[Debatte-Grundeinkommen] Recht/Pflicht...

Martin Brucks m.brucks at emsltd.de
Di Okt 5 09:05:59 CEST 2010


  Hallo Agnes und andere,

"Dazu kommt auch das fortbestehende Anbiedern von Lohnempfängern an die 
Arbeitgeber (letztlich die Kapitaleigner und daraus Renditebezieher) für 
ein wenig Luxus über die Garantie des BGE hinaus."

Aus diesem Satz lese ich folgende Thesen:

1. Arbeiten ist ein (notwendiges) Übel
2. Mensch ist entweder Lohnempfänger (Nichteigentümer) oder Arbeitgeber 
(Eigentümer)
3. Wer mehr arbeitet tut dies für Luxus

Ich halte alle drei Thesen für unzureichend.

1. Menschen die gerne arbeiten haben mehr vom Leben, sie bleiben 
gesündern, sind ausgeglichener und haben eine positive Ausstrahlung 
gegenüber anderen
     (das trifft nicht zu wenn Arbeit nicht gewollt ist in Qualität oder 
Quantität)
2. Die meisten Menschen sind beides, Nichteigentümer und Eigentümer, 
bringe ich mein Auto, Fahrrad oder was auch immer in die Werkstatt bin 
ich der Eigentümer
     (Arbeitgeber)
3. Luxus ist ein Gut, auf dass sich leicht verzichten lässt (ich mache 
mir nichts aus Geld aber es beruhigt) es nimmt nur deshalb so viel Raum 
ein, weil wir die Angst vor der
     Armut von unseren Eltern elementar gelernt haben.
     Anerkennung für das geleistete und der daraus entstehende Stolz auf 
sich selbst aber auch die Möglichkeit selbst zum Eigentümer werden zu 
können sind Triebfedern
     die Menschen arbeiten lassen.

Es ist immer das Befinden, was uns Dinge tun oder lassen lässt und was 
am Ende darüber entscheidet ob es uns damit gut oder schlecht geht.

Warum sollten wir das ignorieren um einer Theorie willen?
Ich halte das Arrangement mit den bestehenden Verhältnissen daher für 
unerlässlich und zwar nicht im Sinne der Unterwerfung sondern der 
Zur-Kenntnisnahme.
Wenn ich weiß, dass mein Gegenüber keinen Druck verträgt, ich ihn aber 
dennoch zu etwas bewegen möchte muss ich entweder nach anderen 
Zugangsmöglichkeiten suchen oder ihn brechen.

Gruß

Martin
Am 04.10.2010 14:04, schrieb Agnes Schubert:
> Hallo Diskussionsgemeinde, hallo Joerg,
>
>
> Joerg schrieb in der Mail an Edwin:
> "... Daraus abzuleiten, es gäbe "Kein Recht auf Pflicht", nenne ich 
> Dilletantenphilosophie. Was hier manche machen: Freiheit wird zum 
> obersten Recht erklärt! Wozu brauchen wir dann einen Staat? Wozu 
> brauchen wir dann Gesetze? ... "
>
> "Freiheit von Pflichten" ist nicht "oberstes Recht", sondern eher noch 
> "oberster Wille"! (Das gilt , wenn Du Pflicht auch als "Einsicht in 
> Naturnotwendigkeiten" definierst, auch beim Kampf gegen die 
> Hindernisse bei der Bedürfnisbefriedigung, die einem die Natur so auf 
> macht.) "*Rechte*" - so wie ich das Wort verstehe -  müssen gewährt 
> werden. Das geht im Grunde nur da, wo einem ohne dieses Recht etwas 
> vorenthalten werden kann. Schafft man beispielsweise eine Macht ab, 
> die einem etwas vorenthalten *kann*, dann hat man danach nicht mehr 
> Rechte, sondern weniger. Aber möglicherweise ja mehr *Möglichkeiten.
> *Der Staat wiederum ist so eine Anhäufung von Macht (Gewaltmonopol, 
> ...). Erste Aufgabe ist Eigentumsschutz und zweite Selbsterhalt zum 
> Zwecke der ersten Aufgabe.
> Das Eigentumsrecht ist also ein Pflicht an die Nichteigentümer. Wozu 
> Nichteigentümer dieses Recht oder "besser" dieses "Recht auf Pflicht" 
> also brauchen, sollen ihm doch mal die Eigentümer (also die 
> augenscheinlichen Nutznießer des Staates ) erklären. Scheinbar geht 
> das nicht so einfach, deswegen Bedarf es z.B. des Gewaltmonopoles.
>
>
> Joerg schrieb unlängst auch
>> ... Werner Rätz meinte mal, man solle das Grundeinkommen nichtmonetär 
>> denken... Was liegt also näher, das Grundeinkommen mal als "Recht" zu 
>> denken, wie es eigentlich viele fordern...
>
> ... ein Recht als Ausgleich für eine Pflicht, die heute den Menschen 
> ja erst einmal davon abhält, seine Grundbedürfnisse zu erfüllen.
>
> Dieser Pflicht "Beachtung des Eigentumsrechtes der anderen" wird mit 
> Hilfe von BGE auch bei Nichteigentümern ein Grund hinzugefügt, dieser 
> Pflicht aus innerer Einsicht nachzukommen, der ohne Androhung 
> staatlicher Gewalt daherkommt. (Die Kuh, die man melken kann, 
> schlachtet man nicht so leicht)
> Jene, die also trotz oder wegen der Existenz von Eigentumsrechten 
> allein ihr Leben nicht gestalten können, bekommen aus dem System, dass 
> sich auf Eigentum begründet, eine Art Ausgleich - also ein "Recht"  - 
> zugestanden, von jenen, die ihnen auch die oben genannte Pflicht 
> auferlegten.
> Die BGE-Fangemeinde richtet also ein Bittgesuch an die Inhaber der 
> Macht (Interessensvertreter der Eigentümer) den sozialen Frieden 
> (neben der Nutzung des Drohpotential des Gewaltmonopoles) nicht nur 
> *individuell *finanziell zu stützen ("Hartz4" u.a.), sondern dieses 
> *allgemein *zu tun. Das dafür scheinbar einzig taugliche Versprechen 
> an die Eigentümer, dass sie dadurch (mit ihrer finanziellen 
> Verpflichtung, die unweigerlich damit auf sie zu kommt, ) letztlich 
> nicht weniger, sondern noch mehr von ihrem Eigentum haben, 
> funktioniert in der Tat nur bei Erhaltung (oder Ausdehnung) der 
> Anerkennung des "Eigentumsrechtes" in den Köpfen der Nichteigentümer. 
> Die zuvor auferlegte Pflicht der "Beachtung des Eigentumsrechtes" muss 
> in ihrer Durchsetzung insgesamt also billiger werden. Dazu kommt auch 
> das fortbestehende Anbiedern von Lohnempfängern an die Arbeitgeber 
> (letztlich die Kapitaleigner und daraus Renditebezieher) für ein wenig 
> Luxus über die Garantie des BGE hinaus.
> Sehen die bisher Mächtigen diesen Handel nicht ein, so bleibt den 
> BGE.Fans nichts anderes als Aufzugeben, oder die bisherige Form der 
> Demokratie selbst in Frage zu stellen und ihre Interessen bewusst 
> gegen die Interessen der Eigentümer durchzusetzen.
> Zu klären bleibt also, ob die Interessen der Eigentümer und der 
> BGE-Fans widersprüchlich sind, oder im Gegenteil
>
> Gruß AgneS
>
>
>
>
> _______________________________________________
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