[Debatte-Grundeinkommen] Kindergeld fuer Alle!

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Do Mär 6 16:38:10 CET 2008


Hi,

es gibt in Deutschland ein Kindergeld, was 
1. auf die Regelleistungen des Sozialgeldes bedürftiger Kinder 
voll angerechnet wird,
2. mit Sanktionen verbunden ist, wenn diese Kinder nicht 
pünktlich zu Meldeterminen erscheinen,
3. eine Bedürftigkeitsprüfung voraussetz, da kein bedürftiges 
Kind einen Grundfreibetrag höher als 3100 Euro auf seinem Konto 
haben darf, was mit Hilfe des Datenabgleiches beim Bundesamt 
der Finanzen kontrolliert wird.

Weiter:
Ich unterstütze Ronald Blaschke hinsichtlich der Kriterien des 
Netzwerkes Grundeinkommen vollkommen. Denn:

1. Dem persönlichen Bedarf nach benötigt jede/r BürgerIn beim 
heutigen Preisniveau zwischen 800-1000 Euro plus Miet- und 
Heizkosten. Dazu gibt es sowohl Bedarfsmessungen als auch 
beispielsweise Bemessungsgrenzen in der Krankenversicherung für 
Selbständige, die einen recht brauchbaren Indikator 
hinsichtlich der erforderlichen Höhe eines BGE darstellen.

2. Geld ist im Bundeshaushalt genug. Durch BGE würden viele 
andere Sozialleistungen komplett ersetzt. Uns außerdem würde 
bis zur Grenze des BGE der Lohn voll angerechnet oder eben wie 
beim Existenzgeld der BAG SHI nach einem höheren Take 
Half-Ansatz verteilt. Damit würde sich das erforderliche 
Aufkommen für das BGE eben doch nicht exorbitant erhöhen.
(Es gibt einfach verschiedene Berechnungsmodelle, von denen 
einige sehr schön in der Arbeit von Manfred Wilke 
zusammengefasst sind.)

3. Übrigens bin ich eine Unterstützerin des spanischen 
BGE-Ansatzes. Auch die KollegInnen sind inzwischen bei einem 
Betrag von 1080 Euro pro Person. Sie wollen die Hälfte des 
spanischen Bruttosozialproduktes, zahlen aus 60 % dasvon die 
BGE und geben den Rest kommunal in Entscheidungsgremien über 
die benötigende zu schaffende soziale Infrastrukltur.

4. Wenn das Kindergeld erhöht wird, werden bedürftige Familien 
mit Kindern auch das heutige Hartz IV katapultiert, kriegen zwar 
Wohngeld, haben aber unter dem Strich weniger als Hartz IV, 
weil Mehrbedarfszuschläge und andere Vergünstigungen 
(GEZ-Zuschlagsbefreiung, Zuzahlungsbefreiungen für Zahnersatz 
u.ä.) entfallen.

5. Den Herrn Krell verstehe ich nicht. Ich sage dazu nur:
Weil im NS-Staat die Menschen ausschließlich nach dem 
Nützlichkeitskalkül beurteilt wurden, sind Tausende umgebracht 
worden u.a. auch solche, die als "asozial" bezeichnet worden 
sind.
Während sich heutzutage die Konzerne zum Platzen fett verdienen, 
ist es völlig okay, wenn jeder Mensch nur 15 
Stunden in der Woche arbeitet. Die meisten arbeiten mehr, ich 
auch und auch Erwerbslose ebenfalls, denn die haben soviel mit 
der Abwehr der Verfolgungsbetreuung durch die Ämter zu tun, 
dass sie für Bewerben oder die Vorbereitung einer 
Selbständigkeit gar keine Zeit mehr finden und ihnen meisten 
soviel Geld durch die Ämter für sinnlose Bewerbungsbemühungen, 
Hin- und Hergfahre, Porto für Ämterschreiben und Sozialgerichte 
aus der Tasche gezogen wurde, dass sie einfach kein Geld mehr 
haben, auch noch einer abhängigen Erwerbsarbeit nachzugehen.

[Geht mir als Selbständige fast genauso. Hätte letzte Woche eine 
tolle Stelle in einer anderen Stadt kriegen können, allerdings 
mit nur 3000 Euro Brutto (letztes Gehalt in 2002 waren 4500 
Euro). Ich habe nachgerechnet und festgestellt, dass doppelte 
Haushaltsführung, moderne/ neue Bekleidung und die Fahrerei für 
mich wie ebenso die Verauslagerei der Fahrerei für den 
Arbeitgeber, am besten noch durch den Kauf eines Autos für mich 
unerschwinglich sind. Nicht mal einen zeitnahen Umzug könnte 
ich mir leisten. Und um in der Notunterkunft oder irgendwo in 
einem Zelt zu pennen, ist meine Gesundheit mit 48 Jahren 
einfach zu angegriffen.]

Rena



Am Mittwoch, 5. März 2008 16:55:22 schrieb Claus Eisgruber:
> Es gibt in Deutschland bereits ein Fast-BGE: Das Kindergeld
> wird individuell, ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne
> Arbeitszwang ausbezahlt. Freilich bekommen es nicht Alle und
> es ist bei weitem nicht Existenz sichernd.
>
> Zumindest dann, wenn wir unter Existenz-sichernd ein Betrag
> von monatlich 700-900 Euro ansetzen, wie dies das
> Bundessozialhilfegesetz und die übliche öffentliche Meinung
> tut, ist ein Existenz sicherndes BGE vollkommen
> unrealistisch. Das würde bei 80 Mio. Bundesbürgern über 500
> Milliarden Euro pro Jahr ausmachen! Das wäre rund ein Viertel
> des Bruttosozialprodukts oder etwas mehr als die Hälfte aller
> Haushalte von Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung
> zusammengenommen. Es macht gar kein Sinn darüber
> nachzudenken. Das wird nicht kommen und eine solche
> unrealistische Forderung schadet der Idee BGE!
>
> Viel vernünftiger wäre, dafür zu plädieren, die derzeitigen
> Regelungen betreffend das Kindergeld auf alle Bürger
> auszuweiten. Dies nicht nur der realistischeren Höhe wegen.
> Kindergeld wird alternativ zum Kinderfreibetrag ausbezahlt,
> wobei Gutverdiener mit letzterem besser fahren. Analog sollte
> es "Kindergeld für Alle" nur alternativ zum persönlichen
> Steuerfreibetrag geben. Das kommt dann den Staat billiger und
> wäre auch sozialer weil Gutverdiener nicht mehr als bisher
> bekommen.
>
> Für die Durchsetzbarkeit förderlich aber mit dem ganz
> wichtigen Prinzip "Ohne Bedürftigkeitsprüfung" vereinbar,
> wäre es auch, wenn für bestimmte Personengruppen wie etwa
> Kleinkinder, Betreuungsbedürftige, arbeitsunfähig
> Geschriebene oder über 70 Jährige ein angehobener Betrag
> ausgezahlt würde. Schließlich braucht man keine
> bevormundende, im Privatleben herumschnüffelnde und die
> eigene Initiative erstickende Sozialbehörde dazu um
> rauszukriegen wie alt einer ist.
>
> Da ein Kindergeld für Alle nicht Existenz sichernd wäre,
> bräuchten wir (leider) immer noch ergänzende
> Sozialhilfe-Gesetze bzw. ALGXYZ, Hartz etc. Viele die derzeit
> ergänzende Unterstützung bekommen, würden aber aus der
> Sozialhilfe herausfallen. Für andere würde dieses Ziel
> zumindest rund 154 Euro/monat (=derzeitiges Kindergeld) näher
> rücken.
>
> Noch ein weiterer positiver Effekt: Derzeit erleben junge
> Leute, dass sie mit ihrem ersten AZUBI-Gehalt das
> Familieneinkommen perverserweise reduzieren, weil es dazu
> führt, dass das Kindergeld wegfällt. Würde sich das
> Kindergeld ab dem 18. Lebensjahr automatisch in ein
> "Kindergeld für Alle" verwandeln, dann wäre diese doofe
> Ungerechtigkeit Geschichte.
>
> Gruß
> Claus Eisgruber
>
>
> _______________________________________________
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