[Debatte-Grundeinkommen] Warum das Bedingungslose Grundeinkommen und Negative Einkommensteuer unfinanzierbar sind
Matthias Dilthey
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So Dez 5 16:56:28 CET 2010
Hallo Patrick, hallo Liste,
vielen Dank für die "Freigabe" Deines Papiers, das ich als Anhang beifüge.
Obwohl ich glühender Verfechter eines "emanzipatorischen BGE" bin, teile ich
Deine Meinung, dass ein BGE (in vernünftiger, sozial verträglicher Höhe) mit
den jetzigen steuerlichen Gegebenheiten schwerlich zu finanzieren ist.
In der gesamten BGE-Finanzierungs-Diskussion wird bisher völlig außer Acht
gelassen, dass es Steuern mit "wertschöpfendem Charakter" gibt, wozu z.B. die
"Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer" zählt (Vergl. Wöhe, Die Steuern des
Unternehmens, 5. Auflage 1983, S 258ff).
Moderner ausgedrückt wird der Wirkung nach durch die "Allphasen-Brutto-
Umsatzsteuer" einer Maschine/Roboter ein "virtueller Arbeitnehmer" an die
Seite gestellt, dessen "virtueller Lohn" (= die Steuer) maßgeblich zur
Finanzierung des BGE herangezogen wird.
Durch diesen "virtuellen Arbeitslohn" wird der fiskalischen Wirkung nach
Vollbeschäftigung simuliert. Vorausgesetzt, dieser "virtuelle Arbeitslohn"
erreicht (z.B. durch ein BGE) kaufkraft-schwache Schichten der Bevölkerung.
Letztendlich stellt die Finanzierung eines BGE, auch in emanzipatorischer Höhe
(1.200,-- bis 1.500,-- Euro/Monat), keine Probleme dar, falls die Finanzierung
NICHT überwiegend durch Lohn-/Einkommenbesteuerung, sondern durch eine
Besteuerung der Wertschöpfung (= Besteuerung der Produkte) erfolgt.
Ergänzend sollte noch über eine BGE-Teil-Finanzierung durch eine Kapital-
Transaktionssteuer nachgedacht werden.
Anzumerken ist noch, dass die heutige MwSt. KEINEN wertschöpfenden Charakter
in dem hier gebrauchten Sinn beinhaltet, weshalb auch Götz Werner eine Absage
zu erteilen ist.
In den mittlerweilen etwas über 10 Jahren, in denen ich mich intensiv mit dem
BGE beschäftige, geht (und ging) es mir weniger um das BGE an sich; vielmehr
geht es mir um die Suche nach einem "Werkzeug", mit dessen Hilfe die heutige,
überaus hohe wirtschaftliche Produktivität zur Emanzipation der Menschen
genutzt werden kann.
Ein Teilaspekt dabei besteht m.E. in der weitgehenden Entkopplung von
Auskommen und Erwerbsarbeit, welche uns die heute bereits realisierbare
Robotisierung ermöglichen würde; ein emanzipatorisches BGE zur Auskommen-
Sicherung der Menschen vorausgesetzt.
Weiterführende Infos:
http://www.bge-portal.de/Download-document/4-Dilthey-Modell.html
Prinzipiell es gibt 9 theoretisch mögliche BGE-Varianten:
Bei der Auszahlung:
1. Arbeitszwang auslösende BGE-Höhe
2. BGE als Sozialhilfe-Ersatz
3. Emanzipatorische BGE-Höhe
Bei der Finanzierung:
a. Umverteilung von Unten nach Oben
b. Horizontale Umverteilung
c. Umverteilung von Oben nach Unten
Die Auszahlungs- und Finanzierungs-Möglichkeiten lassen sich (theoretisch)
frei kombinieren, so dass sich 9 prinzipielle BGE-Modelle ergeben. Alle
anderen BGE-Modelle sind lediglich "Mischformen".
So wäre z.B. Werner als "3/a" einzustufen, Althaus als "1/b", Dilthey als
"3/c".
Vielen Dank nochmal an Patrick Urbanke für die Ausarbeitung und Freigabe
seiner Thesen!
Herzliche Grüße
Matthias Dilthey
Platenstraße 21
91054 Erlangen
Tel.: 09131/29889
Am Sonntag, 5. Dezember 2010, 10:54:21 schrieben Sie:
> Hallo Matthias,
>
> aber klar, gerne kannst du das Papier verwenden.
>
> Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass ich gerade dabei bin,
> Feedback zu sammeln und sicherlich am nächsten oder übernächsten
> Wochenende eine neue Variante zu schreiben. Bisher war die Kritik in
> erster Linie, dass es nur das Thema Finanzierung behandelt und die
> weitere Debatte außer Acht lässt. (Das wurde in erster Linie von anderen
> Gegnern geäußert.)
>
> Deswegen plane ich, dazu noch etwas zu schreiben. Außerdem werde ich
> vermutlich mal einige konkrete Modelle durchrechnen, wie z.B. das
> "partielle Grundeinkommen".
>
> Wenn es dir allerdings lediglich um das Thema Finanzierung geht, kannst
> du auch gerne die derzeitige Variante verwenden.
>
> Viele Grüße,
> Patrick
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