

Nein, keine Angst, unser jetziges System muss nicht gleich weggeschmissen
werden. Vieles ist auch gut oder funktioniert zumindest zufriedenstellend.
Selbst wenn das Wunder geschieht und die Menschheit sich wirklich dazu
entschließen sollte eine andere Gesellschaft aufbauen zu wollen, so würde
dies doch Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern. Wir können keinen
Reset-Button drücken und alles einfach neu starten. Es muss eine
ganz-langsame Entwicklung stattfinden. Nicht umsonst hatte ich sogar
vorgeschlagen ein BGE mit nur 50 Euro im Monat zu starten. 

> Um mal ein hartes Wort zu benutzen: ich gehöre ja noch zu 
> denen, die das Glück hatten zu wissen, wer Alexander 
> Soschenizyn war und ihn auch gelesen hat. Als er in Vermont 
> lebte, sagte er einmal, er möchte heim. 
> Heim in den GULAG. - Eine ungehuere Aussage. Verstehst Du 
> ihn? Verstehst Du, weshalb ich das hier zitiere?

Tut mir Leid, keine Ahnung was du meinst, bin im Westen aufgewachsen. :-( 

Erklär mal genauer! 

> Der Eine ist sich seiner unschuldigen Ideentreue gewiss, 
> vermag aber nicht, einzugreifen, der andere handelt, aber 
> ohne Ziel und Sinn.
> Und beide bemerken im Schlimmsten Fall ihr Problem nicht.

Das kommt mir bekannt vor. :-)

> : http://www.lohengrin-verlag.de/arfst/artikel/Roszak.htm

Ist mir ein bisschen zu langatmig der Text. Ich mag es lieber kürzer und
knackiger, aber dem, was ich beim Überfliegen mitbekommen habe, kann ich nur
zustimmen. 

> Der andere Text, der mich seit einiger Zeit bewegt, stammt 
> aus dem Buch "In den Flüssen nördlich der Zukunft" von Ivan 
> Illich. Hier besonders die Seiten 78 fff. Illich beschreibt 
> die 1000-jährige Ausweitung der Übernahme sozialer 
> Tätigkeiten durch Institution wie Kirche, Staat usw. 
> und in der Folge den Verlust sozialer Fähigkeiten bei uns als 
> individuelle Menschen. Und er beschreibt, ganz im Sinne von H. E. 
> Richter die Aufblähung des Institutionellen. Ist erschütternd 
> zu lesen. 
> Kann ich nur empfehlen.

Die arbeitsteilige Gesellschaft, bei der der Einzelne verlernt hat, alles zu
können, hat wohl schon mit dem Ackerbau angefangen, also vor ca. 10.000
Jahre. Damals gab es wohl auch die ersten Tempel und größeren Hierarchien.
Kann aber auch noch länger her sein.

Die Kirchen halte ich geradezu für das Paradebeispiel, wie aus einer
einfachen Regelsammlung irgendwann eine Ideologie, ein "Nur so geht’s" wird.

> Zusammengefasst: ich gehe davon aus, dass z. B. eine neue 
> Partei mit Vereinsverfassung oder sowas, Satzung, Vorstand 
> und anderem mehr letztlch von dieser Seite her in genau dem 
> gleichen Fahrwasser landen wird, wie die anderen Parteien. 
> Und dass auch genau die gleichen Probleme auftauchen werden, 
> wie bei den anderen.
> Es fehlt zumindest ein historisches Beispiel, dass es auch 
> anders geht. 
> Und ich kann auch nicht erkennen, wodurch es anders werden sollte.

Da kann ich dir zustimmen. 

> Überspitzt gesagt: Nur eine (einzige?) gute Idee zu haben und 
> alle anderen zum Kotzen zu finden, das reicht nicht. DAFÜR 
> gibt es nun jede Menge Beispiele und zwar bis in die jüngste Zeit.

Mir ist es egal, ob eine Partei nur ein einziges Thema oder viele hat. Auch
die Vollparteien mit mehreren Themen werden meist nur für ein Hauptthema
gewählt. 

Wie ich schon schrieb, ist das Parteisystem an sich das Problem und dabei
ist es unwichtig, ob es nur 2, 5, 10 oder 100 Parteien gibt. 

> Letztlich muss jeder Mensch ihren/seinen Weg finden. Und 
> jemandem Vorwürfe zu machen, dass er so ist, wie er ist, ist 
> vergeblich. Es bringt auch nichts zu sagen: Du stabilisierst 
> das System. Ich könnte im Gegenzug schreiben: und Du nimmst 
> es auseinander: bist Du bereit, für die gesellschaftlichen 
> Folgen des Auseinandernehmens die Verantwortung zu 
> übernehmen. Und bin ich bereit, diese für MEIN Handeln zu tragen?

Das System zerlegt sich schon von selbst. Du mit deinem stabilisierenden und
ich mit meinem zerstörenden Einfluss sind dabei marginal. ;-)

Verantwortung übernehmen für sein Handeln ist übrigens ein ziemlich
interessantes, philosophisches Thema. Haben wir einen Freien Willen oder
sind wir das Produkt der äußeren Umstände? 

> Es ist immer ein kritischer Punkt, die Zeit eines Wandels, 
> eines Übergangs. Und ich gehöre zu denen, die auch denen 
> gegenüber dankbar sind, die noch Reste eines alten systems 
> aufrechterhalten, weil es den Kreativkräften Zeit gibt, das 
> Neue vorzubereiten. Das Problem ist, wenn dazwiswchen ein 
> Vakuum entsteht. Da bin ich dann wieder bei 1933 oder bei 
> PEGIDA oder der Lage in Syrien und in Libyen und und und.

Oh je, denk bitte daran, ich bin Pessimist. Soll ich lieber gleich Suizid
machen? ;-)

Ich glaube nicht, dass unsere Welt von heute auf morgen zusammenbricht, eher
wird es schleichend immer schlechter. :-(

> Immer noch meijnen Viele, Politik geht sie nichts an. Dann 
> gibt es die, die aus Höhlen kriechen, nur um zu Meckern. Auch 
> wenn Meckern gelegentlich völlig berechtigt ist, ist es 
> völlig unkreativ und schafft nichts Neues. Kann im besten 
> Fall Bewusstsein wecken, gestaltet aber selbst nichts.
> Und dann gibt es die, die versuchen, kreativ zu sein und 
> aufpassen müssen, keinen "Frischen Wein in alte Schläuche" zu 
> gießen. Und was ist das Parteiensystem? Was sind überhaupt 
> unsere Institutionen?

Na siehst du, bei mir findest du zumindest EINE Person, die sich mal was
Neues (außerhalb des Systems) ausgedacht hat. ;-)

> Für mich hört sich manchen in dieser Debatte, inzwischen 
> längst nicht alles, so an, als ob man über die anderen 
> schimpft, weil sie beim Ins-Wasser-Springen nass geworden 
> sind oder sogar, weil das Wasser eine Brühe ist, schmutzig. 
> Jetzt möchte ich gern erleben, wie man denn in die wässrige 
> Brühe springen kann, ohne nass zu werden. Oder gar schmutzig. 
> ich werde das mit empathischem Interesse verfolgen.

Es sagte mal jemand: "Politik ist ein schmutziges Geschäft", vielleicht
hilft da ja das ins Wasser springen. ;-)

Liebe Grüße
Karin




Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen