[Debatte-Grundeinkommen] Grundeinkommen selbstgemacht

Viktor Panic viktor.panic at gmx.de
So Apr 26 15:04:06 CEST 2009


-------- Original-Nachricht --------
> Datum: Sat, 25 Apr 2009 11:27:36 +0200
> Von: Philipp Stern <post at philippstern.de>
> An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Grundeinkommen selbstgemacht

> Hallo,
> 
> > In Deutschland gibt es die Möglichkeit, Spenden an gemeinnützige
> > Vereine von der Steuer abzusetzen. 
> 
> Ja, aber das läuft so:
> 
> Angenommener Steuersatz: 50%
> 
> Bruttoeinkommen: 1000 EUR -> Steuer 500 EUR, Netto zur Verfügung 500 EUR
> 
> Jetzt: Spende 100 EUR vom Bruttoeinkommen (da ja absetzbar) -> 900 EUR
> Bruttoeinkommen
> 
> Bruttoeinkommen: 900 EUR -> Steuer 450 EUR, Netto zu Verfügung 450 EUR
> 
> Man muss also die Hälfte der Spende selbst zahlen, bei niedrigeren
> Steuersätzen (was die Regel ist) mehr.
> 
> Leider klappt Deine Idee also nicht.
> 
> Gruß,
> Philipp
> 

Hallo, alle!

Also, so schlecht ist die Idee gar nicht.

Das mit dem selber-zahlen stimmt natürlich,
und da die meisten einen deutlich niedrigeren Steuersatz zahlen,
müssten sie sogar deutlich mehr als die Hälfte selber zahlen.

Aber die Idee beim Grundeinkommen ist ja eigentlich bloß,
das Einkommen aller Bürger einfach nur fair und sozial umzuverteilen,
so dass erstens jeder genug zum Leben hat (das bedeutet "mindestens" genug zum Leben)
und dass zweitens der, der mehr arbeitet, auch mehr Geld hat als der, der weniger arbeitet.

Also, wenn man das über einen (gemeinnützigen) Verein machen würde,
käme es vor allem darauf an, dass der Staat sich dabei nicht "selbstbedient", das bedeutet zum Beispiel, dass die Zahlung nicht versteuert wird. Also am besten wäre es, wenn
- entweder der Einzahler das Geld nicht von der Steuer absetzen kann, der Empfänger es aber auch nicht versteuern muss
- oder wenn der Einzahler das Geld von der Steuer absetzen kann, der Empfänger es aber versteuern muss
denn in beiden Fällen wird das Einkommen genau 1x versteuert, was ja bei Einkommen der Normalfall ist.

Im zweiten Fall käme es aber für den Staat zu Steuerausfällen, sofern der Empfänger ein niedrigeres (eigenes) Einkommen als der Einzahler hat und somit einen niedrigeren "Grenz"steuersatz hat. Dieser Ausdruck ist zwar nicht jedem Bürger geläufig, aber eigentlich kennt jeder seinen eigenen Grenzsteuersatz so ungefähr ("Wenn ich hundert Euro MEHR verdiene, wieviel Steuern muss ich dann für diese hundert Euro zahlen?").
Diese Steuerausfälle wären für den Staat allerdings akzeptabel, weil es sich um einen SOZIALEN Transfer handelt - dennoch ist diese Möglichkeit derzeit wohl nicht gesetzlich vorgesehen, man müsste sie also mit dem Gesetzgeber aushandeln!
Dabei spielt eine Rolle, ob der Effekt im Interesse des Staates ist:
Diese Transferzahlung darf nicht den staatlichen Zielen entgegenstehen.
Würde es zum Beispiel dazu führen, dass Arbeit unattraktiver würde, würde der Gesetzgeber sich dieser Regelung verweigern.
Ich selber betone immer wieder, dass das BGE niedrige Löhne aufwerten würde, weil Einkommen derzeit viel zu stark auf Hartz IV angerechnet werden! Dass dies der Fall ist, hat übrigens nichts damit zu tun, dass der Staat dies für sinnvoll hält, sondern es liegt daran, dass eine niedrigere Anrechnung (scheinbar!) die staatlichen Kassen erheblich belasten würde.

Aber auch im ersten Fall (Einzahler versteuert, Empfänger nicht) gibt es derzeit ein Riesenproblem:
Die Anrechnung von Einkommen/Einkünften bei Hartz-IV-Empfängern ist deutlich strenger als die Einkommens-Besteuerung, so weit ich weiß!
Zum Beispiel werden jegliche Geschenke auf den Bedarf angerechnet, außer wenn sie für einen bestimmten Zweck vorgesehen sind.
Sofern ich mich nicht irre.
Das ist skandalös!
Man müsste also zunächst mit dem Gesetzgeber aushandeln, dass die Transferzahlungen des Vereins an Hartz-IV-Empfänger "nachrangig" sind, also von den Hartz-IV-Behörden ignoriert werden müssen.
Das wäre sicher machbar, wenn es konstante, oder besser: einkommens-progressive Beträge wären, die den Anreiz zur Arbeit nicht schmälern bzw sogar erhöhen.
Ich weiß, dass viele "BGE-Befürworter" dieses Argument nicht auf den ersten Blick verstehen, aber der entscheidende Unterschied zwischen "traditionellem" Sozialstaat und BGE liegt eben darin, dass unter dem BGE vom eigenen Einkommen MEHR bleibt!
Der Verein könnte sich also zum Grundsatz machen, nicht allen gleichviel auszuzahlen, sondern (zum Beispiel) arbeitenden Hartz-IV-Empfängern ein Viertel der "Anrechnung" zu ersetzen.
Beispiel:
Ein Hartz-IV-Empfänger, der 1000 Euro "brutto" hinzuverdient, hat insgesamt 560+180=740 Euro Abzüge (100 Freibetrag, 80% von 700 und 90% von 200). Der Verein würde ihm also 185 Euro zuschießen.

Wenn zu Beginn noch wenig Geld vorhanden ist, müsste man natürlich den Zuschuss zunächst begrenzen, evtl einen niedrigeren Satz wählen (im Beispiel waren es 25%).

PS: Mein "Blog" im BGE-Forum
http://bge-forum.de/viewtopic.php?f=42&t=434&sid=0f7077e9a1f2bcce952be471c1ddf57f

Und hier ein Link zu einem Video, welches eigentlich für das Liberale Bürgergeld produziert wurde, aber ganz hervorragend erklärt, wie ein Grundeinkommen funktioniert! Weitersagen!
(Und darin kein Wort von wegen Sanktionen!!!)
http://www.youtube.com/watch?v=oK-GbahOk_8

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Psssst! Schon vom neuen GMX MultiMessenger gehört? Der kann`s mit allen: http://www.gmx.net/de/go/multimessenger01



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