[Debatte-Grundeinkommen] Anträge zur a.o. MV 05.07.08

Brigitte Oehrlein br.oehrlein at t-online.de
Sa Jun 14 15:32:20 CEST 2008


Hallo,

diese Mail läßt mich erschreckt fragen,
wo eigentlich gemeinsame Positionen liegen,
ein GE und zwar bedingungslos, zu fordern.

Stets war bisher die Annahme eines Menschenbildes für mich Ausgang
der GE-Forderung, der Mensch sei ein soziales Wesen, der,
bekäme er die Möglichkeit freier Entfaltung geboten,
das dringende Bedürfnis entwickeln würde,
die Gesellschaft, in der er lebt, nicht nur aktiv mitgestalten,
sondern ebenso sich produktiv in sie einbringen zu wollen,
da er das selbstverständliche Bedürfnis hätte,
einerseits sich selbst herauszufordern
und andererseits nach sozialer Anerkennung
und Reaktion auf sein Tun zu streben.

Immer wird menschliches Streben auch etwas mit Glauben zu tun haben,
nur dieser Glauben (nicht gleichzusetzen mit dem Glauben an einen Gott)
ist es, der den Menschen motivieren kann, in Bewegung zu bleiben
und nach Bewegung zu streben.
Glauben hat auch etwas mit dem Umgang mit Geheimnissen zu tun
und ich gehe nicht davon aus,
die Menschheit wird jemals in der Lage sein, alle Geheimnisse aufzuklären.
Das ist meiner Ansicht nach eine falsche Erwartung an Wissenschaft.

Glauben und das Menschenbild,
das jedes Individuum zu seinen, ihm eigenen, Verhaltensäußerungen führt,
sind untrennbar miteinander verwoben.

Die logische Folge eines Menschenbildes,
das den Menschen nicht zu sozialer Umsicht
und selbstbestimmtem, verantwortlichem Handeln fähig hält,
ist dann die Ablehnung von Basisdemokratie.

Ich halte es für einen erschreckenden Widerspruch,
einerseits für ein bGE zu kämpfen,
andererseits aber hierarchische Strukturen für notwendig zu halten.
Politik ist die Suche
nach einem produktiven Umgang mit Interessenkonflikten.
Wie anders sollten sie nachhaltig zu bewältigen sein,
wenn nicht durch möglichst gleichberechtigte Kompromißsuche?

Auch hinter dem Menschenbild,
es wären zu benennende Entscheidungsträger notwendig,
da die dumme Masse falschem Glauben anhänge,
steht nichts anderes als ein, eben nur negativer, 'Glaube'.

Zu bedenken geben möchte ich,
gerade an dem kirchlichen Machtanspruch,
die Richtigkeit widerlegter Behauptungen
mit Gewalt durchsetzen zu wollen,
ließe sich das Zerstörungspotential hierarchischer Strukturen
nachvollziehen.

Wenn auch in abgeschwächter Form, durchziehen diese Strukturen
auch das kapitalistische, derzeit neoliberale Marktsystem.
Da wird soeben mal die irische Bevölkerung für zu blöd erklärt,
so schwerwiegende Entscheidungen
wie einen komplizierten Vertrag verstehen und damit beurteilen zu können,
weshalb solche Entscheidungen
gewählten Vertretern vorbehalten bleiben müßten.
Wer nicht so will, wie die selbsternannten Eliten es für richtig halten,
soll sich bitte aus dem Entscheidungsprozeß zurückziehen,
wie es unser Außenminister gerade den Iren empfahl.

Das dahinter stehende Menschenbild,
geleitet von der Sicht, die Interessen Weniger
(Besitz und/oder Verfügungsgewalt von Produktionsmitteln)
seien gegen die Anderen rücksichtslos durchzusetzen,
muß zwangsweise zu der Annahme
der Notwendigkeit von Repression und Zwang führen,
sowie der Ablehnung wahrer Demokratie.

Wer, aufgrund seines 'Glaubens', nicht davon ausgehen kann,
Menschen wären grundsätzlich durch die Voraussetzung
Freiheit ermöglichender Bedingungen fähig,
miteinander zu Konfliktlösungsstrategien zu finden,
für den kann ein bGE niemals die notwendige Voraussetzung
wahrhaft demokratischer Strukturen bieten.

Für mich jedoch ist ein bGE unmöglich
von der Forderung nach radikaler Demokratisierung
und einer ganz anderen Form von Gesellschaftlichkeit zu trennen.

Viele Grüße
Brigitte





-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Joerg Drescher [mailto:iovialis at gmx.de]
Gesendet: Freitag, 13. Juni 2008 12:52
An: Robert Zion; info at psgd.info; kontakt at grundeinkommen.de;
redaktion at grundeinkommen.de; transparenz at listi.jpberlin.de; Debatte
Grundeinkommen
Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen]Anträge zur a.o. MV 05.07.08


Hallo Robert, hallo zusammen,

erinnert die Aussage nicht ein wenig an den Glaube an das Gute im Menschen?
Ist es nicht der Traum von Anarchie, bei dem alle Menschen gleich
"vernünftig (begabt)" sind? An die Voraussetzung, daß keine persönlichen
Interressen im Vordergrund stehen und alle für alle das Beste wollen, ohne
Rücksicht auf das eigene "Ich"? Zugegeben: schön wär's, wenn das klappen
würde - allerdings scheint die bisherige Netzwerkstruktur nicht gerade
diesem Ideal zu entsprechen. Schließlich treffen unterschiedliche Parteien
aufeinander, die jeweils ihre Vorstellung vom "Besten" vertreten wissen
wollen und sich entsprechend organisieren. Der Eindruck entsteht zumindest.
Andernfalls würde im 3. Jahr des Bestehens des Netzwerk-Grundeinkommens
dieses Netzwerk und dessen Inhalte bekannter sein - tut es das?

