[Debatte-Grundeinkommen] Kompetenz zur Freiheit

Christine Ax ax at fhochx.de
So Dez 6 14:31:50 CET 2009


Einverstanden.. es geht also auch um Selbstenfaltung, es geht um
Berufung es geht um Glück (Ge-lück kommt von Gelingen) und es findet
seine Grenze dort, wo der Wunsch anderer nach Selbstenfaltung beginnt.
Aber es geht auch um praktische.. Wir Philosophen neigen zu einer
überwertung des Denkens und des Wissens.. mir geht es um das Ge-lück der
Vielen, lieber die Produktion der Massen, als die Massenproduktion...
Könner erwächst immer nur durch Arbeit am eigenen praktischen und/oder
theoretischen Vermögen (Kompetenz)..  Wachstum als Arbeit an sich
selber.. Entfaltung hat mit Vielfalt zu tun.. Kultur hat etwas mit
Vielfalt zu tun und mit ihrer Nachhaltigkeit... mit der Weitergabe..
Glücklich macht uns alles, uns der Mühe Wert ist.. Kunst war immer das
was den Menschen über die reine Notwendigkeit hinaus der Mühe wert war..
Gruss an alle Jovialisten, Equilibristen und grund-einkommensnetzwerker!

Christine 
www.koennensgesellschaft.de


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Matthias Dilthey [mailto:info at psgd.info] 
Gesendet: Sonntag, 6. Dezember 2009 14:51
An: Joerg Drescher; debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Cc: ax at fhochx.de; 'Agnes Schubert'
Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Kompetenz zur Freiheit

Hallo Liste,

in diesem von Jörg Drescher geschilderten Zusammenhang ist auch die 
Unterscheidung von "Selbstentfaltung" und "Selbstverwirklichung" zu
sehen.

Die Selbstentfaltung hat immer "solidarischen Charakter"; d.h. die
eigene 
(Selbst-)Entfaltung endet da, wo die Selbstentfaltung eines Anderen 
eingeschränkt wird.
Bei der Selbstverwirklichung wird diese Grenze vom Selbstverwirklicher
nicht 
zwingend beachtet. Selbstverwirklichung kann auch auf Kosten der
Mitmenschen 
gehen.

Während der "Neo-Liberale Staat" die Freiheit im Sinn von
Selbstverwirklichung 
auffasst, begreift der "Emanzipatorische Sozialstaat" Freiheit im Sinn
von 
Selbstentfaltung.

