[Debatte-Grundeinkommen] Volksentscheid ins Grundgesetz ... ?

Christian Wilke Luxus_chris at web.de
Fr Nov 6 23:57:33 CET 2009


Lieber Herr Teetz,

sehen Sie, ich habe Probleme mit Ihrer Antwort. Meine Frage war, ob man bei einem Volksentscheid dem Bundestag nicht ein Vetorecht zubilligen sollte, sodass das Modell Volksentscheid in das Modell Volksempfehlung umgewandelt würde. Ich habe dies vor kurzem ein zweites Mal (zuerst am 28.10) geschildert, ohne dass dies in der Liste aufgetaucht wäre, - aber ich scheine die Administration dieser Liste noch nicht ganz durchschaut zu haben. Wie auch immer:

Wer findet es nicht wichtig, dass die Leute diskutieren, und dass die entsprechenden technischen und ökonomischen Bedingungen dafür bereitstehen? Nun sagen Sie: "Einen Volksentscheid finde ich daher eigentlich sehr gut, wenn alles vorher sorgfältig vorher bedacht und diskutiert wurde." Dass und was da vorher diskutiert und überlegt wird, - und wenn jeder Bürger einen Recherchekurs verpasst bekäme - das kann doch niemand veranlassen oder voraussagen; deshalb liegt mein Schwerpunkt im Verständnis des Volksentscheids nicht so sehr um Inhalte oder Bedingungen vernünftiger Diskussionen, sondern eher darauf, dass - bei einer erfolgreichen Abstimmung - schließlich entschieden wird, was vorher (so oder so ähnlich) diskutiert worden ist. Nochmal: es geht mir hierbei nicht um Wissenszugang, Diskussionskultur, Gemeinwesen oder um vernünftige(!) Vorschläge, - sondern darum, dass bei einem Volksentscheid das Volk (und nicht der Staat, die Regierung) entscheidet. Dies finde ich bedenklich, nicht aus Ressentiments gegen die Masse, sondern aus funktionalistischen Gründen. Da ist etwa die Frage, wer zur Verantwortung gezogen werden soll, wenn das Volk unglücklich entschieden hat und, nicht zuletzt, das Schisma von politisch-staatlichem vs. plebiszitärem Entscheiden, das einerseits das Wahlhandeln in Frage stellt und zu inhaltlichen Konfusionen führen könnte, sowie andererseits die bereits schwache Entscheidungsfähigkeit des demokratischen Staates reduziert (wäre etwa, zugespitzt gedacht, zu wünschen, dass jeder Gesetzesentwurf des Bundestages dem Volk zur Abstimmung vorgelegt wird?).

"Kommt, reden wir zusammen" (Gottfried Benn), nutzen wir, Herr Teetz, das Internet, diskutieren wir fair miteinander und wasweißichnichtalles. Ich bin ganz mit Ihnen, wenn es darum geht, das politische Interesse, die Mitsprache aller zu erhöhen bzw. politisch in Sachfragen mitzureden, an Entscheidungsfindung mitzuwirken... aber die dem Volk übertragene Möglichkeit, kollektiv bindende Entscheidungen zu treffen, ist doch noch einmal etwas anderes. -- Welchen dieser beiden Punkte meinten Sie mit 'demokratischer Beteiligung'?

Mich interessiert, wie man Themen und Beiträge politikfähig macht, die nicht zu den Tagespunkten gehören, und bei denen nicht interessiert, wer sie vorbringt (außer: 'die da draußen'). Hierzu würde ich das dreistufige Modell des Volksentscheids nehmen, aber das Entscheidungsvermögen aussondern wollen; es bliebe eine Art von Evaluationsverfahren zur Erhebung virulenter Themen im Volk, wobei das Verfahren, auf Wähler gerichtet, die Ergebnisse zugleich politisch gewichtet. - Eh dadurch Druck entsteht, braucht es natürlich Themen; einen Königsweg zur Ermittlung vernünftiger Vorschläge gibt es nicht, - wenn aber eine Idee, und sei es das Grundeinkommen, kursiert, dann wäre jenes Volksentscheid-analoge Verfahren zumindest ein Weg, um sie zuverlässig ins politische System zu tragen.

Mit freundlichen Grüßen,
Christian Wilke
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