[Debatte-Grundeinkommen] Das Menschenwürdige GRUNDEINKOMMEN

willi übelherr wube at gmx.net
Do Mai 16 23:21:43 CEST 2013


liebe freunde,

ich danke euch sehr fuer die rasche reaktion. besonders der beitrag von 
Heidemarie hat mich sehr angesprochen.

in unserem diskussionskreis habe ich diesen text von Franz auch verbreitet 
und haenge euch die antworten an. noch sind wir nicht in der lage, frei 
miteinander zu diskutieren und uns gedanken unserer gemeinsamen zukunft zu 
machen, weil die bestehenden organisationsstrukturen alles tun, um diese 
gemeinsamkeit zu verhindern.

ich glaube, in der frage der notwendigkeit der bedingungslosigkeit des 
GrundEinkommens sind wir uns alle einig. das Grundeinkommen ist eine antwort 
auf das geldsystem, sonst wird es nicht gebraucht. so wie wir das recht zum 
leben allen zusprechen, so auch die verantwortung aller, sich an der 
herstellung der grundlagen dafuer zu beteiligen. ich glaube nicht, dass da 
gross diskutiert werden muss.

indem wir alles, was alle brauchen, gemeinschaftlich organisieren und 
tragen, werden in diesen sektoren die geldsysteme ueberfluessig, weil wir 
allen die freie verfuegung hierzu garantieren.

ganz anders sieht es aus, wenn wir die strukturellen bedingungen erhalten 
wollen und gleichzeitig das allgemeine recht auf lebenssicherung 
garanitieren. dann werden zwei antagonistisch zueinander stehende bereiche 
miteinander verwoben. das bindeglied ist dann das geldsystem mit allen 
seinen innewohnenden widerspruechlichkeiten. fuer uns. fuer andere sind das 
positive transfermoeglichkeiten.

Heinrich hat auf die zersplitterung der aktiven fuer das (B)GE hingewiesen. 
Heidemarie im gegenteil auf die vereinheitlichung, wie wir sie im 
Volksbegehren in der Schweiz deutlich erfahren. auch der kongress des NGE 
zeigt diese vereinheitlichung. ich sehe dies nicht so pessimistisch wie 
Heinrich. vielmehr sehe ich, dass aus den verschiedensten quellen fuer ein 
Grundeinkommen mehr und mehr eine zentrale bewegung entsteht.

Detlev hat darauf hingewiesen, dass Franz in seinen konzeptionen den blick 
in die zukunft sich erhaelt. aber genau dies fehlt leider noch in diesem 
kreis des Netzwerks Grundeinkommen. wir koennen nur stabile verhaeltnisse 
erreichen, wenn wir die zukunft denken und dies immer im auge behalten. das 
GE ist dann ein schritt, ein uebergangskonzept, das aber dann die elemente 
einer anderen gesellschaftlichen strukturieung und gestaltung in sich traegt.

aus diesem grund ist die bedingungslosigkeit immer notwendig. daraus folgt 
aber auch die bedingungslosigkeit zur beteiligungsmoeglichkeit an den 
aufgaben der gemeinschaft.

eure antworten werde ich auch in unserem diskussionskreis einbringen.

mit liben gruessen, willi



-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Re: Das Menschenwürdige GRUNDEINKOMMEN
Datum: Thu, 16 May 2013 19:07:17 +0100
Von: Heinrich Triebstein <h.triebstein at gmx.de>
An: Detlev Matthias Daniel <D.M.Daniel at web.de>
Kopie (CC): willi übelherr <wube at gmx.net> und freunde

Guten Abend allerseits,

auf der Seite www.geldmitsystem.org gibt es das Konzept von Bernd
Hückstedt unter dem Titel GraDiDo - Gratitude (Dankbarkeit), Dignity
(Würde), Donation (Spende). Darin wird das Wirtschaften den gleichen
Gesetzen wie die Natur untergeordnet: Entstehen - Wachsen - Vergehen.
Die ins Unendliche zielende Hyperbel des Zinseszinswachstums als Symbol
für die real existierende Wachstumszwangswirtschaft wird durch ein
Denken und Leben in Kreisläufen ersetzt.

Der Autor betreibt die Joytopia Akademie in Künzelsau und ist unter
akademie at joytopia.net anzusprechen, seine Arbeit ist unter
www.joytopia.net kennenzulernen.

Zum bedingungslosen Grundeinkommen selbst kann ich bisher nur sagen: Es
gibt so viele unterschiedliche Vorstellungen, dass die Gegner nicht
einmal die alte Verhinderungstaktik des Teile und Ignoriere anzuwenden
brauchen. Das Aufsplittern haben die Befürworter schon selbst vorgenommen.

Die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit interessiert deshalb auch
nur am Rande. Wenn überhaupt.

Der anhängende Entwurf eines Offenen Briefes an die Vorstände der beiden
"Volks"parteien mit seinem Anhang (Zehn Thesen) spiegelt wider, was wir
im Projekt zum Thema gesammelt haben.

Mit radikaldemokratischen Grüßen
Heinrich Triebstein


-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Re: Das Menschenwürdige GRUNDEINKOMMEN
Datum: Thu, 16 May 2013 16:03:14 +0200
Von: Detlev Matthias  Daniel <D.M.Daniel at web.de>
An: willi übelherr <wube at gmx.net> und freunde

Hallo,

vieles von dem, was da geschrieben steht, wirkt auf mich sehr sympathisch,
anderes erscheint mir nicht wirklich schlüssig. Unklar bleibt, on das
heutige Geldsystem durch das hier beschriebene komplett ersetzt, oder ob ein
zweites paralleles System installiert werden soll. Das Grundproblem des
bedingungslosen Grundeinkommens, das auch hier aufgeworfen wird, besteht
aber gerade darin, daß zwei Systeme nebeneinander existieren sollen - das
Tauschsystem und ein System der Zuteilung. Das eine stellt grundsätzlich
jedes wirtschaftliche Ergebnis von vornherein in ein Privateigentum, aus dem
es nur durch Tausch oder öffentlichen Zugriff (Steuern, Abgaben, Enteignung)
wieder herausgelöst werden kann. Das andere will genau das bzw. einen Teil
davon neu verteilen. Das geht nur, wenn diese Produkte, Güter,
Dienstleistungen vorher auf irgendeine Weise wieder enteignet wurden. Dabei
ist es unerheblich, wieviele und wie beschaffene Geldsysteme es gibt,
solange sie alle einen gleichen Anspruch auf die Güter verschaffen. Wer
verteilen will, muß Ansprüche abtreten. Das Problem haben wir nebenbei
bemerkt in leichterer Form auch heute schon, weshalb unsere Sozial- und
Transfersysteme mehr schlecht als recht funktionieren.

Was nicht gesagt wird, wie dieser Gemeinschaftsdienst aussehen, ob er
vergütet werden, was er hervorbringen, welche Produktivität er entfalten
soll und wer über die Ergebnisse verfügt. Wenn das der Staat sein soll,
braucht er sich kein Grundeinkommen mehr zu generieren, denn er kann ja
diese Werte gegen die eintauschen, die er benötigt. Wenn der Staat auf einen
anderen Zugriff auf die Leistungen und Güter seiner Bürger verzichten will,
müßte dieser Gemeinschaftsdienst unentgeltlich erfolgen und Werte im
Gegenwert der verteilten Grundeinkommen erzeugen.

Wenn wir nun unter diesen Voraussetzungen den Anteil der gegenwärtig
erhobenen Abgaben (Steuern, Sozialbeiträge etc.) betrachten, dazu das
addieren, was heute an notwendigen Leistungen nicht erbracht oder unwürdig
bezahlt wird (auch und gerade in anderen Ländern), wenn wir dann auf der
anderen Seite die Wirtschaftsleistung um all die Dinge reduzieren, die
unnötig und vollkommen sinnlos sind und die nur gemacht werden, um Geld zu
verdienen (gieriger- oder erzwungenerweise), dann bekommen wir vielleicht
ein Gespür dafür, wie groß der Anteil dieser unentgeltlich im Dienste der
Allgemeinheit zu leistenden Wirtschaft ist oder sein sollte im Verhältnis zu
dem Wirtschaftsanteil, der gegen Vergütung und zur beliebigen privaten
Verfügung und Konsum erfolgt. Nennen wir einmal das erste den öffentlichen,
das zweite den privaten Wirtschaftssektor, so können wir feststellen, daß
das ganze Geldsystem, auch das des Grundeinkommens, nur benötigt wird zur
Aufrechterhaltung des dann deutlich kleineren privaten Sektors von dem so
oder so nur ein kleiner Anteil der Bevölkerung wirklich profitiert. Alles
andere geht ohnehin in einen Topf und wird von dort nach Bedürftigkeit
verteilt.