Siehe dazu auch:
http://tinyurl.com/yzccajw



Herzliche Grüße

Matthias Dilthey

Platenstraße 21
91054 Erlangen
Tel.: 09131/29889

Am Sonntag, 6. Dezember 2009 13:44:32 schrieb Joerg Drescher:
> Hallo Christine,
>
> natürlich kann man im Grundeinkommen eine "Freiheit zur Kompetenz"
sehen,
> was allerdings nicht gleichbedeutend mit der "Kompetenz zur Freiheit"
ist.
> Man kann auch nicht bestreiten, daß jeder Mensch die Anlagen für die
> "Kompetenz zur Freiheit" besitzt (Könnensgesellschaft). Allerdings
> beinhaltet die "Freiheit zur Kompetenz" ebenfalls, diese "Anlagen zur
> Kompetenz" nicht zu nutzen (Freiheit heißt auch, "nein" sagen zu
können).
> Doch jede (persönliche) Anlage muß sich entwickeln (können) - daher
die
> Forderung "Freiheit zur Kompetenz". Ich würde eher "Entwicklung der
> Kompetenz" fordern, was in diesem Fall der Emanzipation gleich kommt
> (verstanden als "Erlangen der Kompetenz zur Freiheit"). Dies steht
sehr
> stark mit Bildung in Verbindung (bzw. mit den Ideen der Aufklärung
nach
> Kant).
>
> Das interessante an dieser Geschichte ist, daß es im
gemeinschaftlichen
> Rahmen eher funktioniert (unter Verwandten, Nachbarn und Freunden),
als im
> gesellschaftlichen Rahmen (Individualisierung). Hintergrund ist, daß
die
> Verbundenheit der Menschen untereinander in Gesellschaften abnimmt -
und
> mit der fehlenden Verbundenheit geht das Vertrauen gegenüber anderen
> (Fremden) zurück. Entsprechend hilft auch ein Homo Faber (nach Arendt)
> nicht wirklich weiter (obwohl anzustreben), da er sich bei Fremden nie
> sicher sein kann, ob er es mit einer Person zu tun hat, die die
gleichen
> Werte (des Homo Faber) vertritt. Arendt hat dem Homo Faber den "Animal
> laborans"
> gegenübergestellt - und ein Homo Faber kann sich zumindest sicher
sein, daß
> er es mit einem solchen zu tun hat (grob nach Arendt ist der "Animal
> laborans" ein Wesen, das allein zur Existenzsicherung arbeitet, was
auch
> der Homo Faber tut, wobei sich dieser zusätzlich durch seine Arbeit
> entfaltet - während der "Animal laborans" im erarbeiteten Produkt nur
den
> Nutzen sieht, wertet der Homo Faber den Schaffensprozess mit ein, da
dieser
> das Menschsein enthalte).
>
> Vielleicht drehen wir uns bei der Diskussion auch ein wenig im Kreis,
weil
> die einen unter "Kompetenz" die individuellen
> Fähigkeiten/Fertigkeiten/Motivationen nur in Bezug auf das Individuum
> verstehen, während es mir dabei um einen Bezug auf andere Individuen
ging:
> "Die persönliche Freiheit endet dort, wo die Freiheit eines anderen
> eingeschränkt wird". Um die "Freiheit eines anderen" zu erfassen,
bedarf es
> einer gewissen "Kompetenz" (ein Grundeinkommen - so die Diskussion
hier in
> der Ukraine - erweitert nur die "monetäre Kompetenz", die sich auf die
> "Freiheit zu geben und zu nehmen" auswirkt). In einer
> Grundeinkommensgesellschaft, in der jeder ein Mehr an monetärer
Freiheit
> erhält, kann man sich weiterhin nicht sicher sein, ob sein Gegenüber
die
> "Kompetenz zur Freiheit" erlangt hat. Es bleibt beim Vertrauen in die
> "Kompetenz zur Freiheit".
>
> Viele Grüße aus Kiew,
>
> Jörg (Drescher)
> Projekt Jovialismus
> http://www.iovialis.org
>
>
>
> ----- Original Message -----
> From: "Christine Ax" <ax at fhochx.de>
> To: "'Joerg Drescher'" <iovialis at gmx.de>;
> <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Cc: "'Agnes Schubert'" <Agne.s at gmx.de>
> Sent: Sunday, December 06, 2009 10:59 AM
> Subject: AW: [Debatte-Grundeinkommen] Kompetenz zur Freiheit
>
>
> Die Freiheit zur Kompetenz ist mehr als Gedankenkonstrukt. Frei machen
> nur Kompetenzen die Menschen ganz praktisch befähigen, ihre Freiheit
zu
> leben. Es geht als auch darum, dass Menschen über die
> praktischen/beruflichen Fähigkeiten verfügen, die sie frei machen, das
> zu leben, was sie sind und was sie brauchen. Ein philosophischer
> Freiheitsbegriff und Geld alleine reichen nicht für ein gutes Leben,
das
> findet nicht im Kopf statt sondern in der echten, lebendigen Welt. Im
> Austausch mit der Natur. Im Austausch zwischen Menschen. Mein
Vorschlag
> "Die Könnensgesellschaft" plädiert für Arbeit unter den Bedingungen
der
> Freiheit UND der Kompetenz.. Es brauch also Menschen, die von klein
auf
> oder auch im Laufe des lebens befähigt werden, im Austausch mit
anderen
> Menschen ihre Freiheit und ihre Fähigkeiten/Kompetenzen zu leben. Ich
> bin ein großer Anhänger von Hannah Arendt und ihrem Konstrukt des Homo
> Faber. Der Homo Faber braucht neben seinen Fähigkeiten die
> Rahmenbedingugnen sie zu leben.. das kann privateigentum sein oder
auch
> Gemeinschaftseigentum.. auf jeden Fall mehr als ein freier Will oder
nur
> geistige Kompetenzen .. die gute Nachricht daran ist: Das geht. Wo
> beides zusammenkommt, können Menschen in Freiheit ihr Fähigkeiten und
> Kompetenzen leben und weiter entwickeln. Das Grundeinkommen ist unter
> solchen Bedingungen der Nährboden auf dem die Freiheit gelebt werden
> kann. Aber ohne das Menschen Fähigkeiten leben und Entfalten können
> macht es weder froh noch reich (ich rede nicht von Geld sondern von
> "blühenden Menschen")
>
> Gruß!
> Christine Ax
> www.koennensgesellschaft.de




Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen