[Debatte-Grundeinkommen] Umsetzung von revolutionären Ideen hin zum Systemwechsel
Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen
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Do Dez 18 14:12:05 CET 2014
Hallo Peter,
wieder mal ein paar unsystematische Gedanken zum Thema ;)
Das Argument neue Energie und Lust zur Arbeit scheint die Leute
betroffen zu machen.
Ob es sie wirklich überzeugt hat, dass zeigt sich in deren Taten zur
Systemänderung.
Wären es Ideen, die das jetzige Herrschaftssystem nicht wirklich verändern,
dann könnte man die Idee an CDU-SPD, die Dauerregierenden seit Ende des
Weltkriegs, schicken,
und die würden das umsetzen.
Umso stärker die Idee das System ändert,
umso weniger wird das Senden an CDU-SPD ausreichen.
Der nächste Schritt der nach der Diskussion (z.B. mit Dir) Überzeugten
wäre z.B. diese Idee auch anderen mitzuteilen.
Aber in allen Herrschaftssystemen weltweit und geschichtlich gibt es
eine Art von Zensur.
Die Überzeugten werden aus Angst vor Verlust des Jobs oder der Aufträge
ihre Ideen nicht öffentlich kundgeben.
Und vielleicht finden sie es zwar gut, dass dann alle mehr Lust zur
Arbeit haben,
aber vielleicht finden sie es nicht so gut, dass dann ihr Einkommen sinkt,
weil die Menschen vielleicht (z.B. künstlerischen) Tätigkeiten
nachgehen, die nicht profitabel sind.
Weniger Geld kann für Männer Stress mit der Frau bedeuten.
Und für Frauen (das kann hier eine Frau besser beantworten, irgendwas
mit Haus und Kindern)
Die Wahrheit über die jetzigen Verhältnisse ist so von
Propaganda der Elite in den kapitalistischen Parteien und von Werbung
der Elite in den Unternehmen
verdeckt, dass hier vielleicht ein Vergleich hilft.
Unternehmen = Gelddruckmaschinen für Unternehmensbesitzer / Management
Angestellte = Söldner-Armee mit Hierarchie
Jeder kann sich die Frage beantworten :
Hätte ich die Macht über eine Söldner-Armee, die mir durch Tätigkeiten
wie Herstellung und Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen,
monatlich überdurchschnittlich viel Geld (und damit Macht und Freiheit)
beschafft und hätte mich an die Macht über diese Söldner-Armee und die
eigene Freiheit alles zu tun und zu kaufen, was ich will gewöhnt, würde
ich dann wollen, dass ein großer Teil meiner Söldner-Armee nicht mehr
zum Dienst antritt, sondern sich künstlerisch verwirklicht, sich um
Kinder kümmert, sich in Afrika engagiert etc und somit mein
Unternehmer-Einkommen stark einbricht?
Ähnlich :
Will ich, dass meine Maschinen (Haushaltsgeräte, Fahrzeug, Computer
etc.) Gefühle bekommen und ihren eigenen Willen und dann machen was sie
wollen anstatt dass sie machen was ich will?
Da die Reichen meist große Angst vor der Armut haben, werden die Reichen
wohl meistens nein antworten.
Die Gesetze bzw. Spielregeln einer Kultur werden nicht von allen gleich
bestimmt, selbst in einer Demokratie nicht.
Jede Stimme INTERESSE / PSYCHE DES ABSTIMMENDEN
hat eine Wertigkeit. MACHT / MACHTMITTEL DES ABSTIMMENDEN
Die Stimme von Mächtigen hat einen höheren Wert, die Stimme von
Machtlosen einen geringeren Wert.
Wenn die gesamte Oberschicht und Teile der MIttelschicht (Unternehmer,
Manager etc.) Nein abstimmen, dann können sie ruhig in der Minderheit sein,
aber gewinnen die Wahl aufgrund des höheren Werts ihrer Stimmen dennoch.
Das liegt auch daran, dass die höheren Schichten die Psyche der unteren
Schichten besser kontrollieren können als umgekehrt. Und deshalb die
unteren Schichten nicht nach ihren eigenen Interessen abstimmen bzw.
Macht ausüben, sondern so wie die höheren Schichten sie beeinflusst haben.
Beispiel : Deutsche wollen zur NS-Zeit den Krieg, der sie selbst tötet.
Oder Arme heute wählen entgegen ihren eigenen Interessen FDP, CDU, SPD.