Dann wird gesagt, das Geld verfällt so, wie es generiert wird. Wenn dadurch
die Verhältnisse wieder ins Lot gebracht werden sollen, müßte mit jeder
Auszahlung des Grundeinkommens das des Vormonats verfallen. Da scheint es
mir wesentlich konsequenter, das als eine Art Gutscheinsystem zu betreiben,
Verfall nach Einlösung. Es sollte auch nicht verkannt werden, daß die
Speicherfunktion des Geldes innerhalb des Tauschsystems einen Sinn hat. Ich
muß dann z.B. nicht anfangen, ein Haus zu bauen, viele Jahre bevor ich es
benötige.

Was mir nicht plausibel wird, ist, warum das Attribut der
Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens verworfen wird. Bedingungslos
bedeutet: Ich erhalte es, solange ich lebe. Alles andere ist ein bedingtes
Grundeinkommen; es gibt also Umstände unter denen ich es nicht erhalte.
Welche sollen das sein? Wenn das Grundeinkommen den Menschen ein
menschenwürdiges Dasein garantieren soll, unter welchen Umständen verlieren
sie diese Menschenwürde?

Was mir gut gefällt, ist die Idee eines mit dem Grundeinkommen eingeführten
Gemeinschaftsdienstes. Nicht als Bedingung für den Bezug des Einkommens und
nicht das Einkommen als Vergütung des Dienstes, sondern als zwei
eigenständige unabdingbare Institutionen, die allerdings konzeptionell
zusammenhängen. Dieser Gemeinschaftsdienst könnte insbesondere enthalten die
notwendigen Aufgaben, die ohne wirtschaftlichen Zwang niemand mehr machen
mag. Er sollte ohne besondere Vorbildung und ohne Belegungsrechte z.B. nach
wechselndem Losverfahren erfolgen - einzige Bedingung: Wer kann, der muß.
Die Bundeskanzlerin zusammen mit dem Azubi und dem ungelernten Arbeiter -
das hat was Erdiges, etwas zum Anfassen. Natürlich gibt es gesellschaftlich
starke Vorbehalte gegen alles, was man Arbeitsdienst nennen kann. Aber hier
ein Lamento anzustimmen, würde nur Krokodilstränen hervorbringen, denn die
freie Wahl der eigenen Betätigung ist schon heute nur eine Illusion
privilegierter Bevölkerungsschichten.

Sympathisch ist mir natürlich auch, daß der Autor dieses Beitrages den Blick
weiter in die Zukunft richtet und die Option einer Gesellschaft nicht aus
den Augen verliert, die auf der Basis von sozialem Bewußtsein und
individueller Verantwortung frei ist von Ansprüchen und
Herrschaftsstrukturen wie Geld, Gesetzen, auferlegten Pflichten usw.
Insgesamt würde ich sagen, stimmt die Richtung, es gibt aber noch
Nebelschwaden, die den Blick auf die wirklichen Notwendigkeiten verhüllen
und geeignet sind, die Illusion einer eigennützigen schönen Zukunft aufrecht
zu erhalten.

Mit besten Grüßen
Detlev


Am 16/05/2013 2:03, schrieb willi übelherr:
>
> Das Menschenwürdige GRUNDEINKOMMEN
> Franz-Georg Eck - Lebensgesellschaft
> www.lebensgesellschaft.org/lebensgesellschaft_grundeinkomme.html
>
> liebe freunde,
>
> durch zufall bin ich auf diese seite gestossen. manchen von euch wird sie
> vielleicht schon bekannt sein. ein klares Plaedoyer fuer das Grundeinkommen
> verbunden mit einer klaren absage an bedingungslos. die bedingung ist eine
> demokratisch definierte zeitmenge fuer gemeinschaftliche aufgaben.
>
> interessant daran ist der versuch, das GE vom geldsystem abzukoppeln, weil
> der gesamtentwurf der LebensGesellschaft auf selbstverwaltetem geld beruht,
> das mit den heutigen finanzsystemen nichts mehr zu tun hat.
>
> fuer eine diskussion waere ich euch sehr dankbar.
>
> mit lieben gruessen, willi
> mérida/venezuela
>
>
> Das Menschenwürdige GRUNDEINKOMMEN
>
> Können Sie sich vorstellen, dass in einer LebensGesellschaft:
>
> ...

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