[Debatte-Grundeinkommen] Zum strategischen Vorgehen der BGE-Bewegung : "Es ist heute nicht mehr notwendig, auf die Straße zu gehen, um eine kritische Masse zu erreichen. "

Andreas STL AndreasSTL at gmx.de
Do Jul 16 12:00:53 CEST 2009


Prof. Peter Kruse: Die verändernde Kraft der Netzwerke ist nicht auf die
klassischen Wirkwege von Karriere, Parteiarbeit oder Lobbyismus angewiesen.
Im Netz können sich selbst scheinbar randständige Aktivitäten in kürzester
Zeit zu mächtigen Bewegungen aufschaukeln, wenn sie auf Resonanz stoßen.
Solche Aufschaukelungseffekte entstehen spontan und sind letztlich nicht
steuerbar. Die klassischen Kommunikationswerkzeuge bleiben weitgehend
wirkungslos. Wenn wie jüngst im Iran ein sterbendes Mädchen dem Protest
gegen das Regime ein Gesicht gibt und weltweit Sympathien auslöst, dann
können selbst scheinbar unangreifbare Machtapparate unvermittelt unter Druck
geraten. Aber weit mehr als die prinzipielle Möglichkeit derartiger
Aufschaukelungseffekte bildet der wachsende Wunsch nach direkter politischer
Einflussnahme das eigentliche Epizentrum des Erdbebens. Unsere
Interviewergebnisse zeigen, dass die Jugendlichen heute tatsächlich
keineswegs Politik verdrossen sind. Kritisiert werden nicht politische
Themen oder Aktivitäten, sondern die bestehenden Mechanismen politischer
Beteiligung. Ich denke es ist nicht zu gewagt, zu prognostizieren, dass die
Politik sich in absehbarer Zeit mit der Formierung politischer Kräfte
konfrontiert sehen wird, die themenspezifisch durchaus größere Wählermassen
bewegen können, ohne sich der klassischen Mobilisierungswege einer
Protestbewegung bedienen zu müssen. Es ist heute nicht mehr notwendig, auf
die Straße zu gehen, um eine kritische Masse zu erreichen. Vielleicht werden
auf den neuen Wegen der Partizipation sogar Mehrheiten möglich, die sich
nicht mehr wie bisher aus den Wertemustern der gesellschaftlichen Mitte
speisen.

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