Die bisherigen Verbesserungen bis hin zum jetzigen Sozialsystem wie
Rente, ALG II, Krankengeld etc. wie auch Sätze in einer Verfassung
werden von den höheren Schichten nur aus der Angst vor Revolution
geduldet. Immer, wenn das Volk auf die Straße geht, dann werfen die
höheren Schichten ihm die bekannten Krümel hin, damit sie wieder die
Herrschaft prinzipiell akzeptieren.
Der Kampf um das BGE allgemein ist umso mehr ein Kampf um die Verteilung
von Macht (Informationen, Geld, Politik, Militär und die Auswirkungen
auf die Psyche der Untertanen) bzw. ein Klassenkampf, umso näher das BGE
an das Durchschnittseinkommen kommt.
Bei 50 Euro pro Monat noch nicht...
Bei einem BGE zur Sicherung des ALG II (sanktionsfrei) wären manche
Supermarktbesitzer und Wohnungsbesitzer wohl dafür, um ihre Einkünfte
abzusichern.
Aber in der Höhe vom Durchschnittseinkommen wäre es Angleichung der
Einkommen und somit ein Klassenkampf. (Da würden einige Sozialismus /
Kommunismus schreien, obwohl es keiner so wie die realen Systeme wäre)
Beim BGE in Höhe vom Durchschnittseinkommen
könnte jeder das tun, was diejenigen wollen, die außer mit Geld noch
immer seine Psyche beeinflussen.
Im Anhang habe ich die Aussagen von Wilkens über das Buch von Trabold
ergänzt, die mit meinen Aussagen vergleichbar sind.
Wilkens wählt jedoch mehr die üblichen Worte wie man sie bei sozialen
Parteien und Gewerkschaften findet,
und vernachlässigt die für manche schockierende Trennung zwischen
Machtmitteln und Einfluss auf die Psyche (Gedanken, Gefühle, Werte etc.)
und das von der Psyche gesteuerte Verhalten.
VG
Andreas S.
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ANHANG
Kapital Macht Politik
12.12.14 | Von Herbert Wilkens
<https://www.grundeinkommen.de/12/12/2014/kapital-macht-politik.html/print/>
Harald Trabold -- Ökonomie-Professor an der Hochschule Osnabrück und
ausgewiesener Fachmann für internationale Wirtschaftsbeziehungen
-- beschreibt detailreich, fesselnd und bildhaft, wie der Kapitalismus
sich anschickt, die Demokratie auszuhebeln. In vielen Industrieländern
ist dieser Prozess schon weit fortgeschritten. Eine sehr kleine Schicht
von Reichen ist dabei, die Macht im Staate zu übernehmen.
Der Bürger als demokratischer Souverän wird ruhiggestellt und
abkassiert. Sein Wahlrecht nimmt er mehrheitlich im Sinne der
Kapitaleigentümer wahr -- demokratische Legitimierung einer
undemokratischen Plutokratie.
__Aktuell ist jedoch eine krasse Fehlentwicklung zu beobachten. Die
Kapitalisten haben ein parasitäres Gewinnstreben entwickelt und das
Gemeinwohl dabei vernachlässigt.
Eines der Ergebnisse ist die Kluft zwischen Reichen und Armen, die sich
ständig vertieft. Auch die Ausbeutung der Menschen in der Dritten Welt
und die grenzenlose Plünderung der Natur gehen auf dieses Konto.
Trabold beschreibt, wie die Kapitalisten ihr schon jetzt riesiges
Vermögen als politisches Machtmittel einsetzen. Gesetze werden ihren
Zielen entsprechend entworfen, verabschiedet und durchgesetzt. Ein
Beispiel ist das Steuerrecht zu Lasten des Staates und der Mehrheit
seiner Bürger. Exemplarisch auch die Rettung der meisten Banken in der
Finanzkrise, welche die Banken selber verursacht hatten. Die Politik
wird zum Diener einer kleinen Kapitalistenschicht und ihres Gewinnstrebens.
Die Schwächung der Demokratie zeigt sich zum Beispiel in der niedrigen
Wahlbeteiligung. Die Kapitalseite hat mit einer Fülle von Methoden und
Einzelmaßnahmen dazu beigetragen, dass der Durchschnittsbürger keine
wirkliche Alternative mehr sieht. Wozu dann noch wählen gehen?
Oft sind die einzelnen Elemente der kapitalistischen Machtübernahme an
sich kaum als besonders gefährlich zu erkennen, beispielsweise die
Konsumwerbung, die Unterhaltungsindustrie, die Veränderungen im
Bildungswesen, die Beeinflussung der Massenmedien, um nur einige
Bereiche zu nennen. Sie verstärken einander zu einem machtvollen Angriff
auf die Demokratie. Nur wenige Menschen erkennen den Gesamtzusammenhang,
und es gelingt ihnen nicht, die Mehrheit der Bürger davon zu überzeugen,
dass Gefahr im Verzuge ist. Trabold leistet eine solche Gesamtschau.
Sein Fazit: Letztlich stellt sich die Machtfrage. Werden wir unsere
demokratischen Rechte kampflos aufgeben zugunsten weniger Kapitalisten,
die uns alle ausbeuten?
Vorschlägen für konkrete Maßnahmen vorstellt.
Änderung des politischen Systems, gegliedert in fünf Abschnitte:
* direkte Demokratie stärken
* Lobbyismus eindämmen
* Abgeordnete gegen Korruption abschirmen (Nebentätigkeiten verbieten,
Diäten erhöhen)
* Parteienfinanzierung neu ordnen
* Privatisierung der Politik stoppen
Begrenzung der ökonomischen Macht des Kapitals
* Kapital machtreduzierend besteuern
* Wettbewerbspolitik intensivieren
* Privatisierung stoppen; private Vermarktung von Naturressourcen
staatlich kontrollieren
* Gesetzesverstöße härter ahnden
* der Meinungsmache widerstehen
* Maßnahmen international koordinieren
Stärkung der ökonomischen Macht der Mittelschicht und der Marginalisierten
* Mindestlohn zahlen
* Grundeinkommen gewähren. Hiervon gehe eine Befreiung der Bürger zu
politischer Teilhabe aus, und der Kapitalismus verlöre "das letzte
Instrument repressiver Machtausübung ..., nämlich den Menschen Angst
vor einem Leben in Armut am Rande der Gesellschaft einzujagen." (S.
431) Trabold weist bei dieser Gelegenheit auch die Standardargumente
der Grundeinkommensgegner (unfinanzierbar! leistungshemmend!)
zurück, und zwar -- wie durchgehend in dem ganzen Buch -- mit
rationalen Argumenten.
* Spitzeneinkommen höher besteuern, Mittelschicht entlasten
Aufklärung und Bildung
* kritische Berichterstattung stärken
* Freiräume für Bildung schaffen
Besser leben und wirtschaften
* Sinngebung jenseits des Materiellen
* Werbung einschränken
* Arbeitszeit verkürzen
* Wohlstand anders messen
In seinem Schlusswort schreibt Trabold: "Wem etwas an Selbstbestimmung
und Freiheit liegt, der kann das noch verbleibende Zeitfenster nutzen,
um sich persönlich für die Umsetzung der oben vorgeschlagenen Maßnahmen
zu engagieren. Es würde vermutlich schon reichen, wenn sich jeder zehnte
Bürger eine davon aussuchen und sich für ihre Verwirklichung einsetzen
würde. Denn der beste Schutz gegen eine Plutokratie ist immer noch eine
starke Demokratie. Da Demokratie aber kein Zuschauersport ist, kommt es
darauf an, sich persönlich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen.
99% der Menschen würden davon profitieren." (S. 445)
https://www.grundeinkommen.de/12/12/2014/kapital-macht-politik.html
Am 15.12.2014 00:11, schrieb Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen:
>
> Hallo Andreas
>
> ich habe bislang überzeugt einen Manager und eine Vertriebstätige,
> eine Richterin und einen Schuldirektor, einen Vertriebstätigen, einen
> Intensivpfleger, eine Intensivpflegerin und habe etwa 50 weitere den
> Link und Info zugestellt, darunter Betriebs- und Personalräte,
> Schwerbehindertenvertreter, Ärzte, Kaufleute usf.
>
> Ich habe noch keinen gehört, gelesen, der sich gegen ein BGE
> auspricht, maximal einzelne Aspekte eigener Angstprägung anspricht,
> fast immer daas dann noch weniger Lúst zur Arbeit bestünde, wenn ich
> hier entgegne, das Angst verringert würde und neue Energie und Lust zu
> Arbeit entstünde, sind viele sehr still und in sich gekehrt
>
> Seltsam oft geschieht nachfolgend dann einfach gar nichts mehr, mithin
> donnernde Stille im Umsetzungstrip BGE....
>
> BG
>
> Peter
>
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