[Debatte-Grundeinkommen] Kipping und das BGE

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mo Mär 26 22:33:57 CEST 2007


Hallo Tobias und der Rest der Liste,

eigentlich bin ich ein Freund davon, persönliche Interessen von
Parteiinteressen zu trennen. Wenn Katja Kipping in ihrer Partei meint, daß
die Partei nicht reif für das BGE sei, bzw. umgekehrt (ihre BGE-Vorstellung
noch nicht reif für die Partei), heißt das noch lange nichts über ihren
Standpunkt zum BGE. Auch ein Götz Werner ist gegen eine übereilte Einführung
eines BGEs. Ich selbst sehe auch den ersten Schritt beim Aufklärungsbedarf
der breiten Masse (wobei das wiederum öffentliche Vertreter aus Politik und
Wirtschaft tun sollten).

Ich habe vor kurzem selbst geschrieben, daß die herkömmlichen Parteien
möglicherweise nicht geeignet sind, die BGE-Idee real-politisch zu vertreten
und daß sich einige Personen auch so verhalten, indem sie an dem "gemachten
Nest der Macht" festhalten. Um Druck auf die bestehenden Parteien auszuüben,
gibt es die Möglichkeit der außerparlamentarischen Oposition (so sehe ich
z.B. Attac) oder die Gründung einer reinen BGE-Partei (mit allem drumherum).

Parteien, die nur ein Thema herausgreifen und vertreten wollen (z.B.
Piraten-Partei, früher "Die Grünen" als reine "Umweltpartei"), halte ich für
"undemokratisch", weil sie mit ihrem Programm, das sie zur Wahl stellen,
andere Bereiche vernachlässigen und damit Stimmen abziehen. Das liegt
allerdings am Demokratieverfahren und nicht an den jeweiligen Parteien.

Daß Katja Kipping zum gegenwärtigen Zeitpung innerhalb ihrer Partei von
einem Standpunkt zum BGE abrät, kann verschiedene Gründe haben. Einmal den,
daß es Partei-Taktik ist, oder aber, daß sie sich nicht klar ist, wie ihr
eigener Standpunkt mit den Parteiinteressen zu vereinen ist. Wäre zweiteres
der Fall, gebe ich Dir recht, daß sie der BGE-Idee in den Rücken fällt und
als (öffentliche) BGE-Fürsprecherin ungeeignet ist. Im ersten Fall sehe ich
kein wirkliches Problem, sondern die Chance, ein "richtiges BGE" (kein
Sozialhilfeersatz) von ihrer Partei vertreten zu lassen. Problematisch wird
es nur dann, wenn sie (oder überhaupt jedes Mitglied irgendeiner Partei)
diesen Standpunkt als Widerspruch der eigenen Partei sieht. Im umgekehrten
Fall, glaube ich, hat derjenige die BGE-Idee nicht richtig verstanden.

Als Mitglied der PsgD, die für ein BGE (nicht Sozialhilfeersatz) eintritt,
habe ich keinerlei Probleme (ausgehend von der Satzung), mich in einer neuen
Partei zu engagieren. Nach Durchsicht der Aufnahmebedingungen anderer
Parteien (Grüne, PDS, CDU, SPD ua.) schließen diese durch ihre Satzung eine
Mitgliedschaft in anderen Parteien aus. Deshalb kann ich auch eine neue
BGE-Partei anregen, ohne im Widerspruch mit meinen persönlichen Interessen
(der BGE-Realisierung) oder den Parteiinteressen zu stehen. Ein BGE wird
allerdings durch die Politik umgesetzt werden. Dabei gibt es für mich nur
zwei Wege:
1.) man bringt die regierenden Parteien dazu, das BGE so umzusetzen, wie man
es sich selbst vorstellt (APO)
2.) man übernimmt selbst die Verantwortung und stellt seine BGE-Vorstellung
zur Wahl (da wir eine "Parteidemokratie/diktatur" in Deutschland haben, ist
hier der Weg über eine Partei zu gehen)

Vielleicht wäre es von Katja Kipping gut, ihre Stellung zum BGE innerhalb
der BGE-Bewegung selbst offenzulegen.

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)
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2. Grundeinkommenstag am 12.05.07
http://grundeinkommenstag.org




----- Original Message ----- 
From: "Tobias Crefeld" <tc-wasg at onlinehome.de>
To: "BGE Liste" <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Monday, March 26, 2007 8:54 AM
Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Kipping und das BGE


Ich bin der Meinung, dass Personen, die aus parteitaktischem Kalkül
bereit sind, der Idee des BGE in den Rücken zu fallen, als Sprecher FÜR
das BGE ungeeignet sind:

"Kapitel Sozialsysteme:
Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen wird vom
Parteitag mit großer Mehrheit abgelehnt. Auch Katja Kipping,
stellvertretende Parteivorsitzende der Linkspartei.PDS und Verfechterin
des Grundeinkommens, appelliert an die Delegierten, zum gegenwärtigen
Zeitpunkt diese Forderung nicht zu übernehmen, da die
Positionsentwicklung noch nicht abgeschlossen sei."

(Quelle: http://parteitagsportal.de/cms/content/blogcategory/18/29/ )

Wir sollten uns vielleicht generell davon lösen, Berufspolitiker an
derart herausgehobene Position einzusetzen.

-- 
Gruß,
 Tobias.
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