Ein Verein legt bestimmte Rahmenbedingungen fest. Problem an diesen
Statuten: sie können "falsch" interpretiert, irgendwie umgangen oder
mißbraucht werden. Das haben wir doch auch beim Grundgesetz oder sonstigen
Verfassungen von Staaten der Welt. Aber immerhin: sie machen die Struktur
und zumindest das angestrebte Ideal transparent. Von Basisdemokratie halte
ich recht wenig - jedenfalls dann, wenn es um Mehrheitsentscheidungen geht
(schließlich gab es auch einmal eine Mehrheit, die glaubte, daß sich die
Sonne um die Erde dreht).

Mir wäre es auch lieber, wir bräuchten keinen Verein - aber ich zweifle an
dem Guten im Menschen, ohne ihm Böswilligkeit unterstellen zu wollen. In
einem Netzwerk wäre man (gleichberechtigter) Teil davon, aber man spricht
von Mitgliedern, wovon manche "höher" gestellt sind und (eigenständig)
Entscheidungen treffen (z.B. SPK, Redaktion) - gegenüber steht ein
"Fußvolk", das die Entscheidungen (sofern kommuniziert) mittragen soll. Der
Ausdruck "gesellschaftliche Entwicklung" ist dabei sehr treffend, wenn man
den Unterschied zwischen "Gesellschaft" und "Gemeinschaft" berücksichtigt.

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)



----- Original Message -----
From: "Robert Zion" <zion at robert-zion.de>
To: <info at psgd.info>; <kontakt at grundeinkommen.de>;
<redaktion at grundeinkommen.de>; <transparenz at listi.jpberlin.de>; "Debatte
Grundeinkommen" <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Thursday, June 12, 2008 12:32 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen]Anträge zur a.o. MV 05.07.08


Hallo zusammen,

Ich halte die Gründung eines Vereins für falsch. Das Netzwerk Grundeinkommen
ist ein Zusammenschluss von Engagierten und Unterstützern innerhalb einer
gesellschaftlichen Entwicklung. Solch eine Netzwerkstruktur kann auch ohne
Vereinsmeierer transaparent und basisdemokratisch organisiert werden, besser
noch: sich organisieren.

Liebe Grüße
Robert
--
Robert Zion Vorstandssprecher
B'90/Grüne KV Gelsenkirchen
Tel: 0209-3187462 / Mobil: 0176-24711907
E-Mail: zion at robert-zion.de
www.robert-zion.de
www.gruene-ge.de

----- Original Message -----
From: "Matthias Dilthey" <info at psgd.info>
To: <kontakt at grundeinkommen.de>; <redaktion at grundeinkommen.de>;
<transparenz at listi.jpberlin.de>; "Debatte Grundeinkommen"
<debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Wednesday, June 11, 2008 4:17 AM
Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Anträge zur a.o. MV 05.07.08


(1) Es wird beantragt, das Netzwerk Grundeinkommen in einen gemeinnützigen,
eingetragenen Verein zu überführen.
Der SPK wird beauftragt, zur nächsten ordentlichen MV im Herbst 2008
tragfähige Konzepte dazu zu erarbeiten, um anläßlich der MV im Herbst eine
Gründungsversammlung für das neue "Netzwerk Grundeinkommen e.V." abzuhalten
und so dem Netzwerk legitime, transparente und demokratische Strukturen zu
geben.

Begründung:
Das Netzwerk stellt mit fast 1.800 Mitgliedern eine gesellschaftsrelevante
Kraft dar, die, alleine um die Glaubwürdigkeit in Bezug auf das BGE zu
erhalten, eines gesicherten Rechtsrahmen bedarf.


(2.) Es wird getrennt beantragt, den SPK zu verpflichten, beigefügten
Satzungsentwurf auf breiter, demokratischer Basis zu diskutieren und daraus
eine transparente, tragfähige Lösung für unser neues Netzwerk zu entwickeln.

Begründung:
Die von Teilen des SPK und "Kooptierten" entwickelten Statuten stellen
lediglich eine Festigung des bisherigen Status Quo dar. Dieser Zustand ist
jedoch nicht geeignet, den Pluralismus, den das Netzwerk eigentlich
darstellen möchte, zu repräsentieren.


Beide Anträge zielen darauf ab, die bestehende Netzwerk-Regierung an ein
Minimum von Basis-Demokratie zu erinnern und zu verpflichten.


Matthias Dilthey

Platenstraße 21
91054 Erlangen

Tel.: 09131/29889



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