[Debatte-Grundeinkommen] BGE in Namibia

willi übelherr wube at gmx.net
So Sep 13 16:47:35 CEST 2009


hallo norbert und stefan und alle,

daß wir menschen in allen erdteilen unterstützen, steht außer frage. daß 
menschen aus beliebigsten regionen andere menschen aus anderen regionen 
unterstützen, ist unser ziel. lokale gestaltungsfreiheit und globale kooperation 
und kommunikation können wohl die meisten als ihre ziele beschreiben.

daß das GE im zusammenhang mit der 80/20-tittytainment bewegung als hilfsmittel 
ins auge gefasst wird, zeigt sowohl die diskussion im san-franzisko-hotel als 
auch in der praxis in afrika und südamerika. unter beibehaltung der 
landverteilung und weiteren landraubs, wie jetzt in ghana oder versucht in 
madagaskar, der reduktion des revolutionären potentials oder befriedung des 
umfelds von großlandbesitz und nutzung, der kompensation der lebenszerstörung 
durch land- und wasserraub.

zurecht weist stefan auf die tatsächlich mögliche konsequenz hin, daß durch 
minimalsicherung der lebensgrundlagen die menschen handlungsräume zur gestaltung 
ihrer gesellschaftlichen verfasstheiten erhalten. in entwickelten geografischen 
räumen stellt sich dies nicht mehr als minimalsicherung, sondern als 
grundsicherung der lebensführung.

die frage nach 'echter demokratie' für namibia zu stellen beantwortet sich von 
selbst sowohl für die afrikanischen länder wie für die europäischen. mit 
demokratischen im gegensatz zu repräsentativen strukturen gäbe es dort keinen 
großgrundbesitz mehr, keine parasitären eliten, keine wassermonopolisierung, 
kein desolates bildungssystem und keine mangelhafte krankheitsversorgung. und 
wir hätten kein militär in afghanistan, vielleicht überhaupt kein militär, ein 
bildungs- und schulsystem, das diesen namen verdient, vielleicht auch kein 
privates finanzsystem. und mit sicherheit ein, vielleicht bedingungsloses, 
grundeinkommen.

stellen wir das GE-projekt in namibia den projekten der landlosenbewegung in 
brasilien, argentinien und indien gegenüber, wo auf der grundlage von regionalen 
selbstversorgerstrukturen, durch inanspruchnahme und besetzung von land und 
deren nutzung, lebensfähige menschliche gemeinschaften entstehen, eingebunden in 
ein netzwerk von lokalen austauschplätzen und gemeinschaftsökonomien. in omitara 
wird erreicht, daß so etwas wie lokale sozietäten entstehen mit 
gemeinschaftlichen ökonomischen ansätzen. und dies auf der grundlage ihrer 
vorheriger enteignung und vertreibung.

nur das ziel ist nicht die externe minimalversorgung, sondern die maximale 
selbstversorgung durch die auflösung des großgrundbesitzes, damit den menschen 
die nutzung ihrer natürlichen ressourcen wieder möglich ist. und hier beginnt 
das große feld der globalen kooperation in der renaturierung und wiederaufforstung.

mit grüssen, willi



Norbert Maack schrieb:
> Hallo Willi,
> wo Du recht hast, hast Du recht. Danke für diese 
> Hintergrundinformationen, die mir so nicht bewusst waren, als ich 
> spontan meine Spende gegeben habe.
> Aber ich bereue es trotzdem oder besser gesagt gerade deswegen nicht.
> 
> Willst Du mit diesem Hinweis von diesbzgl. Spenden abraten oder sie mit 
> Deinen Hinweisen unterfüttern? Wie könnten wir Deiner Meinung nach 
> unsere Schuld effektiver abtragen? Unsere (der deutschen) Schulden nicht 
> nur gegenüber den Menschen in Namibia, sondern auch gegenüber den 
> Menschen in  anderen afrikanischen Staaten wie z. B. Kamerun oder 
> Tansania sind viel zu wenig in unserem Bewusstsein.  In Verbindung mit  
> einer Förderung  des BIG in Omitara wäre eine solche notwendige 
> Bewusstseinsarbeit möglich.
> Ich gebe hier mal einen Link zu einer Afrika-Initiative weiter, die Dich 
> in diesem Zuammenhang vielleicht interessieren könnte, so Du sie noch 
> nicht kennen solltest:
> http://www.africavenir.com/projects-namibia.html
> 
> Mit sonnigen Grüßen
>       Norbert
> 
>
 >
Stefan Kaechele schrieb:
> Lieber Willi,
> 
> schon länger nichts mehr von dir gelesen? alles O.K. bei dir?
> 
>> .... und vielleicht etwas von der
>> schuld loszuwerden, die wir deutsche in namibia immer noch tragen...
> 
> damit schlage und trage ich mich überhaupt nicht herum.
> das projekt findet nun mal in Namibia statt und ich hätte es ebenso
> unterstützenswert gefunden, wenn es an einem anderen ort, in einem
> anderen land durchgeführt worden wäre.
> 
>> namibia ist fast vollständig okkupiert von den großgrundbesitzern. 2/3 sind noch
>> deutscher abstammung, 1/3 sind vertreter der eliten, die durch die deutschen
>> installiert wurde. die farmen wurden von deutschen beamten organisiert, die in
>> diesen gebieten lebenden menschen vertrieben oder abgeschlachtet. der völkermord
>> an den hereos, die in die wüste getrieben wurden, sollte uns immer in erinnerung
>> bleiben.
> 
> ich bin in dieser hinsicht nicht blauäugig, sondern sehe es mit diesen
> augen:
> -ist es für uns praxisfernen quatschköpfe in einem reichen industrieland nicht ein
> schlag ins gesicht, dass ausgerechnet eins der ärmsten länder einen
> realversuch mit einem BGE startet?
> -sind die ergebnisse nach einem jahr in Namibia nicht ermutigend genug, dass
> etwas GETAN werden kann und dieses tun sich mit einem BGE schlicht
> selbstorganisiert?
> -und sollte dieser dorn im auge vieler nicht mit weiteren spenden
> aufrechterhalten werden?
> -mich interessieren ganz sachlich und eigennützig auch die fortlaufenden zahlen
> des projekts
> -wäre es nicht wirklich ein ausserordentliches ereignis, wenn Namibia
> als erstes land der welt ein BGE einführen würde und man daran
> mitgewirkt hätte?
> -soweit ich weiss ist Namibia eine bisher stabile Demokratie mit
> gleichzeitig sehr junger Durchschnittsbevölkerung, von dem ein
> Großteil in bitterster Armut lebt. Könnte ein BGE nicht genau zu dem
> friedlichen Wandel kollektiver Eigeninitiative führen? Und genau das
> verhindern, was in so vielen afrikanischen Staaten(man denke
> z.b. an Simbabwe) passiert ist?
> -auch wenn die verhältnisse des BGE in Namibia nicht direkt auf unsere
> situation übertragbar sind, so glaube ich doch an eine klare
> signalwirkung auch für uns. auch bei uns werden die leute die chance
> eines BGE stück für stück erkennen, auch wenn sich das sicherlich ganz
> anders ausgestalten wird.
> 
>> das BIG in omitara, von kirchenverbänden getragen, um der notwendigen landreform
>> sich zu entziehen, hat mehr mit 80/20 tittytainment als mit BGE zu tun.
> 
> ich bin dir für den begriff tittytainment dankbar, den ich sofort
> nachgeschlagen habe.
