[Debatte-Grundeinkommen] Grundeinkommen hilft den Nazis

Sass, Erich ESass at fb12.uni-dortmund.de
Di Mär 27 11:17:48 CEST 2007


Hallo Liste,

ich beobachte die Diskussion um das BGE und diese Liste schon seit einiger Zeit mit sympathisierender Skepsis und halte am BGE die Entkopplung von Auskommen und Erwerbsarbeit für die wichtigste Innovation dieses Ansatzes. Dabei spielt die Höhe des BGE sicher eine Rolle, wichtiger ist mir aber der grundsätzliche Prozess des Umdenkens. Darum finde ich auch eine Berichterstattung, wie heute in der BILD-Zeitung - wenn auch inhaltlich bedenklich - doch in der Tendenz positiv. 
http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2007/03/27/buergergeld-deutsche/reform-zahlung.html

Alles was das Thema aus den akademischen Kreisen hinaus in die Öffentlichkeit trägt, kann nur gut sein.

Aber bitte verkauft das BGE nicht als Allheilmittel für alle Probleme der Welt. Aussagen, wie die von Axel Tigges:

	"So wird gerade das Naziproblem durch das bedingungslose 	Grundeinkommen sofort erledigt sein, was auch verschwindet wird, 	ist die Bindung an Parteien, und diese Angst wird hier verschleiert, 	deshalb kann sich kaum eine Partei so recht für das bGE erwärmen, weil 	der freiere Bürger nicht mehr diese Polarisierer braucht".

kann ich nur auf das Schärfste verurteilen. Natürlich würden Nazis das BGE zunächst gerne mitnehmen, um Zeit für ihr gesellschaftliches Engagement zu haben. So, wie dies auch wohl Parteimitglieder und anderweitig Engagierte tun werden. Die Wirkungen, die Tigges weiter unten in seinem Beitrag beschreibt, sind vielleicht Langzeitwirkungen, über die ich mir ohne gesicherte Forschungsergebnisse keine Spekulationen erlauben würde.

Aber darum geht es nicht. Das BGE ist ein sozialpolitisches Instrument, welches mehr Gerechtigkeit und weniger Bürokratie erzeugt. Das wäre eine ganze Menge. Alles andere ist Spekulation und sollte auch nicht als Argument in die Diskussion getragen werden.
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Erich Sass

 


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de [mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de] Im Auftrag von "lächelnjetzt"
Gesendet: Samstag, 24. März 2007 19:16
An: Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Grundeinkommen hilft den Nazis

Hallo Georg,

das sehe ich genauso, wenn der Überlebensdruck den Menschen genommen wird, werden viele auch im Osten viel gelassener reagieren. Wir müssen uns fragen, warum gerade im Osten so viele Nazigruppen entstanden sind nach der Maueröffnung. 
Vorher gab es eine gleichmäßigere finanzielle Versorgung mit Arbeit und Geld, es gab Jugendgruppen,( Jeder Ort hatte Jugendgruppen, das gibt es heute im Westen noch nicht einmal) die zwar die Einzelnen zum Sozialismus erzielen wollten, jedoch in großen Umfang zur Verfügung standen. Ein großer Teil dieser "Errungenschaften" fiel nach der Wende weg. Durch die gegenseitigen Stasivorwürfe  wurden häufig die Familien zerstört, also suchten sich die Jugendlichen ein neues Feindbild mit dem sie ihre Gruppenzugehörigkeit festigen konnten, und da bot sich Fremdenfeindlichkeit an, denn sie bekamen keine Lehrstelle mehr und waren dadurch neidisch auf die Asylbewerber, die noch abgesicherter erschienen und vielleicht auch geschäftstüchtiger waren.(Zigarettenverkaufende Vietnamesen z.B.) So dürfte der Grund im Wesendlichen darin gesehen werden, dass die "Betreuung" in der DDR wegfiel, und dadurch innere nicht erlöste  Feindbilder auf Fremde projiziert wurden. 
So wird gerade das Naziproblem durch das bedingungslose Grundeinkommen sofort erledigt sein, was auch verschwindet wird, ist die Bindung an Parteien, und diese Angst wird hier verschleiert, deshalb kann sich kaum eine Partei so recht für das bGE erwärmen, weil der freiere Bürger nicht mehr diese Polarisierer braucht. Oder was tun Parteien im Wahlkampf anderes? Heute wird das Thema Umweltschutz diskutiert in Phantomdüsenjägern mit maximaler Umweltzerstörungskraft, gestern Krippenplätze, weil die Frauen in diesem sterbenden Staat einfach nicht mehr gebären wollen, ob sie schon was gemerkt haben, dass unter den heutigen Bedingungen ihre Kinder kaum eine Zukunft haben? 
Axel Tigges



> Hallo,
> 
> On 3/24/07, "lächelnjetzt" <axel.tigges at gmx.de> wrote:
> > So müsste man aus den Äußerungen von Georg Jaenig schließen,
> 
> Moment, ich hab nur _zitiert_, und zwar aus einem Leserbrief an die taz:
> http://www.taz.de/pt/2007/03/21/a0121.1/text
> 
> Selbst find ich diese Meinung erstaunlich bis amüsant.
> 
> Ich denke eher, dass sich mit einem Grundeinkommen weit weniger Leute
> für umstürzlerische Ziele (nach links oder rechts) engagieren würden.
> 
> Viele, die das heute tun, werden dabei von persönlichen Motiven und
> Erfahrungen angetrieben. Z.B. weil sie selbst arm sind oder
> Ungerechtigkeiten und Repressionen auf ihrer Arbeit erdulden müssen.
> Oder weil sie beobachten, wie andere darunter leiden.
> 
> Mit Grundeinkommen würde vieles davon verschwinden, somit auch die
> Aggressionen, die heute daraus entstehen. Und manche Nazis würden dann
> lieber Tauben züchten. :)
> 
> -- 
> amike, Georg
> 
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> http://del.icio.us/tag/grundeinkommen - Bedingungsloses Grundeinkommen

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