[Debatte-Grundeinkommen] Berechtigte Empfänger des BGE

Matthias Dilthey info at psgd.info
Do Okt 1 02:43:45 CEST 2009


Sorry, lieber Viktor Panic,

wenn es so einfach wäre ...

Neben dem monetären "Migrations- Push and Pull" gibt es noch eine Vielzahl 
anderer Migrations-Gründe oder Hindernisse:
Infrastrukturelle, soziale, klimatische, geologische, familiäre, kulturelle...

Und je nach Aufenthaltsland, ja sogar je nach Region in einem bestimmten Land, 
kann aus einem Push ein Pull (und umgekehrt) werden. Und zwar völlig 
unabhängig davon, wie wir die "BGE-Einwanderer-Ansprüche" ausgestalten.

Sodann müssen wir illegale Migration mit bedenken. Ist der Einwanderer erst 
mal im Land, gibt es für diesen oftmals kein Zurück. Mangels Reisegeld, 
mangels gültiger Papiere, mangels ...
Was will der arme Mensch hier machen, außer in das Verbrechen abzugleiten?

Ich arbeite seit einigen Jahren an dieser (nicht nur 
BGE-)Migrationsproblematik und kann nur wiederholen: Wenn die Lösung so 
einfach wäre ...

Am Dienstag, 29. September 2009 15:16:05 schrieb Viktor Panic:
> HALLO, ALLE!
>
> ZUNÄCHST MAL ZU ANKE BREHM UND INSA KLINGBERG:
> Wie AgneS - deren Antwort ich nur überflogen habe - weise auch ich darauf
> hin, dass ein VÖLLIG bedingungsloses Grundeinkommen nicht möglich ist, denn
> dies würde bedeuten, dass wir (Deutschland), wenn wir das BGE einführen
> würden, dieses ALLEN 7 MILLIARDEN Erdenbürgern zahlen müssten! Es sollte
> klar sein, dass dies nicht möglich ist, selbst wenn die Höhe jeweils an das
> örtliche Existenzminimum angepasst wäre. Selbst wenn mit "wir" Europa
> gemeint wäre, könnten wir uns das nicht leisten, geschweige dass die
> meisten europäischen Staaten, die noch im wirtschaftlichen Aufholprozess
> stecken, die Tücken des vorherrschenden Systems noch gar nicht erkannt
> haben und daher von der Notwendigkeit der Einführung eines BGE nicht zu
> überzeugen sind, außer durch erfolgreiches Beispiel. Solange das BGE nicht
> weltweit durchgesetzt ist, muss es also - primär - an den Wohnort gekoppelt
> sein.
>
> ERSTENS MUSS DAS BGE SO GESTALTET SEIN, DASS ES EINWANDERUNG WEDER ANZIEHT
> NOCH ABSCHRECKT (Weder Pull noch Push)
> Denn (arme) Einwanderer erhöhen die Bevölkerungszahl, nicht aber die
> Wirtschaftskraft unseres Landes, denn zu deren Erhöhung sind nicht nur
> Arbeitskräfte, sondern auch Kapital erforderlich! Und - das mag zynisch
> klingen - indem wir die Einwanderung Unqualifizierter aus ärmeren Ländern
> zulassen, erleichtern wir es deren Regierungen, ihr ungerechtes
> Wirtschaftssystem beizubehalten, d.h. wir nehmen Druck aus deren sozialem
> Kessel! Seien wir mal ehrlich: Das heutige System zieht Einwanderung
> finanziell an! Daher wird ein faires BGE die Einwanderung aus ökonomischen
> Gründen stoppen. Es darf einfach nicht so bleiben, dass jemand allein durch
> Einwanderung nach Deutschland seinen Lebensstandard heben kann, indem
> er/sie hier dieselbe Arbeit ausübt wie in seinem Herkunftsland. Die
> Freiheit des Kapital- und Waren-Verkehrs reicht völlig aus, um zu einer
> weltweiten Angleichung des Wohlstands-Niveaus zu kommen, Migration sollte
> nicht ZU DIESEM ZWECK stattfinden. Gegen Einwanderung aus anderen Gründen
> (Ehe, Klima, Kultur etc) habe ich nichts. Das BGE sollte an den Wohnsitz
> gekoppelt sein, Immigranten dürfen jedoch nicht sofort den vollen Anspruch
> erhalten, denn dies würde Immigration aus ärmeren Ländern anziehen! Auf
> wohlhabende Länder trifft dies nicht im selben Maße zu, doch für
> Minderheiten könnte auch dort ein finanzieller Anreiz bestehen: Wenn
> beispielsweise in Frankreich ein bedingtes, in Deutschland hingegen ein