> er hilft mir zu verstehen, was solche parteien, wie die FDP und CDU mit einem
> bürgergeld im sinn haben und weshalb es dort so niedrig angesetzt ist, dass
> ein leben in würde und selbstbestimmung damit eben gerade nicht möglich ist.
> 
> ob aber der begriff tittytainment den menschen in Namibia gerecht wird, die
> durch ein BGE endlich zugang zu bildung, zum ausdruck ihrer fähigkeiten, ihrer
> freude und interessen erhalten, zum ausdruck der organisation ihrer selbst, möchte
> ich doch bezweifeln.
> 
> 
>> dafür sollten wir uns als BGE-anhänger mit der idee egalitärer gesellschaften
>> nicht hergeben. wir müssen immer die realen lebensbedingungen, besitzverteilungen
>> und politischen verfasstheiten im auge behalten, wenn wir uns mit solchen
>> projekten beschäftigen.
> 
> für mich nur in wenigen kernfragen: z.b. existiert in dem land eine
> einigermassen echte demokratie. für ein BGE in Nordkorea oder Lybien
> hätte ich wohl wenig begeisterung aufgebracht.
> 
> einen schönen sonntag noch(die mail ging auch an die liste).
 >
 >
 >
> willi übelherr schrieb:
>> hallo stefan und alle,
>>
>> unbenommen eures versuchs, durch spenden dem BIG-projekt in namibia, 
>> hier dem versuch in omitara, unterstützung zu gewähren und vielleicht 
>> etwas von der schuld loszuwerden, die wir deutsche in namibia immer 
>> noch tragen, will ich doch auf einiges in diesem zusammenhang hinweisen.
>>
>> namibia ist fast vollständig okkupiert von den großgrundbesitzern. 2/3 
>> sind noch deutscher abstammung, 1/3 sind vertreter der eliten, die 
>> durch die deutschen installiert wurde. die farmen wurden von deutschen 
>> beamten organisiert, die in diesen gebieten lebenden menschen 
>> vertrieben oder abgeschlachtet. der völkermord an den hereos, die in 
>> die wüste getrieben wurden, sollte uns immer in erinnerung bleiben.
>>
>> omitara ist eine kleine gemeinde auf restland, entlang der 
>> hauptstraße, eingekeilt zwischen die großfarmen. brennholzbeschaffung 
>> oder sammlung von erd- und baumfrüchten auf den farmgeländen wird 
>> massiv mit gefängnis und prügelstrafe oder erschießen bestraft. die 
>> notlage der menschen ist determiniert durch totale enteignung der 
>> bauern von ihrem land. eine auflösung des großgrundbesitzes würde alle 
>> probleme der selbstversorgung und des wasserzugangs lösen.
>>
>> das BIG in omitara, von kirchenverbänden getragen, um der notwendigen 
>> landreform sich zu entziehen, hat mehr mit 80/20 tittytainment als mit 
>> BGE zu tun. schmarotzerstrukturen wie die großfarmen zu halten, dafür 
>> sollten wir uns als BGE-anhänger mit der idee egalitärer 
>> gesellschaften nicht hergeben. wir müssen immer die realen 
>> lebensbedingungen, besitzverteilungen und politischen verfasstheiten 
>> im auge behalten, wenn wir uns mit solchen projekten beschäftigen.
>>
>> mit gruss, willi
>>
>>
>>
>> Stefan Kaechele schrieb:
>>> Hallo zusammen,
>>>
>>> Christoph Schlee hat sich ja bereits auf der netzwerkseite nochmal
>>> zusammenfassend über das BGE-projekt in Namibia geäussert und auch
>>> gleich den spiegel-artikel verfügbar gemacht. super! danke!
>>>
>>> auf den seiten der projektbetreiber:
>>> http://bignam.org/index.html
>>>
>>> findet sich auch ein spendenformular mit deutschem bankkonto
>>> über das man das projekt auch weiterhin finanziell unterstützen kann:
>>> http://www.bignam.org/Publications/Pledge%20form%20web.pdf
>>>
>>> mit z.b. 120.-Euro ünterstützt man 1 person ein ganzes jahr lang mit
>>> einem BGE und verhilft nebenbei dem projekt zu einer längeren 
>>> lebensdauer
>>> und langfristigen daten.
>>>
>>> ---
>>> _________________________
>>> Mit freundlichen Grüssen,
>>> Stefan Kächele
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