[Debatte-Grundeinkommen] "Arbeit=Lohnarbeit" oder "Arbeit= Hobby"? (Martin Brucks)

Martin Brucks m.brucks at emsltd.de
Do Okt 7 00:30:07 CEST 2010


  Hallo Agnes, Jörg und alle anderen,

ich finde es interessant, wie hier die verschiedenen Ansätze aufeinander 
prallen, spiegelt es doch ziemlich das wieder, was bei der Debatte um 
das Grundeinkommen "draußen" zu erwarten ist oder bereits stattfindet.
Während Jörg sich um Begrifflichkeiten müht, was ich sehr begrüße, da 
bereits eine kleine Veränderung die Bedeutung verkehren kann befasse ich 
mich mehr mit dem "was macht das was ich sage mit anderen" und "wie muss 
ich es sagen, damit es was macht" und Agnes versucht die Angelegenheit 
von oben anzugehen, soll heißen, zunächst müssen möglichst alle, 
mindestens aber viele der Gesamtidee zustimmen ehe sich überhaupt etwas 
machen lässt.

Ich beziehe derzeit Hartz4, meiner Familie zuliebe und arbeite ziemlich 
viel, weitestgehend unentgeltlich und ich empfinde diese Arbeit 
überhaupt nicht als Übel, obwohl dadurch andere verdienen oder 
mindestens nichts ausgeben müssen und so dann indirekt doch verdienen.
Man könnte natürlich auch sagen, ich bin einfach nur blöd.
Das was ich tue oder auch tun muss ausschließlich als Übel zu empfinden 
würde jedenfalls meine Lebensqualität derart herabsetzen, dass ich dazu 
nun wirklich nicht freiwillig bereit bin.
Im Übrigen habe ich der Kirche den Rücken gekehrt, weil ich niemanden 
brauche, der mir erklärt was richtig und falsch ist, das gleiche gilt 
bei gesellschaftlichen Zusammenhängen, Ideologen sind Theologen mit 
anderen Mitteln, nein danke.

Die "Bedingungslosigkeit", ganz gleich ob als Adjektiv oder Adverb 
konfrontiert aber was soll daran schlecht sein wenn es nicht um die 
Konfrontation an sich geht.
Vielmehr wird dadurch das Wesen der Freiheit ausgedrückt, eine 
Entscheidung ist nur dann mit Recht so zu nennen wenn ich sie treffen 
kann aber nicht muss, das gilt auch für die Entscheidung, am Gemeinwohl 
mitwirken zu wollen oder nicht.


inflationäre liebe Grüße

Martin

Am 06.10.2010 13:59, schrieb Agnes Schubert:
> Hallo Martin und andere,
>
>
> Martin Brucks schrieb:
>> Hallo Agnes und andere,
>>
>> kurz und knapp:
> Dito.
>>
>> Ob Arbeit von mir als ein Übel empfunden wird entscheide ich selbst.
> Ich bestreite gar nicht dein jeweiliges empfinden. Ich zweifele die 
> Brauchbarkeit deiner Definition von "Arbeit".  Würdest du keine Geld 
> für Deine "Lohn"-Arbeit bekommen, und sie dennoch tun, dann wäre 
> tatsächlich der Beweggrund der Tätigkeit ihr innewohnend.
> Sonst ist nur der Beweggrund sich zwischen verschiedenen (=verschieden 
> starken) Übeln (="Lohnarbeitsplätzen") zu entscheidend, der jeweiligen 
> Tätigkeit innewohnend.
>
>> Die (Lohn-) Arbeit per se als ein abzuschaffendes Übel darzustellen 
>> war einer der größten Fehler der Geschichte.
> Ha -
> 1. Behauptung die von dir erst zu beweisen wäre. Wo wurde das denn je 
> gemacht, und wie?
> 2. Fehler für wen?  Für die Interessen des Kapitaleigners? Für ein 
> Überleben der Menschheit? Für das Klima, ...oder die Hauskatze?
>>
>> Die Ansicht, Menschen, die andere für sich arbeiten lassen würden 
>> selbst nicht arbeiten ist an der Realität vorbei, von Ausnahmen 
>> abgesehen.
> Es gibt Einkommen, das nicht aus eigener Arbeit generiert wird. 
> Dahinter stehen also Werte von Warenmengen, die andere erarbeiten. 
> Dieses Grundprinzip des Kapitalismus in Frage zu stellen oder als 
> Ausnahme anzusehen, ist m.E. eher "an der Realität vorbei".
>
>>
>> Die Befreiung des Menschen vom direkten Zusammenhang zwischen 
>> Überleben und Nahrungsbeschaffung durch Jagd, Sammeln oder Anbau und 
>> Zucht hat zu einem Tauschsystem geführt und klugerweise zur 
>> Vorratsbildung, die auch vor Geld und Gut nicht Halt macht.
> "Die Befreiung des Menschen vom direkten Zusammenhang zwischen 
> Überleben und Nahrungsbeschaffung durch Jagd, Sammeln oder Anbau und 
> Zucht hat" auch einst erst die Existenz von Sklavenhaltern, 
> Feudalherren und auch kriegführenden Armeen ermöglicht. Ein Kompliment 
> kann ich daraus also noch nicht ablesen.
>
>>
>> Egal in welcher Position oder Situation ein Mensch steht, gelingt es 
>> mir nicht, ihn persönlich zu "berühren" wird er bei dem bleiben, was 
>> ihm als sicher weil vertraut und funktionierend erscheint, bei dir 
>> ist mir das nicht gelungen.
> Dito. Dito. (Aber ich denke, Du spielst hier nicht auf die 
> Notwendigkeit von Lohnarbeit an, oder? )
>>
>> Die Einführung des BGE ist nichts weiter als eine gesellschaftliche 
>> Notwendigkeit, sie kann den herannahenden Kollaps der Staaten beenden 
>> der durch die immens teure "Reparatur"- Politik und die Abkehr seiner 
>> Bürger von den Entscheidern hervorgerufen wird. (Eine deutsche 
>> Wiedervereinigung hätte es nicht gegeben, wenn nicht zum einen die 
>> Pleite der DDR gedroht und zum anderen die Unterstützung der 
>> Bevölkerung gefehlt hätte.)
> Nichts dagegen, auch mal etwas kurz und knapp behandeln zu wollen, 
> aber der bloße Austausch von Statements bringt eine Diskussion nicht 
> weiter.
> Hier fehlt:
> 1. die Begründung, warum das bisschen Unzufriedenheit Einzelner in 
> einzelnen Punkten schon eine Abkehr einer entscheidenden Menge sein sollte
> 2. der Beweis das aus Unzufridenheit von Bürgern ein Kollaps der 
> Staaten herannahe. (Die Sklaven waren einst vielleicht auch wohl nicht 
> glücklich in ihrem Los. Dennoch hatten sie dieses im Allgemeinen ein 
> "Weilchen" zu ertragen, bis andere Umstände die Sklaverei als weniger 
> effektiv erscheinen ließ. ) Gleiches gilt auch für das "immens teure" 
> bei der Politik.
> 2. die Bedeutung, die Kollaps von für die betroffenen Menschen hätte. 
> (Der Erhalt bestimmter Staaten als Selbstzweck kann ja wohl nicht 
> gemeint sein, oder?)
> 3. Das BGE an einem Kollaps etwas ändern könnte,
> 4. Das nur BGE ("Notwendigkeit") daran etwas ändern könne.
>
>
> Gruß AgneS
>
>
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