> bedingungsloses Grundeinkommen gezahlt würde, würde dies jenen Franzosen,
> die nicht arbeiten möchten, einen Anreiz zur Übersiedlung geben, und dies
> wünsche ich mir nicht. - Nichts gegen Franzosen, ich habe zwei französische
> Kusinen! -
> Daher befürworte ich ein schrittweise steigenden Anspruch: Im ersten
> Aufenthaltsjahr nichts, im zweiten 5%, im dritten 10% usw, nach 20 Jahren
> den vollen Anspruch. Jedoch nur für die allerärmsten Herkunftsländer!
> Menschen aus wohlhabenderen Ländern könnten auf einer höheren Stufe
> einsteigen, und die Dauer bis zum vollen Anspruch würde sich entsprechend
> verkürzen. Auf diese Weise ließe sich die Einwanderung herkunftsspezifisch
> regulieren, auch unter Berücksichtigung des Charakters des dortigen
> Sozialstaats: Ob beispielsweise in dem jeweiligen Herkunftsland ebenfalls
> ein bedingungsloses oder bedingtes Grundeinkommen eingeführt ist. Man muss
> allerdings die bereits eingewanderten von dieser Staffelung ausnehmen und
> so wie einheimische behandeln, da das BGE (sogar wenn ein Mindestlohn
> eingeführt würde, was ich ablehne) zu einem - begrenzten - Absinken der
> unteren LÖHNE (nicht EINKOMMEN!) führen würde. Dies hätte nämlich zur
> Folge, dass Bürger mit vollem oder hohem BGE-Anspruch BESSER, Bürger mit
> niedrigem BGE-Anspruch hingegen SCHLECHTER gestellt wären als heute. Für
> Neu-Einwanderer soll das so sein, denn diese können sich ja noch überlegen,
> ob sie einwandern wollen. Wer jedoch diese Entscheidung bereits in
> Tatsachen umgesetzt hat, darf nicht unter dem BGE leiden! Notwendig ist
> daher eine Stichtagsregelung.
>
> ZWEITENS MUSS DAS BGE SO GESTALTET SEIN, DASS ES AUSWANDERUNG WEDER ANZIEHT
> NOCH ABSCHRECKT Auswanderern gar nichts mehr zu zahlen, schreckt vor
> Auswanderung ab, sollte also nicht sein. Besonders Rentnern gegenüber, die
> ihren Lebensnachmittag und -abend in einem ihnen sympathischeren Klima
> verbringen wollen, wäre dies unfair. Es sollten jedoch ALLE
> Auslandsaufenthalte einheitlich behandelt werden! Das Problem ist nun, dass
> Zahlungen ins Ausland dem inländischen Wirtschaftskreislauf verlorengehen,
> daher muss der Staat diese Zahlungen sorgfältig abwägen! Dazu ist es das
> Einfachste, Auslandszahlungen zu kürzen - entweder einheitlich, oder so,
> dass sie sich an den jeweiligen Lebenshaltungskosten orientieren. Natürlich
> besteht prinzipiell die Möglichkeit, dass der Kaufkraftverlust (im Inland)
> über einen Exportüberschuss augeglichen wird - ich frage mich ohnehin, wie
> es möglich ist, dass Deutschland über Jahrzehnte hinweg Exportüberschüsse
> erzielt, ohne dass ein offensichliches Ungleichgewicht entsteht. Vielleicht
> liegt dies ja bereits an unseren Rentnern!? Ideal wäre natürlich, wenn auch
> das Auswanderungs-Zielland ein BGE nach unserem Modell eingeführt hätte -
> dann könnte dieses seinen Einwanderern in zwanzig Stufen das eigene BGE
> zukommen lassen, so dass unser Land seine Zahlungen in zwanzig Stufen
> reduzieren könnte. Es wäre wohl Sache eines Staatsvertrages, dies zu
> regeln. Denn wie ich vorgeschlagen habe, sollten ja unsere EINwanderer
> eventuell auf höherem Niveau einsteigen können, da habe ich also zwei
> unterschiedliche Konzepte vorgeschlagen!
>
> Daraus folgt, dass die Behandlung von Ein- und Auswanderern grundsätzlich
> durch Staatsabkommen geregelt werden sollte - und zwar so symmetrisch wie
> möglich. Wohlgemerkt: Abkommen mit JEDEM anderen Staat, ganz besonders mit
> jenen, die noch ein veraltetes Sozialsystem praktizieren. Und auch
> gegenüber anderen BGE-Staaten sind Absprachen über die Höhe der Zahlungen
> nötig.




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