[Debatte-Grundeinkommen] Nichtindustrieländer und BGE

Matthias Dilthey info at psgd.info
Di Mai 22 13:56:41 CEST 2007


Lieber Reimund Acker, geehrte Liste,

in Regionen/Gesellschaften mit einem extrem hohen Anteil von 
Subsistenzwirtschaft an der gesamten volkswirtschaftlichen Wertschöpfung ist 
eine Bezahlung "in Lebensmittel" nicht unüblich. (Quelle: eigene Erfahrungen)
Das Angebot "Helfe mir mein Dach zu decken, ich zahle Dir 2 kg Reis für Deine 
Arbeit" belegt doch, daß neben der "Cash-Währung" die Komplimentärwährung 
"Lebensmittel" real existent ist.

Die Ausführungen von Prof. Philippe van Parijs sind m.E. so zu interpretieren, 
daß in Gemeinschaftsgefügen mit einer funktionierenden Geldwirtschaft das 
BI/BGE auch in der dort gültigen Währung, nämlich Geld, bezahlt werden soll.

Hintergrund dürfte sein, daß Philippe van Parijs zu Recht vermeiden möchte, 
daß die verarmte Bevölkerung im nahen Umfeld großer Städte (höfliche 
Bezeichnung für Slum) oder auch ländliche Gebiete durch 
"Lebensmittel-Gutscheine" abgespeist werden und so jeglicher 
Entwicklungsmöglicht beraubt werden. Immer unter der Voraussetzung, daß ein 
funktionierendes, praktiziertes monetäres System existiert.
BGE eben nicht als Sozialhilfe, sondern aus emanzipatorischen Ansätzen heraus.

Ist die überwiegende Währung einer Gesellschaft "Reis" (höchstgradige 
Subsistenzwirtschaft), so ist eine BI/BGE-Zahlung ausschließlich in Geld 
einfach nutzlos. Was möchten die Menschen dort mit Geld? Es gibt keinen 
Laden, wo sie das Geld ausgeben könnten ...


Matthias Dilthey




Am Dienstag, 22. Mai 2007 00:39 schrieb Reimund Acker:
> Matthias Dilthey schrieb:
> > [...]
> > Ein BGE zahlbar z.B. in Reis und Wasser.
> > Die unterste Grenzbedingung zur Zahlung eines BGE ist, daß
> > das gesamte Volk (also die Menschen im entsprechenden
> > BGE-Raum) soviel erwirtschaften, daß es gerade für jeden
> > dieser Bürger langt. Sei es monetär oder materieller Natur.
>
> Dann sollte man das aber m.E. anders nennen. Das BGE ist nämlich als
> monetäres Einkommen definiert. Z.B. bei Philippe van Parijs:
> "[...] AN INCOME
> Paid in cash, rather than in-kind. One can conceive of a benefit that would
> have all other features of a basic income but be provided in kind, for
> example in the form of a standardised bundle of food, or the use of a plot
> of land. Or it could be provided in the form of a special currency with
> restricted uses, for example food stamps or housing grants, or more broadly
> consumption in the current period only without any possibility of saving
> it, as in Jacques Duboin’s (1945) “distributive economy”. A basic income,
> instead, is provided in cash, without any restriction as to the nature or
> timing of the consumption or investment it helps fund. In most variants, it
> supplements, rather than
> substitutes, existing in-kind transfers such as free education or basic
> health insurance." (aus: BASIC INCOME : A SIMPLE AND POWERFUL IDEA FOR THE
> 21ST CENTURY).  So auch im BIEN FAQ.
>
> Noch ein Hinweis zu einer BGE-Initiative in Namibia:
> http://www.sadocc.at/news/2005/2005-115.shtml
>
> Reimund Acker
>
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