[Debatte-Grundeinkommen] zum Beitrag von Bert Grashoff

willi uebelherr wube at gmx.net
Mo Sep 8 21:13:18 CEST 2014


Lieber Jochen,

dass ist gut, dass du dir den flotten Schreibstil von Bert angewoehnt 
hast. Ich danke dir fuer die Muehe zu deinem Text. Diese Liste 
entwickelt sich wirklich grossartig.

Ich will hier einen Satz eines argentinischen Philosophen zitieren, den 
auch Hugo Chavez oft verwendet hat. "Die Einheit in der Vielfalt". Ich 
sehe, wir sind auf diesem Weg. In den Kernfragen sind wir uns einig, in 
den vielen abgeleiteten Bereichen herrscht die Vielfalt. Und ohne diese 
Vielfalt gibt es keine Entwicklung.

Mit einigen deiner Standpunkten will ich mich deutlicher beschaeftigen.

1. Lokale Oekonomie und Austauschmechanismen

Wenn wir politisch und gesellschaftlich frei agieren wollen, dass heisst 
frei in der Akzeptanz der Wirklichkeit, frei im Suchen nach der 
Wahrheit, dann geht dies nur ueber die oekonomische Unabhaengigkeit. Das 
bedeutet, all jenes selbst und souveraen herstellen zu koennen, was wir 
brauchen oder meinen, zu brauchen. An dieser oekonomischen 
Unabhaengigkeit fuehrt kein Weg vorbei. Oekonomisch abhaengig bedeutet 
Sklaverei, materiell wie auch ideell.

Die oekonomische Unabhaengigkeit ruht auf lokal unabhaengigen 
technischen Infrastrukturen. Und diese ruhen auf der Unabhaengigkeit in 
der Anwendung der Technologie, der Materialisation der Wissenschaften 
der Natur. Oder kurz; den inneren Gesetzen der Natur.

Das ist nicht neu. Unsere Vorfahren haben dies ebenso verstanden und 
angewandt. Der Bruch geschah vor etwa 7-8000 Jahren. Das sehe ich wie 
du. Es war die Zeit der Herausbildung elitaerer Strukturen. Und diese 
benoetigen den Staat und das Geldsystem.

2. Geld, bGE und Staat

Die Form, wie wir es diskutieren, bezieht sich auf ein Geldsystem. Der 
philosophische und ethische Inhalt ist frei davon. Das sehe ich genauso 
wie du und viele in dieser Liste.

Aber: in der Oekonomie existert kein Geld. Nur in der 
Distributionssphaere. Wenn wir uns also mit der Oekonomie beschaeftigen, 
die Grundlage fuer ein bedingunsloses Existenz- und Lebensrecht aul dem 
allgemeinen Niveau, dann beschaeftigen wir uns eigentlich nicht mit Geld 
und Geldmengen, sondern mit den Strukturen unseres gesellschaftlichen 
Seins. Aus unseren formulierten Vostellungen und Perspektiven entwickeln 
wir jene inner-regionalen Relationen, die wir brauchen und die uns 
nuetzlich sind.

du schreibst:
"Auch den Gedanken, das BGE einfach durch Gelddrucken zu finanzieren 
halte ich für keine gute Idee. Was das für Entwicklungen auslöst sollte 
vielleicht mal detaillierter ausgemalt werden, ich fürchte das ist dann 
nicht mehr steuerbar."

Gemaess deinem noch bestehenden Wunsch nach Erhaltung eines Staates 
eroeffnet sich hier ein gewaltiger Widerspruch. Alle Staaten finanzieren 
sich ueber "einfaches Gelddrucken". Die USA mit mindestens 85 Millareden 
Dollar/Monat ueber die FED. Nicht eingerechnet die vielen dunklen und 
verdeckten Kanaele. Alle Staaten sind Instrumente der Finanzsysteme. Und 
alle Staatssysteme sind parasitaer. Sie verbrauchen nur, ohne etwas zu 
erschaffen. Ausser vielleicht die Zerstoerung.

3. Austausch, Wert und Zeit

Du hast etwas die Details ueberlesen. Die Zeit, also unsere Lebenszeit, 
ist das einzige, was wir in die Sphaere der Oekonomie einbringen. Wir 
muessen nur dafuer sorgen, dass unsere Zeit fuer wirklich notwendiges 
und sinnvolles verwendet wird. Wir koennen auch nur ein Minimum grob 
abschaetzen, was jedE aufbringen muss, sofern gesundheitlich oder 
sonstwie in der Lage.

Unsere Lebenszeit ist die einzige objektive Grundlage fuer einen 
wertaequivalenten Tausch. Geldsysteme sind spekulative Wertabstraktionen 
mit immanenter Speicherfunktion. Silvio Gesell hat sich dieser inneren 
Speicherfunktion zugewandt.

Wenn wir also ueber bedruckte Papierschnipsel oder Kontenzahlen tauschen 
wollen, dann muessen wir fuer 2 Grundfragen die Antwort suchen.

a) die Wertbestimmung
b) die Speicherfunktion

Wenn die Speicherfunktion aufgeloest ist und die Wertbildung objektiv 
bestimmbar, dann koennen wir unbedenklich auch ein Geldsystem verwenden. 
Weil dann ist das Tauschaequivalent tatsaechlich die Zeit.

Die Umlaufmenge ergibt sich aus den geschaffenen Werten, basierend auf 
der verdinglichten Zeit, und den Zeitmengen, die sich fuer die 
Herstellung materieller Instanzen zur Verfuegung stellen. Deswegen 
erhalten auch nur jene das Geld in ihrer Funktion als Eingangstor in das 
Tauschnetzwerk, die dieses brauchen und zur Herstellung der materiellen 
Grundlagen beitragen. Und das sind immer die Kommunen bzw.die lokalen 
Lebensgemeinschaften.

Es gaebe noch mehr an Details zu diskutieren. Aber ich denke, dass ich 
hiermit die wesentlichen und substanziellen Themen angeschnitten habe.

mit Dank fuer deinen Beitrag und lieben Gruessen an alle, willi
Esperanza, Ibarra, Ecuador




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