[Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Katja Kipping und Björn Böhning zum BGE bei Stern.de

Fred Thiele ferdy_news at gmx.de
Mi Jun 27 15:33:33 CEST 2007


Joerg Drescher schrieb:

> Vielleicht haben wir es wieder mit "Dummheit" (in oben genanntem Sinn) zu
> tun? Ich empfehle in diesem Zusammenhang, sich einmal mit "Hochbegabung" zu
> beschäftigen.
> 
> Zuletzt noch die Gefahr für attac und "Die Linke" - meine Zustimmung!
> Deshalb bin ich weder bei attac, noch bei "Die Linke" Mitglied; vielmehr
> appelliere ich für eine eigene und "neue" Organisation rund um das BGE. Aber
> damit mache ich mir auch keine "Freunde"... Du darfst raten, an was das wohl
> liegt...

Ich glaube nicht, dass das BGE ohne breite Unterstützung aus großen
Parteien und NGOs realistisch wird Fuß fassen können, insofern bin ich
schon dafür, dass sich besonders die Linke, die ihrem naturell
entsprechend die soziale Komponente hervorhebt, eine breite
Unterstützung für das BGE gewährleistet, schon als Ausgleich gegen die
konservativen Kreise, die das BGE ebenfalls unterstützen. Das ist aus
meiner Sicht effektiv für die Umsetzung des Ganzen im Gegensatz zu einer
Zersplitterung in eine "neue" Organisation, wie du schreibst.

Die andere Sache, die mir an diesem Faden missfällt ist die Verwendung
des Begriffs "Dummheit". Hier haben wir es doch eher mit einem breiten
Maß von Unwissenheit zu tun und mit einer gedanklichen Haftung an alten
Paradigmen, die sich erst lösen müssen. Deswegen ist noch lange keiner
von den "Haftenden" dumm und es wirkt auch m.E. überheblich, so über
Leute zu sprechen, die man eigentlich erst noch gewinnen will.

> ----- Original Message ----- 
> From: "Gregor Czisch" <gczisch at uni-kassel.de>

>> Abgesehen davon, daß ich das BGE wenig erstrebenswert halte, halte ich
>> es auch für außerordentlich schädlich für Attac sowie für Die Linke. Es
>> ist dazu geeignet, die Kräfte zu spalten, da es vielen Menschen - wie
>> ich meine wohl begründbar - nicht möglich ist, darin ein irgendwie
>> erstrebenswertes Ziel zu sehen geschweigedenn ein in wüschenswerter
>> Weise umsetzbares. Das BGE polarisiert. Das BGE untergräbt die
>> Glaubwürdigkeit der Organisationen, innerhalb derer es gefordert wird.
>> Das halte ich für äußerst schwerwiegende Probleme.

Dass das BGE polarisiert ist ein Umstand bis zum jetzigen Zeitpunkt, bei
dem der Großteil der Menschen, die es jetzt noch ablehnen, dessen
Vorteil für Freiheit und gesellschaftliche Entwicklung noch nicht sehen
können; vielleicht auch nicht wollen, ist aber kein unabänderliches
Problem.

Polarisierung ist aber auch nicht grundsätzlich schlecht, weil es die
Eckpunkte zweier sich widersprechender Meinungen darstellt, auf dessen
Basis diskutiert werden kann. Ich glaube das nennt man Dialektik. Bei
der Idee des BGE handelt es sich um etwas grundlegend Neues, ein Objekt
an dessen Formung wir doch gerade erst angekommen sind. Dass es bereits
im politischen Diskurs befindet und auch in Massenparteien, wenn auch
nur von einzelnen Personen, diskutiert wird, zeigt doch auch, dass nicht
nur die Idee an sich Potenzial zur Veränderung mit sich bringt, sondern
auch, dass eine wachsende Anzahl von Menschen von der Idee des BGE
grundsätzlich angetan sind.

Man kann heute nicht absehen, in welche Richtung, welche Neben- und
Randbedingungen eine generelle Einführung des BGE mit sich führt, weil
es im Grunde genommen mit dem Kern der Entkopplung von Arbeit und
Einkommen einen Paradigmenwechsel herbeiführt, der die Gesellschaft als
solche natürlich umkrempeln wird. Deswegen ist es wichtig, die
Möglichkeiten, Methoden und Grenzen des BGE klar zu diskutieren. Wenn
das getan wird, gibt es bessere Einschätzungen über das Maß an
Verbesserung durch das BGE.

Dass die Propagierung des BGE und dessen Diskussion die Glaubwürdigkeit
von Organisationen untergräbt sehe ich ganz und gar nicht so. Vielmehr
zeigt es doch, dass jene Organisationen der Stagnation der Akzeptanz in
die Politik mit Reförmchen um Reförmchen, Abbau von sozialen Rechten
usw. die Zähne zeigen. Ich sehe es als Ausweg aus diesem für alle
sichtbaren Gehampel um das Gespenst der Vollbeschäftung. Dynamik,
frischer Wind und eine möglicherweise gerechtere Gesellschaft.


Grüße,
F. Thiele



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